„Bei uns gibt es keine Teilzeitlösung, die es nicht gibt“
Für angehende Medizinerinnen und Mediziner ist die Vereinbarkeit von Beruf und Familie ein entscheidender Faktor bei der Entscheidung für einen Arbeitgeber. Was bedeutet das für die Krankenhäuser? Dr. Rainer Löb, Ärztlicher Direktor der St. Barbara-Klinik Hamm GmbH, erklärt, wie man mit Familienfreundlichkeit bei Ärzten punkten kann.
Die meisten Ärzte in Deutschland sind zumindest latent bereit, ihren Job zu wechseln, so die Ergebnisse einer Leserbefragung des "Deutschen Ärzteblatts" unter 1.610 Klinikärzten. Der Grund: Die Mediziner sind unzufrieden mit den Arbeitsbedingungen. Sie wünschen sich u.a. eine bessere Vereinbarkeit von Familie und Beruf. Für die Kliniken offenbart das die Notwendigkeit, ihr Haus zu einem familienfreundlichen Arbeitsplatz umzugestalten. Doch wie geht das? Health Relations hat bei dem Ärztlichen Direktor der St. Barbara-Klinik Hamm GmbH und Chefarzt der Klinik für Anästhesiologie, Intensiv-, Notfall- und Schmerzmedizin (AINS) Dr. Rainer Löb nachgefragt, wie seine Klinik es schafft, den Bedürfnissen ihrer Mitarbeiter gerecht zu werden. Health Relations: Immer mehr angehenden Ärztinnen und Ärzten ist es wichtig, Familie und Beruf gut unter einen Hut zu bekommen. Was tun Sie, um diesen Ansprüchen ihrer künftigen Mitarbeiter entgegen zu kommen?Dr. Rainer Löb: Kinder gut betreuen. Flexibilität bieten. Miteinander sprechen und individuelle Lösungen finden. Das gelingt natürlich nicht immer – denn wenn in einem Krankenhaus, in dem wir 24 Stunden gute Versorgung mit qualifizierten Mitarbeitern leisten wollen und müssen, alle nur noch vormittags arbeiten, werden wir den Patienten nicht gerecht. Das ist aber auch unseren Mitarbeitern klar. Der Patient ist derjenige, für den das Krankenhaus existiert. Aber um diesen Auftrag der Patientenversorgung wirklich gut erfüllen zu können, brauchen wir gut ausgebildete und motivierte Kolleginnen und Kollegen – und das betrifft im Übrigen nicht nur Ärzte, sondern alle Berufsgruppen unserer Klinik. Health Relations: haben Sie konkrete Beispiele für Ihre Angebote?Dr. Rainer Löb: Konkret heißt das bei uns, dass wir einerseits eine betriebliche Kinderbetreuung eingerichtet haben, die eine Betreuung von Kindern ab dem dritten Lebensmonat und bis zum dritten Lebensjahr übernimmt. Außer in der Kernzeit von 07:00 bis 17:00 Uhr ist nach Absprache auch eine "Randzeitenbetreuung" ab 05:30 Uhr und bis 21:00 Uhr möglich. Darüber hinaus versuchen wir, mit den in den Beruf zurückkehrenden Müttern individuelle Arbeitszeiten im Rahmen des Möglichen zu vereinbaren. Natürlich stellt das eine Klinik vor besondere Herausforderungen. Wichtig ist dabei, dass wir gegenseitig aufeinander eingehen, also sowohl die Klinik als auch die Kolleginnen schauen, was möglich ist. So schaffen wir in den allermeisten Fällen einen guten gemeinsamen Weg für die Familien und für uns. Und so gibt es bei uns eigentlich keine Teilzeitlösung, die es nicht gibt. Das geht von einem Arbeitstag in der Woche bis zur 95%-Stelle. Aber es gibt auch einzelne Verträge mit vollkommen flexibler Gestaltung. Der Planungsaufwand steigt dadurch deutlich, aber die Zufriedenheit der Teams auch. Und das ist uns wichtig, weil wir davon überzeugt sind, dass so auch die Versorgung der sich uns anvertrauenden Menschen besser gelingt. Health Relations: Sie bezeichnen sich selbst als