Das Who’s Who der Healthcare-Branche: Dirk Barten
Die Macher und ihre Ideen: In unserer Serie „Das Who’s Who der Healthcare-Branche“ stellen wir Ihnen die Menschen vor, die das System bewegen. In dieser Folge berichtet Dirk Barten von Intuitive Surgical vom aufregendste Schritt in seiner Karriere.
Medizintechnik-Branche statt Medizinstudium – diesen Schritt hat Dirk Barten nie bereut. Im Gegenteil. In unserem Who's Who der Healthcare-Branche berichtet der MedTec-Ingenieur unter anderem über das Potential von Risiko und freiem Denken.Name: Dirk Barten Position: General Manager bei Intuitive Surgical für Deutschland, Schweiz, Österreich und Ost-Europa Health Relations: Was waren die wesentlichen Stationen in Ihrer Karriere?Dirk Barten: Die Entscheidung, nicht Medizin zu studieren, sondern in Medizintechnik zu investieren, hat mich auf einen äußerst interessanten Karriereweg geführt, der mich schon immer fasziniert hat. Medizintechnik ist bereits einer der wichtigsten Geschäftsbereiche in Deutschland, hat gleichzeitig aber noch erhebliches Entwicklungspotenzial. Auch die Qualität und Zuverlässigkeit deutscher Technologien und Innovationen werden weltweit anerkannt und geschätzt. Ich begann meine Karriere in der Neurologie, Neurochirurgie, kardiovaskulären und chirurgischen Endoskopie, was mich schließlich in den Bereich der minimalinvasiven, roboter-assistierten Chirurgie führte. Die Arbeit in den letzten 25 Jahren in deutschen, schwedischen und amerikanischen Firmen wie Elekta, General Electric, Schölly und Intuitive Surgical hat es mir ermöglicht, jeweils von deren positiven Einflüssen zu profitieren, wie beispielsweise von der deutschen Präzision und Liebe zum Detail, der schwedischen Unternehmenskultur, die auf Vertrauen und Kooperation basiert, sowie der Wachstumskultur der US-amerikanischen Innovatoren. Ich habe immer die Hand gehoben, wenn Organisationen nach Menschen suchten, die unterschiedliche Ansätze ausprobieren wollen, und bereit sind, Risiken einzugehen. Mein letzter Schritt in diese Richtung war die Entscheidung, als General Manager von Intuitive Surgical, dem Pionier und einem der weltweit führenden Unternehmen der Roboter-assistierten Chirurgie, die Marktakzeptanz in der DACH-Region (Deutschland, Österreich, Schweiz) und Osteuropa zu fördern. Dies ist der aufregendste Schritt in meiner Karriere, denn die Vorteile, die diese hochinnovative Technologie Chirurgen, Patienten, Krankenhäusern und dem deutschen Gesundheitssystem bietet, sowie die Mitarbeiter von Intuitive sind einfach ausgezeichnet.
Health Relations: Was war Ihre größte berufliche Herausforderung?Dirk Barten: Wenn Unternehmen von größeren Organisationen übernommen werden, haben die verbleibenden Teams häufig Schwierigkeiten, sich an die neue Kultur der Muttergesellschaft anzupassen. Als ich für mehrere Jahre Integrationsmanager einer multinationalen Organisation war, musste ich sicherstellen, dass das neu erworbene Unternehmen lernte, mit den verschiedenen Teilen des größeren Unternehmens zu interagieren – mit dem Ziel, noch schneller zu wachsen als in der Vergangenheit. Die Herausforderung bestand darin, die Teams kleiner und mittelständischer deutscher Unternehmen, die ihre ursprüngliche Identität verloren hatten, zu motivieren und die nötige Stimmung und Dynamik zu schaffen, damit sie an eine noch bessere Zukunft glauben. Health Relations: Was haben Sie aus dieser Erfahrung gelernt?Dirk Barten: Ich habe gelernt, dass unabhängig von der Größe des Unternehmens, in dem man arbeitet, Vertrauen, Zuversicht und Stabilität am wichtigsten sind. Das Vertrauen zu einer Führungskraft oder einer führenden Organisation aufzubauen, ist oft das notwendige Unterscheidungsmerkmal, um auf dem Markt erfolgreich zu sein. Finanzielle Aspekte sind auch wichtig, liegen aber weit hinter der Stabilität. Health Relations: Die MedTech-Branche in Deutschland im internationalen Wettbewerb: Was ist top, was Flop?Dirk Barten: Die deutsche MedTech-Branche profitiert sehr von unseren industriellen Stärken, die oft mit der deutschen Automobilindustrie verbunden sind. Werte oder Eigenschaften wie Präzision, Zuverlässigkeit und Innovation lassen uns an der Spitze der internationalen Exportunternehmen stehen. Und in der Tat ist die deutsche MedTech-Industrie historisch stark und insbesondere in den Bereichen Chirurgie, Optik und Feinmechanik führend. Aber andere Nationen holen auf! Deutschland steht vor der Gefahr zu glauben, dass die Dinge so bleiben, wie sie sind. Teil des US-Innovators Intuitive Surgical zu sein zeigt mir das wieder auf. Auch wenn das Roboter-assistierte Chirurgiesystem da Vinci eine große Menge an deutscher Technologie enthält, wie die 3D-Visualisierung, die Hochfrequenzgeneratoren, die OP-Tische und mehr als 60 Einzelkomponenten "Made in Germany", so kommen das integrierte System und die konzeptionelle Innovation aus den USA. Meiner Meinung nach werden die Anbieter von Lösungen für OP-Geräte in Zukunft mehr und stärker integrierte Portfolios anbieten – mit dem Ziel, Komplettpakete mit einem hohen Mehrwert für Anwender und Krankenhäuser bereitstellen zu können. In Zeiten des Zusatznutzens sollten deutsche MedTech-Unternehmen nicht glauben, dass die technologischen Stärken in einzelnen Geräten oder Komponenten sicher sind. Diese Unternehmen sollten sich entweder anderen Innovationsplattformen anschließen oder selbst integrierte Lösungen entwickeln. Aber sie sollten sich niemals nur auf frühere Erfolge verlassen."Deutschland steht vor der Gefahr zu glauben, dass die Dinge so bleiben, wie sie sind."
