Arbeitszeitmodelle: Mitarbeiter zu Mitgestaltern machen
Mit modernen Arbeitszeitmodellen können Kliniken ihre Arbeitgeberattraktivität steigern. Lösungen sind eine eigenverantwortliche Dienstplangestaltung und ein Austarieren von räumlicher und zeitlicher Flexibilität.
Jüngere Generationen möchten ihren zeitintensiven Hobbys nachgehen. Ärzte zwischen 30 und 40 brauchen mehr Zeit für die Betreuung ihrer Kinder. Mediziner ab circa 50 müssen sich häufig verstärkt um ihre eigene Gesundheit oder um pflegebedürftige Angehörige kümmern. Unterschiedliche Lebenssituationen bringen eine veränderte Arbeitsbereitschaft mit sich. Kliniken sollten darauf reagieren, wenn sie Fachkräfte gewinnen möchten. Moderne Arbeitszeitmodelle bieten Krankenhäusern die Chance, sich als attraktiven Arbeitgeber für Ärzte zu präsentieren. Neben Wunscharbeitszeiten bieten auch Turnus-Arbeitszeiten als eine Art Teilzeitmodell eine Möglichkeit, auf spezifische Lebenssituationen von Ärzten einzugehen, sagt Dr. Volker Hielscher, Geschäftsführer und Wissenschaftlicher Leiter des Instituts für Sozialforschung und Sozialwirtschaft in Saarbrücken. In diesem Fall arbeiten Ärzte beispielsweise eine Woche und haben in der nächsten frei. Oder sie sind in der einen Woche von montags bis mittwochs tätig, in der nächsten von donnerstags bis samstags. Eine Art Jobsharing, bei dem Kliniken allerdings den Gegenpart organisieren müssen. „Mit Hinblick auf die Personalplanung ist das sicherlich aufwendiger“, sagt der wissenschaftliche Leiter, „aber eine Möglichkeit, mit der Ärzte privaten Anliegen besser nachkommen können.“Beschäftigte zu Mitgestaltern der Dienstplanung machen
Wenn beispielsweise der Sohn zur weiterführenden Schule wechselt und erst einmal besondere Zuwendung benötigt, sind Sabbaticals eine gute Lösung. Eltern können damit eine Auszeit zwischen einem und sechs Monaten nehmen. Diese können sie im Rahmen von angesparten Teilzeitarbeitsverhältnissen, über unbezahlten Urlaub oder durch Entnahmen aus einem Langzeitkonto realisieren. Solche Lebensarbeitszeitkonten bieten sich ebenso für die Pflege von Angehörigen an. Denn die häusliche Betreuung verlangt Krankenhausbeschäftigten viel ab – zeitlich, aber oft auch finanziell. Eine Arbeitszeitreduzierung mit partieller Lohnaufstockung wie die Familienpflegezeit kann hier hilfreich sein. „Wer seinen Mitarbeitern alltagsnahe Möglichkeiten für eine bessere Vereinbarkeit bieten möchte, kann dies über eine eigenverantwortliche Dienstplangestaltung tun“, sagt Volker Hielscher. Kliniken machen ihre Beschäftigten damit zu Mitgestaltern. Ärzte und Pflegekräfte können einerseits ihre eigenen Bedürfnisse einbringen, müssen aber gleichzeitig jeden Monat aufs Neue die Dienste so ausbalancieren, dass es für alle im Team passt. Indem Kliniken ihren Mitarbeitenden die Verantwortung übertragen, können sie Beschwerden und Unzufriedenheiten vorbeugen.Zeitliche Flexibilität gegen räumliche tauschen
„Die Bedürfnisse der Ärzte sind höchst individuell. Flexibilität in Krankenhäusern kann daher auch ganz unterschiedlich ausgestaltet werden“, erklärt Volker Hielscher weiter. Die einen möchten Verlässlichkeit, was ihre Arbeitszeiten angeht. Den anderen ist es egal, wann sie eingesetzt werden, möchten aber nur auf ihrer Station arbeiten. Das können sich Kliniken zunutze machen. Beispielweise durch einen Pool mit Ärzten und Pflegekräften, die bereit sind auf verschiedenen Stationen einzuspringen, aber dafür nur in Spätschicht arbeiten. Ein solches Modell könne sogar auf verschiedene Häuser eines Trägers erweitert werden. In diesem Fall würden Ärzte ihre zeitliche Flexibilität gegen eine räumliche eintauschen.Zufriedenere Ärzte und weniger Fehlzeiten
Am Ende sind es die Führungskräfte und Personaler in Krankenhäusern, die in ihre Belegschaft hineinhorchen und herausfinden sollten, welche modernen Arbeitszeitmodelle ihre Mitarbeiter entlasten können. Das hat nebenbei meist auch betriebswirtschaftliche Effekte. Wenn Mitarbeiter zufrieden sind, steigt automatisch auch ihre Motivation und Leistungsbereitschaft. Das kann mitunter weniger Fehlzeiten bedeuten und sich unmittelbar auf die Patientenversorgung auswirken. Auch im Kampf gegen den Fachkräftemangel sind motivierte Ärzte das beste Aushängeschild. Ein gutes Arbeitsklima spricht sich schnell herum und wird zum Bewerbermagneten.Lebensphasenorientierte Arbeitszeitmodelle in Kliniken
Wunsch- oder Wahlarbeitszeit: Die Beschäftigten können, unter Einhaltung einer festgelegten Vorlaufzeit, ihre Arbeitszeit ohne Angabe von Gründen verringern. Meist geschieht dies innerhalb einer festgelegten Bandbreite, z. B. von 50 bis 80 Prozent. Turnus-Arbeitszeiten oder Jobsharing: z. B. wöchentlicher Wechsel zwischen Freizeit und Arbeit oder Festlegung bestimmter Tage (z. B. 1. Woche von Mo. bis Do., 2. Woche von Fr. bis Sa., usw.) Sabbaticals: Auszeit zwischen einem und sechs Monaten. Sabbaticals können im Rahmen von Teilzeitarbeitsverhältnissen „angespart“, über unbezahlten Urlaub oder durch Entnahmen aus einem Langzeitkonto realisiert werden. Dienstplangestaltung in Eigenverantwortung: Ärzte und Pflegekräfte gestalten den Dienstplan monatlich selbst – nach eigenen Bedürfnissen und gemeinsam im Team. Arbeitszeitverlässlichkeit durch räumliche Flexibilität: Pool mit Ärzten und Pflegekräften, die bereit sind, auf anderen Stationen und in anderen Kliniken einzuspringen. Im Gegenzug haben sie verlässliche Arbeitszeiten.Lesen Sie hier Teil 1 der Serie "Lebensphasenortientierte Arbeitszeitmodelle"
https://www.healthrelations.de › lebensphasenorientierte-arbeitszeit_kliniken