Das Fax hat endgültig ausgedient. Oder ist der digitale Wandel in der Arztkommunikation Wunschdenken? Health Relations zeigt Ihnen, auf welche Touchpoints es ankommt, wenn Pharmaunternehmen Gehör bei Medizinern finden wollen.
Mit der Digitalisierung nimmt auch die Informationsflut zu, der Ärzte ausgesetzt sind. Zeit ist Mangelware in Praxen und Kliniken. Der richtige Weg mit dem richtigen Inhalt zur richtigen Zeit entscheidet daher über Gehör und Akzeptanz. In der Medizin findet ein Generationenwechsel statt. Viele Ärzte gehen heute
digitale Wege, um sich über Indikationen, Diagnostik und Produkte zu informieren. Klassische Kontaktpunkte dürfen in der
Ärzte Journey allerdings ebenso wenig fehlen. Über welche Kanäle erreichen Pharmaunternehmen welche Teilzielgruppen am besten?
E-Mail oder lieber doch Brief und Fax?
Die Kommunikation im Austausch mit Patienten, Apotheken und anderen Praxen verläuft größtenteils traditionell. Zu diesem Ergebnis kommt eine
Studie des Digitalverbands Bitkom.
Das Telefon ist hier weiterhin der wichtigste Kanal. Dahinter rangieren das Fax und der klassische Brief (mit je rund 20 Prozent). Das zeigt, dass auch Pharmaunternehmen die traditionellen Kommunikationswege in ihrem Marketingmix nicht außer Acht lassen sollten.
Dazu gehört auch der persönliche Besuch durch den
Außendienst. Für viele Mediziner ist das immer noch die präferierte Wahl. Diese Erfahrung teilen die meisten Pharmaunternehmen. Einer Marktforschung von AstraZeneca zufolge bevorzugen insbesondere Hausärzte mit Abstand den persönlichen Kontakt (
Health Relations berichtete).
Wie halten Ärzte und Ärztinnen überwiegend Kontakt zu ...?Klinikärzte, Frauen und Jüngere sind digitaler
Arzt ist nicht gleich Arzt. Wer Mediziner erreichen will, muss wissen, wie sie ticken. Besonders
aufgeschlossen gegenüber digitalen Formaten sind beispielsweise Klinikärzte, Frauen und Jüngere. Laut
Bitkom-Studie gibt es deutliche Unterschiede hinsichtlich Alter, Geschlecht und Niederlassung.
Sehen Ärztinnen und Ärzte die Digitalisierung eher als Risiko oder als Chance?
Für eine gelungene Arztkommunikation heißt das: Marktforschung und das Hineinhorchen in die Zielgruppen wird für den Erfolg von Pharmaunternehmen einen entscheidenden Unterschied ausmachen. Je nützlicher und natürlicher Informationen in den Arbeitsalltag eingebettet sind, desto größer ist ihre Akzeptanz. Auf Basis einer ausgefeilten
Zielgruppensegmentierung und kontinuierlichem Erfahrungsaustausch unter Kollegen gelingt es, bessere Antworten auf die Bedürfnisse von Ärzten zu finden.
Ärzte informieren sich über Fachzeitschriften und Fachportale
Gerade während der Coronapandemie suchen Ärzte nach schnellen Antworten auf spezifische Fragestellungen. Dazu nutzen sie glaubwürdige Fachzeitschriften und Fach-Websites, die schnelle und wissenschaftlich fundierte Informationen liefern.
Die jüngste
LA-MED Facharzt-Studie zur beruflichen Mediennutzung von Medizinern ergab beispielsweise, dass rund
zwei Drittel aller Fachärzte in Deutschland das Deutsche Ärzteblatt Woche für Woche lesen. Auch die Online-Ausgabe
aerzteblatt.de steigerte die Zugriffszahlen während der Pandemie auf bis zu rund 14 Millionen Page Impressions. Laut einer
Untersuchung der Hochschule Heilbronn zählt das Online-Portal zu den wichtigsten Gesundheitswebsites in Deutschland.
Wenn Pharmaunternehmen also Allgemein- und Fachmediziner erreichen wollen, bieten sich Fachportale an, über die sie ihre Informationen gezielt vermitteln können. Seit kurzem finden sich auf aerzteblatt.de auch
Sonderpublikationen mit Inhalten aus der Pharmaindustrie, die auch als Beileger in der Print-Ausgabe zu finden sind.
Ärzte via E-Learning und Expertendialog informieren
Viele Pharmaunternehmen haben im vergangenen Jahr
virtuelle Weiterbildungsformate ins Leben gerufen. Oft mit unglaublich guter Resonanz bei den Ärzten. Die Vorteile der digitalen Veranstaltungen liegen auf der Hand: Teilnehmer sparen Reisezeit und sind durch Streaming-Möglichkeiten zeitlich flexibel. Vielfältige Formatvarianten bieten dabei Abwechslung und hohen Unterhaltungswert.
Möglichkeiten für die fachliche Information und Weiterbildung sind
Webinare, Podcasts oder Roundtable-Diskussionen. Gerade der Expertendialog verspricht durch glaubwürdige Testimonials einen hohen Informationswert und Multiplikatoreneffekte.
Erfahrene Anwender diskutieren dabei beispielsweise mit interessierten Fachkollegen, vermitteln Neuigkeiten zu Indikationen via Impulsvortrag oder Best-Practice-Beispiel. Virtuelle Fortbildungsveranstaltungen sind im digitalen Marketing-Mix auf dem Vormarsch.
