Novartis launcht in den USA eine Research-Datenbank mit passender App: FocalView richtet sich an Patienten mit Augenkrankheiten und soll für klinische Studien eingesetzt werden. Das Besondere: Es handelt sich um eine Remote-App, die auf Apples Research Kit basiert.
Eine höhere Flexibilität, mehr aussagekräftige Daten und die Nähe zum Patienten: Der Pharmaproduzent
Novartis verspricht sich viel von seiner in den USA gelaunchten Remote-App
FocalView.
Der Konzern geht damit in der Forschung neue Wege: Werden bei klassischen klinischen Studien gezielt Patienten in Praxen und Kliniken angesprochen, bietet FocalView als mobile Anwendung die Chance, auch Betroffene außerhalb dieses Kontexts zu erreichen.
Die App basiert auf Apples
Research Kit, einem Open Source Framework zum Entwickeln von Apps, mit dem es einfacher wird,
Teilnehmer zu registrieren, Daten zu sammeln, auszuwerten und Studien durchzuführen. Ein weiterer Zulieferer ist der Software-Anbieter
THREAD, der die Features zur Verfügung stellt, um außerhalb einer Klinik oder Praxis erfasste Gesundheitsdaten zu planen, zu starten und zu überwachen. FocalView ist kostenfrei für Smartphone-User im iTunes Store erhältlich und damit für Betroffene jederzeit nutzbar.
FocalView richtet sich an Patienten mit Augenkrankheiten. (Screenshot vom iTunes-Store)
So arbeitet FocalView
Voraussetzungen für den Erfolg einer App wie FocalView sind ein möglichst barrierefreier Zugang und die ausdrückliche Zustimmung der Nutzer zu der Verwendung ihrer Daten zu Studienzwecken.
Die Bedienung muss intuitiv, die Menüführung dem Tagesablauf des Patienten angepasst sein. Novartis' Plattform stellt dem User verschiedene visuelle Funktionen wie Sehtests zur Verfügung. Das Ganze ist keine Einbahnstraße: Die Patienten erhalten bei Durchführung der Tests ein Feedback zu ihren Ergebnissen und können so ihrerseits Rückschlüsse ziehen. Die Forschung wiederum erhält Zugriff auf die von den registrierten Usern eigenhändig protokollierten Daten – und das in Echtzeit.
Der Vorteil: Die Wissenschaftler können Krankheitsverläufe schneller und leichter verfolgen und abbilden. Studien werden so differenzierter und flexibler, was zu einer beschleunigten Therapie- und Medikamentenentwicklung führen kann.Deshalb launcht Novartis eine ophthalmologische App
Studien im augenärztlichen Segment sind schwierig und selten. Denn sehbehinderte Menschen sind oftmals weniger mobil. Der Gang zur Praxis oder in die Klinik ist mit Planung und Zeitaufwand verbunden und findet demzufolge nur statt, wenn es nötig ist. Das hat Auswirkungen auf die Menge und die Qualität der erhobenen Studiendaten. Den Krankheitsverlauf detailliert nachzuverfolgen ist unter diesen Umständen schwierig.
FocalView könnte die Hürden, die bei einer Teilnahme an wissenschaftlichen Studien bestehen, nehmen oder zumindest deutlich verringern.
Ob das funktioniert, wird jetzt von Novartis getestet.
Die mobile Anwendung wird in einer prospektiven, nicht-interventionellen Studie gestestet. Es geht also im ersten Schritt weniger um das verwendete Medikament, sondern um die Usability und den Erfolg der App selbst. Im nächsten Schritt wird FocalView gegen bekannte, im klinischen Bereich angewandte visuelle Tests validiert.
Die Digitalisierung hat auch Pharma längst erreicht, und es scheint, als würde sie der Branche
neue Wege in der Forschung ermöglichen.
Eine runde Sache – in der Theorie. In der Praxis sieht die Sache anders aus. Es gilt nicht nur, den Patienten gegenüber die Maßnahmen erfolgreich zu kommunizieren und eventuelle Ängste abzubauen, auch die länderspezifischen Datenschutz- und Ethikgesetze sind eine Hürde, die es zu nehmen gilt. Dieses ist besonders im Bereich der klinischen Studien eine echte Herausforderung. FocalView jedenfalls wird bis auf weiteres nur im
US-Appstore erhältlich sein.
Novartis plant zwar nach eigener Aussage, die Anwendung auch in anderen Ländern zu starten, doch wann das in Deutschland der Fall sein wird, ist nach Angaben des Unternehmens noch nicht abzusehen. Auch die Rahmenbedingungen, unter denen die App in die Datenerhebung bei klinischen Studien eingebunden wird, konnten zum jetzigen Zeitpunkt noch nicht benannt werden.
Der Weg der Digitalisierung ist für Pharma kein leichter. Die Ergebnisse von Forschungs-Projekten wie FocalView werden zeigen, ob und wann er sich lohnt.
Titelbild: © THREAD