Der erste Eindruck zählt. Wenn Krankenhäuser in virtuellen Vorstellungsgesprächen eine gute Kultur und Professionalität vermitteln wollen, brauchen sie eine klare Rollenverteilung und einen erfahrenen Moderator. Tipps von Klinikpersonalern.
Meist entscheidet das Bauchgefühl darüber, ob ein Arzt eine Stelle annimmt oder nach dem Erstkontakt lieber andere Wege geht. Den entscheidenden Eindruck vom Krankenhaus gewinnen Ärztinnen und Ärzte im Vorstellungsgespräch.
Schwierig wird’s, wenn dieses online stattfinden muss. Denn
über das Digitale geht viel Persönliches verloren. Auch ungünstige Bedingungen können dazu führen, dass ein Gespräch in schlechter Erinnerung bleibt. Fachliches tritt dann in den Hintergrund, selbst dann, wenn die Klinik für die Bewerber viel zu bieten hat.
Wer im digitalen Raum Nähe aufbauen und professionell wirken will, braucht
die richtige Herangehensweise. Viele Kliniken haben bereits ihre Erfahrungen gemacht, so auch die
Helios Kliniken und das
Uniklinikum Münster (UKM). Für sie ist der Kanidatencheck per Webcam kein Neuland mehr.
8 Tipps, wie Video-Interviews mit Ärztinnen und Ärzten gelingen: 1. Das Video-Interview lebt von reibungsloser Technik
Klaudia Sauer, Leiterin Personalentwicklung am UKM, rät dazu, bei Video-Interviews, auf Beleuchtung und Tonqualität zu achten. © UKM/ Marschalkowski
Wenn die Tonqualität in einem digitalen Vorstellungsgespräch mies ist oder das Bild dauernd verschwindet, kann
keine wertschätzende Kultur entstehen. Mit anderen Worten: Funktioniert die Technik nicht, leiden die Inhalte und das Miteinander. Personaler und leitende Ärzte sollten daher die
technische Ausstattung vor einem Video-Interview eingehend prüfen. Dazu gehören Aspekte wie „Ist die Internetverbindung stabil?“ und „Funktionieren Webcam und Akustik?“ „Wichtig ist es, Hintergrundgeräusche zu minimieren, auf die Beleuchtung und eine gute Tonqualität zu achten“, rät Klaudia Sauer. Die Leiterin der Personalentwicklung am UKM hat bereits einige virtuelle Vorstellungsgespräche durchgeführt.
2. Der richtige Kommunikationskanal
Inzwischen gibt es viele Tools, die ein
reibungsloses Videotelefonat möglich machen. Bekannte Lösungen sind zum Beispiel Zoom oder MS Teams. Das Uniklinikum Münster nutzt WebEx und hat gute Erfahrungen gesammelt: „Nach anfänglichen technischen Schwierigkeiten läuft das System nun reibungslos“, erklärt Klaudia Sauer. Viele Dienste bieten dabei die Möglichkeit, Video-Meetings durchzuführen und den Bildschirm zu teilen. Auf diese Weise können Krankenhäuser beispielsweise
ein Willkommensvideo abspielen, in dem sie sich und die Einrichtung vorstellen.
Christoph Wachsmann, Teamleiter Talentmanagement bei Helios: „Im virtuellen Vorstellungsgespräch sind Standardfragen, die sich wiederholen, noch wichtiger.“ © Helios Kliniken
Die Helios Kliniken nutzen Skype und kommen damit grundsätzlich gut zurecht, sagt Christoph Wachsmann, Teamleiter Talentmanagement. Allerdings müsse man sich – unabhängig vom Anbieter – immer auf mögliche technische Probleme einstellen.
Daher sei es wichtig, auch die
Bewerber auf diese Situation vorzubereiten und sie vorab mit dem System vertraut zu machen. „Dann wissen die Gesprächsteilnehmer bereits, welche Einstellungen und Funktionen sie auswählen müssen und haben mehr Zeit, die sie in das eigentliche Gespräch investieren können“, erklärt der Teamleiter.
