Drei junge Professoren konnten keinen deutschen Podcast zum Thema eHealth finden und starteten kurzerhand selbst einen. Seit einem knappen Jahr wächst nun die Zuhörerschaft der Medizininformatiker.
Prof. Dr. Christian Wache und Prof. Dr. Renato Dambe sind, seit sie denken können, IT- und Medizin-Faszinierte. Da ist es nur folgerichtig, dass sie ihre Leidenschaft zum Beruf gemacht haben und inzwischen als
Professoren im Bereich Gesundheitsinformatik an der
Hochschule für Technik, Wissenschaft und Gestaltung in Konstanz arbeiten. Als begeisterte Podcast-Hörer kamen sie irgendwann auf die Idee, einen eigenen
Podcast rund um das Thema eHealth zu starten.
Ein Podcast ist ein Audio- oder Video-Blog "on demand". Ein einzelner Podcast besteht aus mehreren Episoden, die im Internet über einen Web-Feed auch abonniert werden können. Die Verbreitung von Podcasts ist eng mit der Verbreitung von tragbaren MP3-Playern, iPods und Smartphones verbunden.
Im englischsprachigen Raum haben Podcast, auch zu Thema eHealth und Medizininformatik, bereits längst ihren Siegeszug angetreten und konnten sich eine treue Zuschauer- bzw. Zuhörerschaft erarbeiten.
Prof. Dr. Renato Dambe
"Ich höre am Tag bestimmt drei bis vier Podcasts", sagt Dambe. Als er sich aber nach deutschen Podcasts umschaute, die den Bereich eHealth, Gesundheits- und Medizininformatik behandeln, konnte er nichts finden.
Also entschloss er sich gemeinsam mit seinem Kollegen Wache, mit dem er sich ein Arbeitszimmer an der Hochschule teilt, ein eigenes Angebot zu entwickeln. "Wir haben uns bei der Arbeit kennengelernt", sagt Dambe und lacht, weil er weiß, wie das klingt. Aber so ein gemeinsames Büro eignet sich, um gute Ideen zu entwickeln – unter anderem die, einen Podcast zum Thema eHealth zu starten. Gesagt, getan: So können sich Zuhörer nun seit knapp einem Jahr an jedem zweiten Freitag um 9 Uhr auf einen neuen Beitrag zu aktuellen eHealth- und Hintergrundthemen aus der Medizininformatik freuen. Die etwa halbstündigen Podcasts sind so aufgebaut, dass in den ersten zehn Minuten immer über aktuelle "eHealth-Nachrichten" berichtet werden. Im Anschluss folgt ein großes Thema, das näher beleuchtet wird.
Zeitgemäße eHealth-Themen als Podcast
Prof. Dr. Christian Wache
Mit dem Podcast wollen die Macher ihre Zuhörer über zeitgemäße eHealth-Themen auf dem Laufenden halten und Basiswissen vermitteln. Dazu eignet sich ein Podcast besonders gut, finden die Professoren.
"Man kann das wunderbar nebenbei hören und sich zum Beispiel bei einer Zugfahrt oder beim Joggen fortbilden", meint Wache. Die zwei richten sich mit den Beiträgen keineswegs nur an Spezialisten. "Wir wollen jeden ansprechen, der Interesse am Thema hat. Darum versuchen wir, die Beiträge allgemeinverständlich zu gestalten. Wir wissen aber, dass sich die meisten der Zuhörer beruflich im Bereich der Gesundheitsinformatik bewegen."
Von Anfang an stand dabei der Spaß an der Sache im Vordergrund. Das merken die Hörer auch und schalten immer wieder rein. Durchschnittlich 500 bis 600 Abrufe haben die Beiträge.
Podcasts mit aktuellen Themen oder solche, für die sie zuvor bei potenziellen Zuhörern Werbung gemacht haben, laufen besonders gut.Podcast ohne Sponsoring, aber mit Humor
Die Macher legen es bei ihrer Sendung nicht darauf an, jemandem auf die Füße zu treten, scheuen sich aber nicht, auch mal einen frechen Spruch in den Mund zu nehmen. Voraussetzung dafür ist, unabhängig von Dritten zu bleiben. "Werbung oder Sponsoring wurden durchaus an uns herangetragen, aber wir haben immer dankend abgelehnt", sagt Dambe. "Wir machen das, weil es uns Spaß macht, und das soll auch so bleiben", erklärt Wache.