Virtuelle Peer-to-Peer-Treffen
Kleinere virtuelle Termine mit meist nicht mehr als fünf Ärzten sind wichtige Interaktionspunkte für Pharmaunternehmen geworden (
Health Relations berichtete). Der Außendienst schließt sich dabei in einem
Video-Call mit Ärzten oder auch dem Praxisteam zusammen, erläutert Indikationen oder zeigt Neuheiten. Manchmal laden die Pharmareferenten
Experten zu den virtuellen Treffen ein.
In diesem persönlichen Format können Unternehmen Vertrauen aufbauen und Mediziner gezielt zu konkreten Fragestellungen informieren. Mit Möglichkeiten wie
eDetailling können sie dabei noch tiefer in die Wissensvermittlung einsteigen.
Newsletter-Marketing in der Rx-Branche wächst
„2020 wird zum Jahr der digitalen Newsletter-Werbung“, titelte eine
Werbeanalyse des Software-Anbieters FaktenSchmied. Demnach erreichten die Newsletter der Rx-Branche im Zeitraum von Januar bis Juni 2020 einen
Anstieg des Werbeanteils von 9 auf 12 Prozent.
Dass Ärzte diesen Kanal tatsächlich verstärkt zur Information nutzen, zeigen die Abonnenten-Zahlen des Deutschen Ärzteblatts. In den vergangenen zwei Jahren baute das Fachportal seinen
Newsletter-Dienst für verschiedene Facharztgruppen aus. Die Zahl der Abonnenten stieg innerhalb kürzester Zeit rasant an. Allein im Bereich Kardiologie belaufen sich die Anmeldungen von Ärzten inzwischen auf rund 12.250. In den vier weiteren Fachgebieten sind es nochmal rund 33.500 Mediziner, die den Service nutzen.
Newsletter sollten daher im digitalen Marketing-Mix von Pharmaunternehmen eine Rolle spielen. Das Postmailing hat das Potenzial, Informationen prägnant zusammenzufassen und genau der Zielgruppe zukommen zu lassen, für die der Inhalt relevant ist.
Weg von Push- hin zu bedarfsorientierter Pull-Kommunikation
„Kommunikation und Informationsbeschaffung auf digitalem Weg sind deutlich bedarfsgetriebener als beim persönlichen Face-to-Face-Kontakt“,
sagt Jürgen Jeske, Leiter Strategie & Konzeption bei der Hamburger acrobat.werbeagentur plus.
Konkret heißt das: Ärzte suchen gezielt nach schnellen Antworten.
Der Content ist dabei entscheidend, nicht der Kanal. Über medizinische Plattformen, Fachmedien oder unternehmenseigene Websites können Pharmaunternehmen ihrer Zielgruppe relevantes Fachwissen bereitstellen: On-demand und flexibel.
Inhalt vor Kanal
Wer Ärzte erreichen will, braucht bedarfsorientierten Content. Erst muss klar sein, welche Botschaft welche Zielgruppe interessiert, dann kommt die Auswahl des Kontaktpunkts.
Die Digitalisierung braucht dabei eine komplett andere Art von Content. „Keine langen PDFs und Handouts – die liest keiner – sondern Podcasts, Interviews und alles viel, viel kürzer“,
sagt Jana Sonntag, Vice President Innovation & Business Excellence bei AstraZeneca.
Im digitalen Kontakt müssen Inhalte also meist präzise, kurz und knackig sein. „Und es darf, neben der sicher notwendigen Fachsprache, sprachlich den weniger offiziösen digitalen Gepflogenheit entsprechen“, betont Jürgen Jeske. Mit Blick auf das geeignete Format sieht er
neben prägnanten Texten vor allem Infografiken und Video-Zusammenfassungen als relevant an, noch vor Unterlagen in Papierform, Webinaren und ausführlichen schriftlichen Informationen.
Sprache schafft Verbundenheit und Nähe
Mit den richtig gewählten Worten können Außendienstmitarbeitende unglaublich viel
Vertrauen und Nähe zu den Ärzten schaffen. Wenn Menschen aufmerksam zuhören und Mitgefühl zeigen können, fühlt sich ihr Gegenüber ernst genommen und gut aufgehoben. Darüber hinaus bekommen sie auch ein besseres Gefühl dafür, wie der andere tickt.
Aktives Zuhören und Empathie funktionieren auch über digitale Kanäle. Zwischenmenschliches lässt sich durchaus auch medial vermitteln. Klingt simpel, gerät aber in der Geschwindigkeit digitaler Informationen oftmals in Vergessenheit.
Fazit: Der Dreiklang aus Kanal, Inhalt und Sprache
Corona hat die Kontaktpunkte, über die Pharmaunternehmen, Ärzte erreichen können, nicht grundlegend verändert, aber gewinnbringend erweitert. Fax, Telefon und das 4-Augen-Gespräch werden auch zukünftig eine Rolle spielen. Digitale Informationen über Fachportale, Newsletter, Fortbildungen und virtuelle Peer-to-Peer-Treffen versprechen aber großes Potenzial in eine
zukunftsweisende Arzt-Pharma-Kommunikation. Inhalte und Sprache entscheiden dabei über die Akzeptanz in der Zielgruppe.