"In meinen Augen steht die Digitale Transformation erst am Anfang – und es wird spannend sein, die Integration vieler bestehender Technologien zu noch besseren chirurgischen Instrumenten zu beobachten."Health Relations: Was ist in Ihren Augen die größte Herausforderung für Ihre Branche im Zuge des digitalen Wandels? Dirk Barten: Ich beantworte diese Frage als General Manager von Intuitive Surgical, einem Unternehmen, das einen Teil der Digitalen Transformation vorantreibt. Ein Produkt wie der da Vinci, unsere Roboter-assistierte minimalinvasive OP-Plattform, ist seit mehr als 20 Jahren eine Alternative zu klassischen Methoden und Technologien. Das Produkt ist heute so weit fortgeschritten, dass die Vorteile die Grenzen der chirurgischen Möglichkeiten erweitern. Bereits heute werden digitale Informationen, die für das präzise Manövrieren der Instrumente erforderlich sind und durch die Handbewegungen des Chirurgen automatisch erzeugt und gespeichert werden, zugänglich gemacht, um die Ausbildung und den Fortschritt eines Chirurgen zu unterstützen. Chirurgische Verfahren können durch Nutzung der Vorteile von Standardisierung, Harmonisierung und eines technologiegestützten Bildungsweges verbessert werden. Vorhandene bildgebende Verfahren und Modalitäten können während der Operation dem Chirurgen aktuelle Bilder zeigen. So können viele Entscheidungen erleichtert werden, die er oder sie jeden Tag in jedem Verfahren treffen muss. In meinen Augen steht die Digitale Transformation erst am Anfang – und es wird spannend sein, die Integration vieler bestehender Technologien zu noch besseren chirurgischen Instrumenten zu beobachten. Die größte Herausforderung für unsere Branche ist es, Teil dieser Transformation zu sein. Health Relations: Ihre Empfehlung: Mit welchen Maßnahmen kann sich der Markt für die Zukunft rüsten?Dirk Barten: Deutschland ist eines der führenden Länder für den Einsatz von Roboter-assistierter minimalinvasiver Chirurgie. Die Patienten profitierten sehr früh von dieser innovativen Technologie: Bereits 1999 wurde die erste Roboter-assistierte Prostatektomie in Frankfurt am Main durchgeführt. Seitdem wurden mehr als 100.000 da-Vinci-Operationen in Deutschland durchgeführt und mehr als 110 Systeme in privaten und öffentlichen deutschen Krankenhäusern installiert. Die derzeitige Erstattung für Roboter-assistierte Operationen ist jedoch immer noch die gleiche wie für andere Operationen, obwohl Roboter-assistierte Operationen einen unterschiedlichen Grad an Aufwand und Komplexität beinhalten und Roboter-assistierte Chirurgie einen nachgewiesenen Nutzen für die Patienten bietet. Aus diesem Grund setzt sich Intuitive Surgical für eine differenzierte Kostenerstattung und Optimierung der Patientenversorgung ein, um die Erstattung für Krankenhäuser, die diese innovative Technologie nutzen, zu verbessern. Wir arbeiten eng mit verschiedenen Akteuren der Gesundheitsbranche zusammen, darunter Chirurgen, Krankenhäuser, chirurgische und medizinische Gesellschaften, medizinische Vereinigungen und Krankenversicherungen, um eine differenzierte Vergütung für Roboter-assistierte Chirurgie zu erhalten. Angesichts des rasanten Wachstums dieser innovativen Operationsmethode in Deutschland ist dies sicherlich eine entscheidende Maßnahme, auf die sich der Markt für die Zukunft vorbereiten muss. Health Relations: Was steht ganz oben auf Ihrem beruflichen Wunschzettel?Dirk Barten: Aus der Sicht eines MedTech-Ingenieurs bin ich schon ganz oben auf meinem Wunschzettel angelangt. Ich hoffe, ein Teil des verbesserten Zugangs zu unserer minimalinvasiven, Roboter-assistierten chirurgischen Technologie in Europa und Deutschland zu sein. Dafür kämpfe ich jeden Tag. Health Relations: Was hält Sie persönlich gesund?Dirk Barten: Ich bin fest davon überzeugt, dass geistige und körperliche Gesundheit stark voneinander abhängen. Ich habe den Segen, eine wunderbare Familie zu haben und für eine Firma mit einer großartigen Mission arbeiten zu können. Die darauf aufbauende mentale Stärke schützt mich sicher körperlich bis zu einem gewissen Punkt. In der Tat bin ich mir aber bewusst, dass ich mehr proaktiv für meinen Körper tun sollte, um auch in Zukunft stark zu bleiben. Dies ist eine meiner privaten Herausforderungen, der ich mich jetzt gerne stellen werde.