Die Diakonie Deutschland geht in Sachen Bewerberkommunikation frische Wege und setzt auf Influencer im Recruiting: Um ihre Zielgruppen besser zu erreichen, arbeitet sie mit dem YouTuber MaximNoise zusammen. Das funktioniert, hat aber auch seine Tücken.
Das Potential digitaler Netzwerke im Personalmarketing hat die
Diakonie Deutschland bereits 2011 entdeckt. Das Unternehmen bespielt zahlreiche Kanäle und ist auf
Facebook,
YouTube,
WordPress,
Soundcloud und
Twitter aktiv.
Diese Strategie weiterzudenken und Influencer im Recruiting einzubinden, ist aus Sicht von Diakonie-Deutschland-Personalmarketer Maja Schäfer nur folgerichtig, um in den Kern der Zielgruppe, potentielle Bewerber der Generation Y und Z, vorzudringen.
Im vergangenen Jahr starteten Maja Schäfer und ihr Team im Rahmen der Kampagne
"Soziale Berufe kann nicht jeder" ihre Kooperation mit Musiker und YouTuber Max Jäger aus Neuss. Unter seinem Künstlernamen
MaximNoise erreicht dieser auf seinem
YouTube-Kanal immerhin rund 102.000 Follower. „MaximNoise wurde uns von unserer Messeagentur für einen Auftritt an unserem Aktionsstand auf dem Kirchentag 2017 vorgeschlagen“, beschreibt Schäfer den Erstkontakt. „Er entsprach unseren Kriterien: Unser Influencer sollte sich mit sozialen Themen beschäftigen, Musik machen, um einen Auftritt gestalten zu können, für spontane Interaktionen mit dem Publikum vor Ort zur Verfügung stehen. Er sollte kein Mega-Influencer mit Millionen Followern sein, der für verschiedenste Sachen Werbung macht, sondern jemand mit einem mittelgroßen Follower-Kreis und glaubwürdig für unsere Nische.“
MaximNoise bei seinem ersten Einsatz für die Diakonie Deutschland auf dem Kirchentag 2017. Foto: Kathrin Harms
MaximNoise und die Diakonie Deutschland hatten ein Match.
Der YouTuber ist im Netz noch kein Megastar, hat sich aber eine treue Fangemeinde erarbeitet. Er ist authentisch – und hat eine Ausbildung als Rettungssanitäter absolviert. Die Affinität zu sozialen Themen und vor allem Berufen in der Gesundheitsbranche ist also gegeben. Ebenso wie die Bereitschaft zur Interaktion mit den Fans vor Ort, wie das Video "Ausbildungspantomine", das auf dem Kirchentag 2017 entstanden ist, beweist.
https://youtu.be/ZbLeVT8eR7o
Der Zusammenarbeit auf dem Kirchentag folgte eine weitere Kooperation. Ein Auftritt, Verlosungsaktionen, ein Vortrag. „Wir sind da ganz unbedarft rangegangen und wollten einfach mal schauen, was passiert“, fasst Schäfer ihr Vorgehen zusammen.
Im Herbst vergangenen Jahres erschien schließlich das gemeinsame Musikvideo
"Da sein".
Gedreht wurde das Video in einer Kita und einer Senioreneinrichtung der Diakonie Neuss. Es zeigt Szenen aus dem Alltag des Pflegepersonals, soll junge Menschen auf die Arbeit mit Menschen neugierig machen. Zum Schluss verweist der Künstler auf das
Diakonie-Karriere-Portal.
Erfolg hat seinen Preis: Influencer im Recruiting sind nicht billig. Und haben ihren eigenen Kopf.
Eine runde Sache: Das Video wurde fast 62.500 Mal geklickt. Die Zahl der User, die über YouTube auf das Karriereportal der Diakonie gelangen, hat sich verdoppelt, wie Maja Schäfer in
ihrem Blog schreibt. Sie ist grundsätzlich sehr zufrieden mit der Kooperation. "Wir haben von Max gelernt, wie man mit den Generationen Y und Z umgeht. Wie man sie begeistert und mit ihnen interagiert – und zwar nicht nur per Social Media, sondern auch im direkten Umgang vor Ort. Es macht viel Spaß, mit ihm als Influencer im Recruiting zu arbeiten. Dadurch werden auch eingefahrene Strukturen in der Organisation aufgebrochen, man wird schneller, denkt mehr um die Ecke."
Klingt prima – allerdings hat die Zusammenarbeit mit Influencern eben auch ihre Tücken. Das mussten auch Schäfer und ihr Team lernen. Beispiel: Während der eigenproduzierte Imagefilm der Diakonie die Mitarbeiter bewusst außerhalb ihres alltäglichen Umfelds zeigt, um Klischees zu vermeiden und einmal ein anderes Bild von Pflegeberufen zu zeichnen, setzt MaximNoise in seinem Musikvideo genau diese altbekannten Motive ein.
https://www.youtube.com/watch?v=kmCgWWpJ1J4
Für die Unternehmenskommunikation der Diakonie ist seine Bildsprache eigentlich zu konventionell.
Aber das muss ein Unternehmen aushalten, wenn es Influencer im Recruiting einsetzt. Wer diese zu stark einschränkt, riskiert den Verlust ihrer Glaubwürdigkeit. Das schädigt Influencer und Auftraggeber.
Künstlerische Freiheit ist das eine, dennoch sollte die Kooperation transparent für beide Seiten sein. Heißt: Die Distributionswege des Contents sollten nachvollziehbar sein und im Vorfeld besprochen werden. Ein Vorgehen, das auch Maja Schäfer empfiehlt: "
Man sollte genau nachfragen, auf welchen Kanälen der Influencer Beiträge über die Kooperation veröffentlicht. Wir hatten damit gerechnet, dass Maxim auf seinen Hauptkanälen mit 100.000 Followern über den Auftritt bei uns posten und dort einen Live-Stream senden würde", sagt sie. "Er hat aber einen zweiten Kanal für Kooperationen mit viel weniger Followern, und dort wurde dann gepostet. Er hat uns das aber gut erklärt: Um bei seinen Fans glaubwürdig zu bleiben, kann er nicht seinen Hauptkanal mit Werbung 'zuballern'. Auftritte kündigt er in den sozialen Netzwerken nicht groß an, sondern erwähnt sie nebenbei an passender Stelle in der Kommunikation mit seinen Fans. 'Da sein' landete dann aber auf dem Hauptkanal."
Fazit: Klare Vereinbarungen vermeiden Irritationen, damit ist beiden Parteien geholfen.
Influencer-Marketing ist kein Selbstgänger. Auch finanziell nicht. "Die Preise sind Verhandlungssache, aber in jedem Fall nicht supergünstig. Mehrere tausend Euro pro Kooperationsprojekt wie Auftritt oder Video sollten Personalmarketer einplanen", so Schäfer. Ein Invest, der sich anscheinend lohnt:
Angeregt durch die Initiative der Kollegen in Neuss hat die Diakonie Stetten ein ähnliches Projekt mit der Food-Bloggerin Laura alias Fruit Fairy gestartet. Auch hier werden neue Wege im Personalmarketing beschritten, um gezielter den Ausbildungsnachwuchs anzusprechen. Ein Beispiel macht Schule. Inklusive Learnings.