familienfreundliches Krankenhaus und sind auch Mitglied im Unternehmensprogramm "Erfolgsfaktor Familie". Damit setzt sich das Bundesfamilienministerium zusammen mit den Spitzenverbänden der deutschen Wirtschaft und dem Deutschen Gewerkschaftsbund dafür ein, Familienfreundlichkeit zu einem Markenzeichen der deutschen Wirtschaft zu machen. Kommunizieren Sie das auch strategisch bei der Personalsuche?Dr. Rainer Löb: Ja - natürlich. Wir erzählen in jedem Gespräch, welche Möglichkeiten es bei uns gibt, Familie und Beruf unter einen Hut zu bekommen. Und natürlich wird es auch in Stellenanzeigen erwähnt oder auch schon bei den Nachwuchsmedizinern, wenn es beispielsweise um das PJ geht. Health Relations: Wie kommt das an? Macht Sie das auch als Arbeitgeber für Ärzte attraktiv?Dr. Rainer Löb: Unsere Erfahrungen sind wirklich gut und der hohe Aufwand, der durch die Einplanung flexibilisierter Arbeitszeiten entsteht, lohnt sich. Wir sind sicher, dass uns das für junge Familien attraktiv macht. Und eine wichtige Erfahrung machen wir auch immer wieder: Auch das Umfeld spielt gerade für junge Familien eine große Rolle. Und da haben wir in Hamm wirklich Glück, dass wir in einer Stadt sind, in der das Leben gerade auch für Familien wirklich gut ist! Wenn Sie sich anschauen, was für eine persönliche Lebensqualität man in Hamm bei moderaten Lebenshaltungskosten erreichen kann, dann stehen wir im Vergleich zu den meisten anderen Städten wirklich gut da. Bei Hamm denken meist alle an den Bahnhof und die "Stadt, die keine ist" – weil wir aus vielen "Dörfern" im Zuge der Gebietsreform eine Großstadt mit 180.000 Einwohnern geworden sind. Die Fläche der Stadt ist wirklich groß – und damit ist Hamm auch sehr grün. Trotzdem ist an Infrastruktur alles vorhanden, was man sich wünschen kann. Und neben der auch wirklich guten Kulturszene in der Stadt sind für "das mehr an Kultur und Freizeit" zum Beispiel das Konzerthaus Dortmund, das Schauspielhaus Bochum, die Stadt Münster, aber auch der gesamte Kulturraum Ruhegebiet, das schöne Münsterland und das Sauerland direkt vor der Haustür – und das auch noch mit hervorragenden Verkehrsanbindungen aller Art. Es ist eben nicht nur die Stadt – es ist das Gesamtpaket, das zählt. Health Relations: Müssen Krankenhäuser heute mehr diese Art Strategien nutzen, um Mitarbeiter für sich zu gewinnen?Dr. Rainer Löb: Absolut. Wir müssen wirklich flexibel sein. Die Herausforderung ist, gute und qualifizierte Mitarbeiter in allen Berufsgruppen zu bekommen und halten zu können. Dazu gibt es kein Personalkonzept "von der Stange", sondern immer das persönliche Gespräch mit der gemeinsamen Vereinbarung: was passt für beide Seiten. Dann hat jeder gewonnen – und vor allem die Patienten, für die wir täglich antreten.Die St. Barbara-Klinik Hamm GmbH ist eine Einrichtung der St. Franziskus-Stiftung Münster und mit den Standorten St. Barbara-Klinik Hamm-Hessen und St. Josef-Krankenhaus Hamm-Bockum-Hövel ein Krankenhaus der Schwerpunkt- und Maximalversorgung für die Stadt und Region Hamm. Mit den Fachkliniken Anästhesie, Neuro-, Unfall- und Handchirurgie besteht in enger Zusammenarbeit mit der HNO- und Augenabteilung ein regionales Kopf- und Traumazentrum. Die spezialisierte und weit ausdifferenzierte Innere Medizin bietet eine kardiologische, gastroenterologische, nephrologische, diabetologische, hämatoonkologische und pneumologische Versorgung.