Ärzte aus Heidelberg wollen etwas gegen den Fachkräftemangel tun und gründen daher eine Hochschule, die die Ausbildung von Physician Assistants vorantreiben soll.

Der Fachkräftemangel macht nicht nur Krankenhauspersonalern zu schaffen, er betrifft auch Mediziner, die unter der zusätzlichen Arbeitsbelastung leiden. Ein Ausweg aus der schwierigen Lage könnte die Ausbildung neuer Berufsbilder sein, die die Mediziner entlasten. Dazu zählt beispielsweise der Physician Assistant (PA). Er bekommt Aufgaben von einem im gleichen Arbeitsbereich tätigen, approbierten Arzt zugewiesen. Dadurch bleibt Ärzten mehr Zeit für nicht übertragbare Aufgaben wie das Stellen einer Diagnose, die Aufklärung der Patienten oder die Festlegung der Therapie. Die meisten invasiven Untersuchungsverfahren gehören ebenfalls zur Kernkompetenz eines approbierten Arztes.
"Aufgabe der Ärzte, einen Beitrag zur Entlastung zu leisten"
Heidelberger Ärztenetzwerk gründet Hoschule zur Ausbildung von Physician Assistant

Prof. Peter M Osswald (l.) und Dr. Mohammed Natour (r.) sind Mitbegründer des Ärztenetzwerks.

Um die Ausbildung solcher PAs voranzutreiben, haben Heidelberger Ärzte ein Netzwerk formiert. Das Netzwerk will  in Heidelberg eine Hochschule gründen, an der u.a. PAs ausgebildet werden sollen. Im Winter 2020 soll der Studiengang in  Kooperation mit der zweiten medizinischen Fakultät der Universität Heidelberg starten. Die Gründung ist ein ungewöhnlicher Schritt, sind doch aus den Reihen der Ärzte nicht selten Bedenken zu hören, PAs könnten ihnen die Kompetenzen streitig machen. Prof. Peter M. Osswald, Anästhesist, ist Mitbegründer des Netzwerks. Er will nicht nur die aktuelle Situation beklagen, sondern aktiv werden und handeln. „Wir möchten als Ärzte ein neues und glaubwürdiges Zeichen gegen den Fachkräftemangel setzen. Wir wollen auch zeigen, dass wir dieses Problem als Gemeinschaft, als moderne Ärzte-Genossenschaft lösen wollen und auch können“, so der Mediziner. Er sieht es auch als Aufgabe der Ärzte, einen Beitrag zu leisten, zum Beispiel durch die Schaffung eines akademischen Berufsbilds zur Entlastung der Ärzte in der Klinik und in der Praxis.

Der PA soll den Arzt entlasten, nicht ersetzen

Peter M. Osswald sieht für die Krankenhäuser verschiedene Vorteile, wenn sie PAs anstellen. Aus eigener Erfahrung weiß er, dass der Arzt häufig mit bürokratischen Belangen konfrontiert wird, die einen großen Teil der Arbeitszeit einnehmen. Diese Zeit fehlt dann in der Patientenversorgung. „Der PA kann hier die Ärztin, den Arzt entlasten: Abnahme von administrativen Aufgaben, Assistenz in Anamnese, Diagnose und Therapie, OP-Assistenz. Aber es handelt sich um eine "Delegation ärztlicher Aufgaben, nicht um Substitution“, betont er. Die Entscheidungskompetenz liegt weiterhin beim Arzt. Der Mediziner sieht den PA als eine „akademisierte Fortsetzung der Kompetenz nicht ärztlicher Fachberufe“. Der Vorteil für die Kliniken: Sie erhalten höherqualifiziertes Personal, das sie wesentlich in der Alltagsarbeit entlastet. Die Bedenken vieler Ärzte, sie könnten Kompetenzen verlieren, will der Allergologe zerstreuen: „Wie immer, wenn es Neuerungen gibt, ist das Besitzstandsdenken bei uns Menschen immer sehr ausgeprägt. Da sind Ärzte nicht ausgenommen. Ich bin aber überzeugt, dass PA Schritt für Schritt die Ärzte durch ihre Leistungen überzeugen werden. An allen Orten, an denen der PA zum Zuge kommt, erlebt man das.“ Sollte sich der PA weiter durchsetzen könnte er als Beispiel für die weitere Akademisierung von medizinischen Assistenzberufen, wie etwa die Pflegeberufe, dienen. Das könnte die Arbeitsentlastung weiter vorantreiben und hätte noch einen weiteren positiven Effekt: Es könnte die Pflegeberufe attraktiver machen und für mehr Nachwuchs sorgen.
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