Die Leitmesse EuroTier und der parallel stattfindende Kongress des Bundesverbandes praktizierender Tierärzte (bpt) machten Hannover Mitte November zu einem Magneten für Veterinärmediziner, Landwirte und die ganze Nutz- und Haustierbranche. Insgesamt waren mehr als 150.000 Besucher vor Ort.

Allein bei der EuroTier präsentierten knapp 2.600 Aussteller aus 62 Ländern ihre neuesten Produkte und Trends. Neben Stallkonzepten, Melkmaschinen und Berufskleidung für Tierärzte und Landwirte konnte man in der niedersächsischen Landeshauptstadt auch lebende Rinder, Schafe und Ziegen für die Zucht bewundern. Schwerpunktthema der EuroTier war in diesem Jahr „Digital Animal Farming“. Hier zeigten verschiedene Anbieter, wie digitale Lösungen das Management erleichtern und Transparenz in die gesamte Wertschöpfungskette bringen können. Doch auch die Rekordhitze des vergangenen Sommers wirkte noch nach. Wie sorgt man auch bei Außentemperaturen von mehr als 30 Grad für ein Klima im Stall, das die Gesundheit und das Wohlbefinden der Tiere nicht gefährdet? Und welche alternativen Futterquellen gibt es, wenn Teile der europäischen Landwirtschaft unter der Dürre leiden?

Bayer: Expertenrunde für gesündere Kälber

Bayer Animal Health rückte mit einer Expertenrunde im Rahmen des DLG-Forums Rind das Thema "Kälberresilienz" in den Fokus. Dabei gaben Experten aus Wissenschaft und tierärztlicher Praxis Antworten auf die Frage, wie sich die hohen Kälberverluste von derzeit 10 bis 15 Prozent in Deutschland wirkungsvoll verringern lassen. Unter anderem riet der Tierarzt Stefan Lüllmann (Löningen) dazu, für jeden Betrieb alltagstaugliche Gesundheitspläne und Maßnahmen zu erarbeiten – hier müsse der jeweilige Landwirt eng mit dem Tierarzt zusammenarbeiten. Bayer wolle mit dem Expertenforum Verantwortung als Partner der Landwirte und Veterinäre zeigen, erklärte Dr. Franz Pirro, Leiter Nutztiermarketing: „Tiergesundheit, Tierschutz, Tierwohl und ökonomischer Erfolg in der Rinderhaltung sind verbraucherschutzrelevant und gehören untrennbar zusammen“. Gerade Kälbern werde derzeit weltweit zu wenig Aufmerksamkeit geschenkt – dabei lege die Versorgung und Pflege am Anfang des Lebens die Grundlage für die spätere Leistungsfähigkeit der erwachsenen Kühe.

bpt-Kongress: Lieber Hund statt Rind?

Beim parallel stattfindenden bpt-Kongress lag ein Schwerpunkt ebenfalls auf der Landwirtschaft. Gerade auf dem Land und bei den landwirtschaftlichen Nutztieren werde der Tierärztemangel allmählich besorgniserregend, sagte bpt-Präsident Dr. Siegfried Moder im Rahmen einer Pressekonferenz. Gerade für die Bekämpfung von Tierseuchen und Zoonosen brauche man deutlich mehr Tierärzte, um die Nutztierbestände zu erhalten und die menschliche Gesundheit zu sichern. Aber auch bei der amtlichen Schlachttier- und Fleischuntersuchung gebe es schon jetzt deutliche Versorgungslücken. Ein großes Problem sei an vielen Orten auch der tierärztliche Notdienst, ergänzte bpt-Geschäftsführer Heiko Färber. Das Interesse am Tiermedizin-Studium sei zwar ungebrochen – der Trend bei den Absolventen gehe aber deutlich weg von der Nutztierpraxis hin zur Kleintierpraxis. Das betreffe nicht nur Deutschland, sondern ganz Europa. Als mögliche Ursachen gelten der hohe Frauenanteil unter den Studierenden, das schlechte Image der Nutztierpraxis und die größere Bedeutung der Vereinbarkeit von Familie und Beruf bei jüngeren Veterinärmedizinern. Moder und Färber erklärten: Um die Probleme zu lösen, sei eine Vielzahl von Maßnahmen nötig. Der bpt fordere daher unter anderem:
  • Die Abiturnote dürfe nicht das einzige Auswahlkriterium für das Tiermedizin-Studium sein. Stattdessen solle beispielsweise eine landwirtschaftliche Berufsausbildung berücksichtigt werden.
  • Bessere Rahmenbedingungen müssen die Arbeit im Nutztierbereich aufwerten.
  • Neue Vergütunsgmodelle für angestellte Tierärzte (wurden bereits entwickelt).
  • Pflichtpraktika während des Studiums
  • Einführung einer Notdienstgebühr in der Gebührenordnung für Tierärzte (GOT)
  • Flexibilisierung des Arbeitszeitgesetzes für den Notdienst
Kein Thema sind bei den Tierärzten stattdessen staatliche Hilfen wie spezielle Landarzt-Stipendien, wie sie von vielen Bundesländern für Humanmediziner schon eingeführt wurden. "Wir sind es gewohnt, solche Sachen selbst in die Hand zu nehmen", sagte Moder. Aber natürlich durften auch die besten Freunde des Menschen – Hunde und Katzen – nicht zu kurz kommen. Bei der Industrieausstellung zum bpt-Kongress waren insgesamt 180 Aussteller dabei – viele davon mit einem Haustier-Schwerpunkt. Der nächste bpt-Kongress findet vom 17.-19. Oktober 2019 in München statt, die nächste EuroTier öffnet erst in zwei Jahren ihre Tore: vom 17.-20. November 2020 – dann wieder in Hannover.

Impressionen von der EuroTier und dem bpt-Kongress in Hannover: