Die AOK startet ein Gesundheitsnetzwerk. Die digitale Akte soll in zwei Regionen den Datenaustausch zwischen Patienten, niedergelassenen Ärzten und Kliniken ermöglichen. Erstes Gebot: Die Zustimmung des Patienten.
Chance Digitalisierung: Mit zwei Pilotprojekten in Mecklenburg-Vorpommern und Berlin startet die
AOK ihr digitales Gesundheitsnetzwerk.
In der Region Mecklenburg-Vorpommern testen zwei Kliniken und das Ärztenetz „HaffNet“, ein Zusammenschluss von Ärzten in Vorpommern-Greifswald, die digitale Akte.
Damit stehen etwa 8.000 Versicherten vier Anwendungen zur Verfügung: Das Aufnahme- und Entlassmanagement in den beteiligten Kliniken, der Austausch von Dokumenten zwischen Kliniken und niedergelassenen Ärzten, die Möglichkeit zum
Hochladen eigener medizinischer Dokumente wie Organspendeausweis oder Mutterpass sowie die Option, selbst erhobene Vitaldaten und Messwerte in die eigene Akte einfließen zu lassen. Heißt: Auch medizinische
Wearables erhalten somit eine zusätzliche Relevanz; ihre Daten können in die Therapieergebnisse einfließen.
Zum Jahreswechsel folgt der zweite Pilot:
Gemeinsam mit der privaten Klinikgruppe Sana Kliniken AG und Deutschlands größtem kommunalen Krankenhauskonzern Vivantes geht das Gesundheitsnetzwerk in Berlin an den Start. Beteiligt sind damit neun Kliniken und 13 medizinische Versorgungszentren von Vivantes sowie das Sana-Klinikum Lichtenberg. Etwa 114.000 AOK-Versicherte können somit künftig die digitale Akte nutzen.
So sieht sie aus, die digitale Akte des Gesundheitsnetzwerks der AOK.
Man will Fäden zusammenführen. Auch in Sachen Organisation und Adhärenz. Zusätzlich zu den erprobten Anwendungen werden den teilnehmenden Patienten in Berlin ein digitaler Medikationsplan, die Bereitstellung von Labordaten durch die beteiligten Ärzte sowie die Möglichkeit zur Terminvereinbarung mit Kliniken und Ärzten angeboten.
Die Berliner Arztnetze erwarten nach eigener Aussage viel von diesem Projekt. Man verspreche sich einen wesentlich effizienteren Austausch von Informationen zwischen den teilnehmenden Ärzten, so Dr. med. Jürgen Oldenburg, Sprecher der Arbeitsgemeinschaft
Berliner Arztnetze (AGBAN).
Diagnosen, Befunde und Medikation sowie Daten zu besonderen Risiken können leicht und sicher zur Verfügung gestellt und bei der Folgebehandlung berücksichtigt werden. Diese Transparenz erleichtert den an der Versorgung Beteiligten die tägliche Arbeit und bietet die Chance, dass sich Abstimmung, Qualität und Sicherheit der Behandlung verbessern.
Auch bei Vivantes freut man sich auf den Piloten und gibt sich vorbereitet. "Wir haben schon vor mehr als drei Jahren begonnen, unsere IT-Architektur auf die Zukunft auszurichten und Themen wie die digitale Patientenakte und die
digitale Interoperabilität mit Dritten in die Umsetzung zu bringen", erklärt
Dr. Andrea Grebe, Vorsitzende der Geschäftsführung der Vivantes Netzwerk für Gesundheit GmbH. "Mit der Digitalisierung erhalten die Patienten einen besseren Einblick in ihre Gesundheitsdaten. Sie werden damit auch in die Lage versetzt, noch stärker als bisher über Behandlungsoptionen mit zu entscheiden."
"Die Daten bleiben beim Arzt oder bei der Klinik, wo sie erhoben wurden."Transparenz und Datensicherheit stehen im Vordergrund. Das Ziel ist keine zentrale Datenverwaltung. "Unser Ziel ist ein bundesweites Angebot für die AOK-Versicherten, das regional verschieden ausgestaltet wird", sagt
Martin Litsch, Vorstandsvorsitzender des AOK Bundesverbandes. "Ein besonderes Merkmal ist die dezentrale Datenhaltung, die vor Datendiebstahl schützt", erläutert
Christian Klose, Projektleiter für das Gesundheitsnetzwerk. "Die Daten bleiben beim Arzt oder bei der Klinik, wo sie erhoben wurden."
Die Krankenkasse habe keinen Zugriff auf die Gesundheitsdaten. Zudem könne der Patient selbst entscheiden, welcher Arzt welche Informationen und Dokumente in der Gesundheitsakte einsehen darf.
Zustimmung seitens der gesetzlich Versicherten: YouGov-Umfrage im Auftrag des AOK-Bundesverbandes
Die gesetzlich Versicherten stehen laut einer
YouGov-Umfrage der digitalen Gesundheitsakte durchaus offen gegenüber. 82 Prozent der Befragten halten sie für sinnvoll, und 78 Prozent würden sie sogar nutzen.
Das Gesundheitsnetzwerk ist als offene Plattform konzipiert und soll schrittweise allen Akteuren im Gesundheitswesen zur Verfügung gestellt werden – auch anderen Krankenkassen. Pharma und MedTech haben somit ebenfalls perspektivisch die Chance, an einem effizienten Datenaustausch im Sinne einer Optimierung der medizinischen Versorgung der Versicherten beizutragen. Beispiel: Mit Zustimmung des Patienten ermöglichen digitale Akten eine effizientere Abwicklung von medizinischen Forschungsprojekten durch eine genaue Datendokumentation. Der Patient selbst kann Daten zur Medikamenteneinnahme oder von Wearables aufgezeichnete Messwerte einpflegen und somit ein Feedback zur Therapie geben.
"Je nach regionaler Situation werden wir unterschiedliche Anwendungen mit verschiedenen Partnern umsetzen", erklärt Martin Litsch die Zielsetzung. Alle diese Lösungen seien aber "anschlussfähig". "Sie können unter dem Dach des Gesundheitsnetzwerkes vernetzt und auch an die Telematik-Infrastruktur angedockt werden.
Wir entwickeln keine Insellösung, sondern wollen Teil der gesamten digitalen Vernetzung sein."Alle Bilder: © AOK