Ingrid Winkelbach vermittelt mit ihrer Personalberatung Doctors Welcome hochqualifizierte Ärzte vor allem aus dem Nicht-EU-Ausland an deutsche Kliniken. Im Interview berichtet Winkelbach über die Möglichkeiten, die sich den Kliniken mit ausländischen Ärzten bieten.
Health Relations: Frau Winkelbach, macht sich die Flüchtlingssituation in Deutschland auch in den Kliniken bemerkbar?
Ingrid Winkelbach: Ja. Viele Flüchtlinge benötigen medizinische Versorgung, können sich aber nicht auf Deutsch oder auf Englisch verständigen. Ärzte arabischer Herkunft bedeuten aktuell eine riesige Entlastung für den Klinikbetrieb. Sie können bei der Anamnese mit arabischen Patienten schnell einspringen, unkompliziert dolmetschen und verfügen über die dazu passenden interkulturellen Kompetenzen.
Health Relations: Bemerken Sie den neuen Bedarf auch an einem erhöhten Anfragevolumen an Ihren Vermittlungsservice?
Ingrid Winkelbach: Viele Kliniken suchen händeringend nach Assistenzärzten. Im heutigen Bewerbermarkt Deutschlands ist es sehr schwierig für die Kliniken geworden, ihre Nachwuchsstellen zu besetzen. Ausländische Ärzte helfen die Lücken zu füllen. Aber nicht nur das: Meistens handelt es sich bei den ausländischen Bewerbern um bereits hochqualifizierte Fachärzte, die bereit sind, in Deutschland zunächst wieder bei „Null“ anzufangen, indem sie sich auf Hospitationen und Assistenzarztstellen bewerben.
Health Relations: Fachärzte bewerben sich als Assistenzärzte?
Ingrid Winkelbach: Ja. Häufig haben meine Kandidaten bereits einige Jahre als Facharzt in ihrem Herkunftsland praktiziert. Grundsätzlich vermittle ich nur noch Ärzte aus Nicht EU Ländern, die mindestens zwei Jahre Berufserfahrung aufweisen können. Sie müssen die ärztlichen Handgriffe kennen und mit den typischen Gepflogenheiten und Hierarchien im Krankenhausbetrieb vertraut sein.
Health Relations: Aus welchen Ländern wenden sich die meisten Bewerber an Sie?
Ingrid Winkelbach: Da, wo die Not am größten ist, ist auch der ärztliche Brain Drain vorherrschend. Zurzeit erhalte ich viele Bewerbungen aus dem arabischen Raum: Syrien und Jordanien, deren Gesellschaften verhältnismäßig modern und westlich geprägt sind. Seit der Krim-Krise bewerben sich auch viele Ärzte aus der Ukraine bei uns. Die Kandidaten sind hochmotiviert, ihre berufliche Existenz im sicheren Deutschland neu aufzubauen, und nehmen dafür auch viele Hürden in Kauf.
Health Relations: Wie sehen die Hürden für die Bewerber aus?
Headhunterin Ingrid Winkelbach berät Kliniken und Ärzte aus dem Ausland: "Bis zum Aufenthaltstitel mit Berufserlaubnis ist es oft ein langer Weg. Aber für viele lohnt er sich."
Ingrid Winkelbach: Um als Assistenzarzt praktizieren zu dürfen, müssen die Kandidaten die deutsche Approbation erhalten. Ärzte aus dem Nicht EU Raum erhalten diese in den meisten Fällen nicht sofort. Zunächst müssen sie in ihrem Heimatland die deutsche Sprache erlernen und erfolgreich einen B2-Test für allgemeine Deutschkenntnisse und einen C1-Test für fachmedizinische Deutschkenntnisse absolvieren. Die Goethe Institute bieten spezielle Kurse hierfür an und nehmen die Tests auch ab.
Health Relations: Was passiert nach den Sprachzertifikaten, die die Kandidaten bereits im Ausland erlangt haben?
Ingrid Winkelbach: Dann bewerben sich die Ärzte mit ihren übersetzten und beglaubigten Hochschul- und Arbeitszeugnissen sowie mit ihren Sprachzertifikaten um Hospitationsplätze in deutschen Krankenhäusern. Die erste Station ist somit eine Tätigkeit als Gastarzt. Gekoppelt an einen Hospitationsvertrag können die Ärzte einen Aufenthaltstitel mit einer befristeten Berufserlaubnis von maximal zwei Jahren beantragen. Oft finden die Hospitationen im Tausch gegen freie Kost, Taschengeld und Logis statt. Die Ärzte nutzen die Zeit, um sich mit dem neuen Umfeld zu akklimatisieren und um sich intensiv für die Kenntnisstandsprüfung vorzubereiten.
Health Relations: Welche Inhalte werden bei der Kenntnisstandsprüfung abgefragt?
Ingrid Winkelbach: Die Inhalte variieren stark von Bundesland zu Bundesland. Gleich ist aber das Resultat einer bestandenen Prüfung: Der ausländische Arzt erhält die Deutsche Approbation und somit seinen Aufenthaltstitel. Er kann sich auf eine reguläre Assistenzarztstelle bewerben. Mit einem Assistenzarztvertrag besteht dann oft die Möglichkeit, dass die Ärzte ihr Mehr an Berufserfahrung teilweise als Weiterbildungszeit anerkennen lassen können.
Health Relations: Welches sind die gefragtesten Fachrichtungen der Kliniken?
Ingrid Winkelbach: Die meisten Klinken fragen für Internisten und alle Spezialisierungen der Inneren Medizin, und außerdem Chirurgen an.
Health Relations: Welche Rolle spielen Sie im Recruiting-Prozess?
Ingrid Winkelbach: Mein Ärzte-Netzwerk im Ausland ist sehr groß. Bei Anfragen aus Kliniken filtere ich geeignete Kandidaten und berate sie im gesamten Bewerbungsprozess. Ein sehr beliebtes Goodie für gute Bewerbungsunterlagen sind zum Beispiel die Bewerbervideos, die meine Kandidaten bei
metru.de zum vergünstigen Selbstkostenpreis produzieren lassen können: Sie registrieren sich bei
Doctors Welcome und erhalten so einen kurzfristigen Termin sowie den Sonderrabatt. Mit den Videos präsentieren sich über die Bewerber bei den Kliniken sympathisch und „hautnah“. Die Kliniken erhalten per Klick einen unmittelbar persönlichen Eindruck vom Bewerber. Mögliche Vorbehalte lassen sich so ganz schnell aus dem Weg räumen.
Health Relations: Sie kooperieren auch mit den Kongressen von
OPERATION KARRIERE, dem Karrierespot für junge und angehende Ärzte.
Ingrid Winkelbach: Ja, die Kongresse sind großartige Plattformen, die helfen Arbeitgeber und Nachwuchsärzte miteinander zu vernetzen. Auch für meine Ärzte aus dem Ausland sind sie eine prima Bühne, um sich persönlich bei interessierten Kliniken zu präsentieren. Dafür vereinbare ich vorab die Bewerbergespräche. Da die meisten Ärzte für ihre Einreise eine Einladung benötigen, stelle ich ihnen anlässlich OPERATION KARRIERE eine Einladung aus und kümmere mich um ihre Unterbringung, um ihr Bewerbervideo, und natürlich um die für sie passenden Bewerbungsgespräche vor Ort.
Viel Erfolg auf OPERATION KARRIERE, und herzlichen Dank für das informative Gespräch, Frau Winkelbach!