Junge Ärztinnen und Ärzte brennen für ihren Beruf, genauso wie ihre Kollegen aus der Babyboomer-Generation. Doch es gibt ein paar Unterschiede – und das birgt Konfliktpotenzial. Was Kliniken durch gutes Konfliktmanagement tun können, damit alle zufrieden sind.
Früher hat Professor Wolfgang Kölfen körbeweise Bewerbungen auf den Tisch bekommen. Heute ist er froh, wenn sich überhaupt noch ein Arzt oder eine Ärztin bei ihm bewirbt. So wie dem Chefarzt der Klinik für Kinder und Jugendliche der Städtischen Kliniken Mönchengladbach, geht es vielen.
Inzwischen können 75 Prozent der Kliniken offene Stellen nicht mehr besetzen.Generation Y vs. Babyboomer: Mit anderen Werten aufgewachsen
Das ist aber nicht der einzige Unterschied zu den „guten alten Zeiten.“ Der typische Bewerber von heute ist auch anders drauf als der von vor 20 Jahren: Der medizinische Nachwuchs ist größtenteils weiblich, gehört der
Generation Y an und ist mit ganz anderen Wertvorstellungen groß geworden als die Babyboomer-Generation.
Von klein auf sind sie es gewohnt, mitzuentscheiden, Dinge infrage zu stellen und schon für die kleinsten Erfolge gelobt zu werden.
Autoritäre Strukturen, wie sie von Chefärzten alten Stils gelebt werden, passen da nicht mehr in die Zeit. Zudem haben persönlichen Interessen einen ganz anderen Stellenwert bekommen. Vielen ist eine Work-Life-Balance wichtiger als eine steile Karriere.
Wer hätte es früher gewagt, im
Bewerbungsgespräch nach dem Betriebsklima zu fragen? Oder nach Überstundenregelungen und Elternzeit? „Die jungen Ärztinnen und Ärzte wissen genau, was sie wollen und was sie nicht wollen – und fordern das auch ein“, sagt Wolfgang Kölfen. „Das gab es in meiner Generation so nicht und das birgt natürlich Konfliktpotenzial.“ Umso wichtiger ist hier ein gutes Konfliktmanagement zwischen den Generationen.
Dass die jungen weniger fleißig oder desinteressierter wären, wie das vielfach unterstellt wird, das will der Chefarzt und ausgebildete Kommunikationsberater nicht unterschreiben. Überstunden werden natürlich gemacht, wenn es notwendig ist, bloß dürfen sie nicht zur Regel werden. „Die jungen Ärztinnen und Ärzte brennen genauso für ihren Beruf wie ihre Kollegen aus der Babyboomer-Generation." Aber die alten Zeiten mit 48- oder 72-Stunden-Diensten seien nun ein für alle Mal vorbei.
Chefärzte sollten umdenken und Kompromisse schließen
Das versucht der Mediziner auch seinen Kollegen nahezubringen. "Hört auf zu jammern", sagt er, "und akzeptiert die Dinge, so wie sie sind.“ Einige
Chefärzte hören so etwas gar nicht gern. Das zeigen die zum Teil erbosten Zuschriften, die er nach seinen Vorträgen zum Thema „
Generationenkonflikt“ bekommt. Veränderungen? Nein Danke, ohne mich.
Aber mit dem Kopf durch die Wand – das geht eben nicht. Keine Klinik kann es sich leisten, sein händeringend gesuchtes Personal zu verprellen. Es müssen also Kompromisse gefunden werden, die alle zufrieden stellen: die 32-jährige Assistenzärztin in Teilzeit, die keine Nachtdienste machen möchte, genauso wie den 58-jährigen Oberarzt, der sich jahrzehntelang für die Klinik abgerackert hat. Obendrein gibt es auch noch berechtigte Interessen der Klinik.
Wie aber findet man eine Schnittmenge aus den unterschiedlichen Interessen, Wünschen und Zielen? Wie löst man Neiddebatten auf und wie schafft man es, dass am Ende alle zufrieden sind?
Konfliktmanagement: gute Kommunikation ist alles
Durch Reden, durch Flexibilität und durch Offenheit, sagt Wolfgang Kölfen. „Eine gute Kommunikation ist alles.“ Manchmal helfen auch symbolträchtige Bilder, so wie das Sparschwein, das der eloquente Professor in Teambesprechungen gerne auf den Tisch stellt. „Nur wenn alle etwas hineinzahlen, kann sich auch jeder etwas herausnehmen. Das begreifen die allermeisten.“
Doch Ärzte haben im Medizinstudium weder
Kommunikation noch Mitarbeiterführung oder Konfliktmanagement gelernt. Gerade in Zeiten von Ärztemangel und Generationenkonflikt erweist sich das als schweres Manko. Das beginnt schon bei den Bewerbungsgesprächen, wo sich der Chef heute sehr gut verkaufen muss, und setzt sich Tag für Tag im Klinikalltag fort. „Junge Ärztinnen und Ärzte wollen sich wohlfühlen im Team und keinen Vorgesetzten, der immer alles besser weiß."
Darum empfiehlt er Personalern und Chefärzten dringend, regelmäßig
Kommunikationstrainer ins Haus zu holen. Am besten solche, die selbst Ärzte sind. „Die Bereitschaft, seine eigene Komfortzone zu verlassen und sich Neuem zuzuwenden, ist dann deutlich größer“, sagt der Professor.
Er hat mit externen Coachs für seine Mitarbeiter jedenfalls sehr gute Erfahrungen gemacht, weiß, dass Ärzte durch eine gute Kommunikation erfolgreicher werden, sowohl im Umgang mit Kollegen und Patienten als auch beim Lösen von Konflikten. Und das, fügt er hinzu, wirke sich auch unmittelbar auf die
Arbeitszufriedenheit aus.