40 Prozent der elektronischen Konsumgüter sind im Jahr 2025 über den Kontakt zum Körper steuerbar, ein Viertel davon sogar durch Implantate: Das prognostiziert die Strategieberatung Oliver Wyman in der Analyse "Connected Life 2025".
Die Zukunft gehört den Patches und Implantaten: Die Ergebnisse der Studie "Connected Life 2025" und welche Änderungen das künftig für den Gesundheitsmarkt mit sich bringt, erklären Dr. Martin Schulte, Partner und Konsumgüterexperte, und Fritz Heese, Partner im Bereich Health & Life Sciences, beide bei
Oliver Wyman.
"Wir werden zwar 2025 nicht alle wie in einem Science-Fiction-Film herumlaufen", sagt Schulte. "Aber wir werden sicher kleine Patches oder gar Implantate tragen, die beispielsweise unsere Vitalfunktionen an elektronische Endgeräte melden."
Health Relations: Was sind die wichtigsten Ergebnisse Ihrer Untersuchung?Dr. Martin Schulte: Wir unterscheiden fünf Entwicklungsschritte des "Connected Life":
- Geräte sind verbunden mit dem Internet, z.B. der Fernseher mit dem Internet
- Geräte kommunizieren miteinander, z.B. die Waschmaschine mit dem Trockner
- Der Mensch kommuniziert kontaktlos mit Geräten, z.B. über Sprache, Mimik oder Gestik
- Geräte kommunizieren mit Sensoren auf der Haut oder in der Kleidung (Patches)
- Geräte kommunizieren mit Sensoren in der Haut (Implantate)
Wir gehen davon aus, dass bereits 2025 40 Prozent der elektronischen Konsumgüter durch Kontakt zum Körper gesteuert werden können, ein Viertel davon allein durch Implantate.
Die ersten drei genannten Entwicklungsschritte sind bereits weit fortgeschritten. Erste Piloten der Schritte 4 und 5 erwarten wir in den kommenden Monaten.
Health Relations: Wie werden sich in Zukunft elektronische Konsumgüter verändern?Dr. Martin Schulte: Sie werden zunehmend interaktiver und werden künftig mit diversen anderen Geräten kommunizieren können. Wir sehen erste Prototypen bereits in den USA.
Erste Krankenhauskonzerne setzen dort bereits heute vernetzte Waagen ein, die die typische Wasseransammlung bei chronischer Herzinsuffizienz erkennen und frühzeitig veranlassen, dass der Patient ins Krankenhaus eingeliefert wird. Auch Apps, die auf Basis der Inhalte im Kühlschrank gesunde Rezeptempfehlungen geben, sind stark im Kommen.
Der Gesundheitsmarkt wird sich radikal verändern und Kliniken und Ärzte, Pharma- und Medizintechnikunternehmen und Versicherungen vor gänzlich neue Herausforderungen stellen.
Health Relations: Was bedeutet das für den Gesundheitsmarkt?Fritz Heese: Der Gesundheitsmarkt wird sich radikal verändern und Kliniken und Ärzte, Pharma- und Medizintechnikunternehmen und Versicherungen vor gänzlich neue Herausforderungen stellen. Die traditionellen Grenzen innerhalb des Gesundheitsmarktes werden zunehmend diffundieren, und der zukünftige Gesundheitsmarkt wird sich – nach Themen – in verschiedene Ökosysteme unterteilen. Ein Beispiel hierfür sind Themen wie Ernährung, Schlaf, Wellness, aber auch Therapeutics und Data & Insights.
Health Relations: Was bedeutet die zunehmende Vermischung von Gesundheits- und Konsumgütern für die Unternehmen?Online-Services werden die bisherige Arbeit eines Arztes oder einer Klinik verändern.Fritz Heese: Digitalisierung und Vernetzung der Geräte werden im Gesundheitssektor eine Datenrevolution auslösen. Patientendaten werden künftig von jedem Ort verfügbar sein. Behandlungsmethoden werden transparent. Online-Services werden die bisherige Arbeit eines Arztes oder einer Klinik verändern. Patienten werden viel mündiger sein und sich ähnlich einem Konsumenten, wie wir ihn aus anderen Industrien kennen, verhalten. Sie werden sich vorab informieren, die eigene Gesundheit proaktiv managen und nicht wie bisher erst reagieren, wenn eine Erkrankung vorliegt.
Für Unternehmen bedeutet das, dass sie ihre B2C-Fähigkeiten verbessern müssen, um attraktive Angebote und Lösungen entwickeln zu können. Aus Sicht eines Konsumgüterherstellers eine leichte Aufgabe, sie befinden sich bereits im B2C-Bereich;
für Gesundheitsunternehmen ist dieser Schritt jedoch zunächst eine Herausforderung.Health Relations: Was ändert sich für den Patienten bzw. Konsumenten?Fritz Heese: Patienten werden sich immer besser über Gesundheit, Krankheiten und Behandlungsmethoden informieren können als bisher.
Digital Health macht uns zu unserem eigenen Personal Coach. Armbänder erinnern uns an genügend Bewegung, dass wir genügend Flüssigkeit zu uns nehmen müssen etc. Gesundheit ist in. Das wird dazu führen, dass Patienten und Konsumenten die Möglichkeiten, sich über Gesundheit zu informieren, verstärkt nutzen und ihr Verhalten ändern werden: mehr Bewegung, besserer Schlaf, gesünderes Essen. Letztlich führt das zu einer besseren Gesundheit.
Infografik: © obs/Oliver WymanTitelbild: © iStock.com/onlyyouqj