Berufsbild im Wandel: Welche Qualitäten braucht ein HR-Manager heute?
Harald Smolak: In gewisser Weise ja. Das Berufsbild des Personalers an Kliniken hat sich komplett gewandelt. War das früher eine Stelle im administrativen Bereich, oft auch stiefmütterlich behandelt, muss eine Personalabteilung heute stark operativ aufgestellt sein und von der Geschäftsführung bestenfalls in strategisch wichtige Entscheidungen eingebunden werden. Im Idealfall hat man hier also Leute, die die Strategie der Geschäftsführung mitentwickeln, die unternehmerisch denken und ein Talent in der Akquise mitbringen.
Health Relations:Wie zeigt sich das neue Selbstverständis in den täglichen Aufgaben des HR-Managers?Harald Smolak: Er braucht vor allem ein ganzheitliches Verständnis davon, wie ein Krankenhaus als Unternehmen funktioniert. Mit derselben hohen Servicequalität, mit der das Klinikum gegenüber dem Patienten auftritt, tritt der HR-Manager gegenüber dem Bewerber auf. Aber nicht nur dort, er arbeitet serviceorientiert in vielen Teams mit, ist der Ansprechpartner für die Mitarbeiter und Sparringspartner der Führungskräfte. Zum Beispiel, wenn es um die Schulung der Chef- und Oberärzte und Pflegeleitungen in modernen Leadership-Methoden geht. Denn von einer guten Führung hängt entscheidend ab, ob einmal gewonnene Ärzte und Pflegekräfte auch bleiben.
Health Relations: Wer gute Ärzte will, braucht gute Personaler. Stimmt das?"Ich kann jedem Personaler nur dazu raten, über den Tellerrand hinauszublicken und Wissenstransfer aus anderen Branchen zuzulassen."Health Relations: Ein guter Personaler kann demnach Ärzte motivieren, ihren Führungsstil zu ändern? Harald Smolak: Das ist aus meiner Sicht die größte Herausforderung für HR-Manager in dieser Branche. Krankenhäuser sind über Jahre hinweg sehr hierarchisch geprägt. Und auch junge Ärzte werden heute noch stark hierarchisch sozialisiert. Die Verantwortung dem Menschen und medizinischen Entscheidungen gegenüber ist natürlich sehr hoch und Erfahrung hat nach wie vor seine Berechtigung. Das macht es für den Personaler aber ungleich schwieriger, sich den nötigen Respekt von ärztlichen Führungskräften zu verschaffen. Dennoch glaube ich, dass die Digitalisierung Prozesse im Krankenhaus verändert und eine Veränderung des Führungsstils mit sich bringt. Auch jüngere Fachkräfte werden mehr Wertschätzung erfahren. Personaler können ihren Beitrag leisten, indem sie Ärzte darin bestärken, Prozesse ständig neu zu erfinden und die tradierten Strukturen bereitwillig auf den Kopf zu stellen. Health Relations:Und welche Rolle spielt die Geschäftsführung idealerweise dabei?Harald Smolak: Das Management muss Freiheiten einräumen und Irrwege zulassen. Auf dieser Ebene muss ein Transformationsprozess stattfinden: Die Geschäftsführung muss HR-Manager nicht als einen administrativen Bereich betrachten, sondern als einen Partner auf Augenhöhe, der gemeinsam mit der Geschäftsführung die unternehmenskulturelle Ausrichtung mitgestaltet. Dafür muss der Personaler Kreativität, Offenheit in Bezug auf moderne HR-Prozesse und den unbedingten Willen zu lösungsorientierter Arbeit mitbringen.
"Im Idealfall zeichnet sich der Personaler durch vertriebliches Geschick aus und kann die Attraktivität des Hauses sowie die Potenziale gut und überzeugend darstellen."Health Relations:Wie weit sind die Kliniken in diesem Prozess?Harald Smolak: Es tut sich etwas, wenn auch sehr langsam. Da sich private Kliniken vermehrt zu großen Unternehmensketten zusammenschließen, ist ein Umdenken und der Trend, Verantwortung auch mal abzugeben, zu erkennen. Dennoch gibt es im gesamten Gesundheitswesen großen Nachholbedarf gegenüber anderen Industrien. Health Relations: Gerade kleinere Kliniken in ländlichen Gegenden brauchen gute Argumente, um Ärzte zu gewinnen. Wie überzeugt man als Personaler hier am besten?Harald Smolak: Nicht jeder Arzt bzw. jede Pflegekraft will auf dem Land arbeiten. Aber viele kennen vielleicht nicht die konkreten Vorzüge, die die ländliche Klinik zu bieten hat. Deshalb ist es für Personaler umso wichtiger, diese herauszustellen: Wie ist das Arbeitsklima? Gibt es eine professionelle Infrastruktur und moderne Prozesse? Wie ist die Qualität der medizinischen Versorgung? Wie ist es um den Freizeitwert und die Lebenshaltungskosten bestellt? Alles Kriterien, die eine entscheidende Rolle spielen. Berufliche Entscheidungen werden nie ausschließlich durch reine Sachargumente, sondern durch emotionale Aspekte gefällt. Dabei sollte die Emotionalisierung durch den Personaler nicht nur auf der Kandidatenseite erfolgen, sondern auch nach innen, der Geschäftsführung und den weiteren Führungskräften gegenüber. Das trägt erheblich zu einem positiveren Unternehmensbild bei und macht das Klinikum als Ganzes attraktiver.
"Krankenhäuser sind über Jahre hinweg sehr hierarchisch geprägt. Das macht es für den Personaler ungleich schwieriger sich den nötigen Respekt von ärztlichen Führungskräften zu verschaffen."Health Relations:Ein ganzheitliches HR-Management umfasst auch, einmal gewonnene und gut eingearbeitete Fachkräfte zu halten. Welche Rolle spielt der Personaler dabei?Harald Smolak: Eine wichtige, wenn auch die anderen Führungskräfte sich nicht einfach aus der Verantwortung nehmen dürfen. Der HR-Manager kann zwar einen entscheidenden Teil zur Mitarbeiterzufriedenheit beitragen und ist mitverantwortlich dafür, den Führungsstil seines Hauses zu prägen. Dafür müssen aber alle an einem Strang ziehen und sich der Verantwortung gegenüber den Mitarbeitern bewusst werden. Das geht wiederum nur über eine enge, partnerschaftliche Kooperation von allen Führungskräften im Haus. Health Relations:Sie sind Mitglied im Verband der Personalmanager (BPM). Was kann der Verband tun, damit die Personaler in Kliniken gut qualifiziert und somit fit für die HR-Herausforderungen der Zukunft sind?Harald Smolak: Der Verband bietet seinen Mitgliedern in verschiedenen Fachgruppen industrieunabhängige Weiterbildungsmöglichkeiten an, die wesentliche HR-Trends beinhalten. Durch das Prinzip des gemeinsamen Lernens können Personaler deutschlandweit ihre gewünschten Schwerpunktthemen aufgreifen und mit Experten weiterentwickeln. Als Gründungsmitglied kann ich jedem Personaler nur dazu raten, über den Tellerrand hinauszublicken und Wissenstransfer aus anderen Branchen zuzulassen. Denn in Zeiten der Digitalisierung verschmelzen sich traditionelle Industrien. Krankenhäuser werden längst nicht mehr nur durch Ärzte und Pflegepersonal dominiert, sondern zunehmend von KI- und IT-Spezialisten, Systemintegratoren und mutigen Personalern, die solche Einrichtungen zu einem modernen Unternehmen entwickeln.