Gegen Konkurrenz in Form von anderen Podcasts zu dem Thema hätten sie nichts, finden jedoch auch Gefallen an dem Gedanken, ein Alleinstellungsmerkmal zu haben.
Die Chemie zwischen den beiden stimmt. Die freundschaftliche Verbundenheit der Professoren hört man auch in ihren Beiträgen:
Immer locker, sich gerne gegenseitig auf die Schippe nehmend, manövrieren sie geschickt durch die Sendung und schaffen es so, auch mal etwas trockenere Themen hörenswert und unterhaltsam aufzuarbeiten. Und da wundert es nicht, dass man in der ersten Sendung nach Fasching einen Tipp bekommt, wie man die anstehende Fastenzeit am besten übersteht (nämlich, indem man gar nicht erst Karneval feiert und folglich auch nicht fasten muss).
Wie erstellen die Professoren ihren Podcast?
Der technische Aufwand für die Sendungen ist gering: Die Aufnahmen können sie von zuhause aus machen.
Alles, was sie brauchen, ist ein Headset und eine gute Internetverbindung. Anfangs nahmen Dambe und Wache ihre Podcasts über Skype auf. Inzwischen gibt es eine Internetseite, auf der sie Beiträge erstellen können. Diese führt auch automatische Rauschunterdrückung durch. Anschließend schneidet Dambe dann unerwünschte "Ähms" und "Ahs" heraus.
"Wie uns Studenten und Kollegen berichteten, haben wir bei den ersten Podcasts wohl zu oft das Wort 'spannend' verwendet. Das wurde dann zu einer Art Running Gag", berichtet Wache belustigt. Es sei auch immer wieder befremdlich, Leute zum ersten Mal zu treffen, die so täten, als sei man alte Bekannte, weil sie sich die Podcasts angehört hätte. "Wir bekommen immer wieder von unterschiedlichen Leuten Rückmeldungen", so Dambe. "Natürlich kennen wir viele unserer Hörer, aber hin und wieder werden wir dann doch von unerwarteter Seite überrascht, wenn sich beispielsweise jemand für einen Podcast bedankt oder uns Tipps gibt." Die Professoren nehmen Verbesserungsvorschläge gerne auf. Immerhin ist das Podcast-Erstellen ein Hobby, für das sie sich neben ihrer Tätigkeit als Hochschulprofessoren auch noch Freiräume schaffen müssen.
Medizininformatiker mit Begeisterung
Dambe war nicht immer Medizininformatiker.
Begonnen hat er seine berufliche Karriere in der Medizin. Nach dem Studium der Medizin an der Ruprecht Karls Universität in Heidelberg arbeitete er als Arzt in der Gastroenterologie der Universitätsklinik in Düsseldorf. Danach studierte er Informationsmanagement in der Medizin an der Hochschule Heilbronn und der Universität Heidelberg. Während dieser Zeit beendete er auch seine Promotion. Nach dem Zweitstudium arbeitete Dambe acht Jahre in der freien Wirtschaft bei einer mittelständischen Softwarefirma für Krankenhausinformationssysteme, um schließlich im Jahr 2015 dem Ruf als Professor an die Hochschule Konstanz zu folgen. An der Informatik schätzt der gebürtige Saarländer die Berechenbarkeit.
Die Begeisterung für Computer und Medizin teilt Dambe mit seinem Kollegen. Auch Wache spielte zunächst mit dem Gedanken, Medizin zu studieren. "Damals gab es die ersten Studiengänge Medizininformatik, und das hat für mich dann genau gepasst." Er habe sich zu diesem Zeitpunkt noch keine Gedanken gemacht, ob sein Studium einmal in eine Karriere mit Zukunft münden würde. Er habe einfach seine Leidenschaft zum Beruf gemacht, so Wache. Der Medizininformatiker ist beruflich viel herumgekommen. Er hat u.a. im Rheinland, im Ruhrgebiet, in Bayern und Baden-Württemberg gearbeitet, bevor es ihn nach Konstanz zog.
Prof. Dr. Bernhard Breil
Seit Kurzem haben die zwei Verstärkung: Der Medizininformatiker Bernhard Breil lehrt als Professor für Gesundheitsinformatik (Systemintegration) im
Fachbereich Gesundheitswesen an der Hochschule Niederrhein und teilt ihre Leidenschaft für eHealth und Podcasts. Und auch ihre Zuhörerzahl wächst stetig an und bestätigt, dass sie mit ihrer Idee den richtigen Riecher hatten.
Fotos von den Professoren: privatTitelbild: © iStock.com/arinahabich