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3. Moderation vorbereiten
Für ein gutes Interview braucht es jemanden, der das Gespräch leitet. Er oder sie sorgt für die nötige
Auflockerung und den
roten Faden im Video-Interview. Die Helios Kliniken legen daher großen Wert auf die Auswahl des passenden Gesprächsführers: „Gerade, wenn es um das Zwischenmenschliche geht, liegt viel am Moderator“, sagt Christoph Wachsmann. Das muss kein geschulter Coach sein. Es reicht, wenn Kliniken einen Mitarbeitenden auswählen, dem die digitale Gesprächsführung liegt und der bereits Erfahrung im virtuellen oder telefonischen Austausch mit Bewerbern hat. „
Wichtig ist, dass der Moderator sich gut vorbereitet und das Gespräch stark strukturiert“, betont der Teamleiter der Helios Kliniken.
4. Rollen und Redeanteile festlegen
Damit nicht alle durcheinanderreden, braucht es im digitalen Austausch noch
mehr Vorbereitung als sonst. Es muss klar sein, wer, wann redet und welche Themen übernimmt. Ansonsten kann das Videotelefonat für beide Seiten anstrengend werden. Auch die Abfolge der Gesprächsinhalte sollten Personaler durch eine
klare Agenda strukturieren.
Für Helios ist die vorbereitende Absprache ein Muss: „Wir haben die Zeitslots sowie die Rollen eindeutig definiert. Heißt: Wer fragt primär zu welchem Themenkomplex und in welcher Reihenfolge“, sagt Christoph Wachsmann. Er verweise im Vorfeld eines Video-Interviews auch immer auf die „
Mikrofondisziplin“. Denn in der Vergangenheit hatten Teilnehmer mitunter vergessen, dass der Ton noch angeschaltet war. „Dann passiert es schnell, dass Dinge gesagt werden, die unglücklich sind“, ergänzt der Teamleiter.
5. Probelauf für vorstellende Ärzte und Ärztinnen
„Im virtuellen Vorstellungsgespräch sind
Standardfragen, die sich in einer Runde immer wiederholen, noch wichtiger“, weiß Christoph Wachsmann. Hierunter fallen Gesprächspunkte wie „Was war bisher Ihre größte Herausforderung?“, „Was sind Ihre beruflichen Ziele?“ oder „Was motiviert Sie im Krankenhaus tätig zu sein?“. Im Grunde gehe es dabei darum, einen Gesamteindruck zu gewinnen und Kandidaten vergleichen zu können. Daher sei Helios auch wichtig, dass der bewerbende Arzt bzw. Ärztin sich mit einer
Kurzpräsentation zu Beginn persönlich vorstelle. Künftig will die Klinik die Bewerber und Bewerberinnen mit einem
Probelauf am Vortag, für diesen Wunsch sensibilisieren.
6. Umgebung und Outfit gut wählen
„Ein Vorstellungsgespräch ist auch online immer noch ein Vorstellungsgespräch“, betont Klaudia Sauer. Dinge wie
Outfit, gepflegtes Aussehen und die Umgebung spielen daher auch im virtuellen Raum eine große Rolle. Bei Bewerbern ebenso wie bei Klinikern. „Eine
gute Beleuchtung und der
Kamerawinkel sind wichtig. Und nicht zu vergessen: Der eigene Hintergrund muss gut gewählt sein“, erklärt die Leiterin Personalentwicklung am UKM.
Heißt: Wenn auf dem Bildschirm viele Details oder persönliche Dinge aufblitzen, kann dies leicht ablenken oder einen unprofessionellen Eindruck erwecken. Auch eine
ruhige, störungsfreie Umgebung spielt eine große Rolle. Die Kameraausrichtung sollte unbedingt auf Augenhöhe sein. Wenn das Gesicht gut zu sehen ist, kann das allein schon mehr Nähe transportieren.
7. Körpersprache: Online ist weniger oft mehr
Viele Menschen artikulieren sich sehr stark über Gestiken. Grundsätzlich hilft das, dem Gesprächspartner eine gewisse Orientierung zu geben.
Im virtuellen Vorstellungsgespräch kann zu viel Körpersprache allerdings von Inhalten ablenken. Vor allem dann, wenn es hierdurch zu einer Verzerrung in der Übertragung kommt. Online ist weniger oft mehr.
8. Tipps im Intranet bereitstellen
Viele Hinweise also, die es im virtuellen Vorstellungsgespräch zu beachten gilt. Hinzu kommt, dass für viele Personaler und Führungskräfte der
Kandidatencheck per Webcam noch Neuland ist. Ein
Leitfaden kann als Unterstützung hilfreich sein. Das weiß auch Klaudia Sauer: „Wir als Personalentwicklung planen gegenwärtig, unseren Führungskräften entsprechende Tipps im Intranet zur Verfügung zu stellen."