Health Relations sprach mit Christina Seitter von der Managementberatung Müllerschön, wie Sie kostspielige Pannen beim Besetzen von Schlüsselpositionen vermeiden.
Wenn sich der neue Inhaber einer Schlüsselposition als Flop erweist, entstehen Klinken hohe Kosten. Denn dann waren alle Ausgaben für die Personalsuche und -auswahl Fehlinvestitionen. Noch schwerwiegender sind in der Regel die Folgekosten: Bleibt eine Schlüsselposition längere Zeit verwaist, werden Entscheidungen zu spät getroffen und umgesetzt. Deshalb hier einige Tipps, wie Sie Flops bei der Personalauswahl vermeiden.
Tipp 1: Nicht nur auf die Fachkompetenz achten
Oft wird bei der Auswahl neuer Mitarbeiter fast ausschließlich auf deren fachliche Qualifikation geachtet. Denn diese lässt sich anhand der (Arbeits-)Zeugnisse und der Herausforderungen, die der Kandidat bisher bewältigte, relativ leicht bewerten. Anders ist dies bei den folgenden Faktoren:
- Findet der Bewerber einen Draht zu den Klienten, also Patienten, und Mitarbeitern, den Lieferanten und Geldgebern des Krankenhauses?
- Hat er ein „Feeling“ für die Notwendigkeiten in der Organisation? Dies zu ermitteln, erfordert Zeit und Energie. Doch die Mühe lohnt sich, denkt man an die Kosten einer Fehlbesetzung. Investieren Sie als Personalverantwortlicher deshalb ausreichend Zeit in die Personalauswahl. Dieser Prozess beginnt beim Formulieren der Anforderungen an den „Neuen“. Sagen Sie zum Beispiel nicht einfach: „Ist doch klar, was ein Verwaltungs- oder Pflegedienstleister können muss.“ Überlegen Sie vielmehr, was der Verwaltungs- oder Pflegedienstleister in Ihrem Haus konkret leisten muss.
Tipp 2: Ein detailliertes Anforderungsprofil erstellen
Ermitteln Sie im Vorfeld genau, welche Anforderungen der „Neue“ erfüllen muss – zum Beispiel, indem Sie den bisherigen Stelleninhaber, seine Vorgesetzen oder Mitarbeiter befragen. So lassen sich Situationen und Herausforderungen bestimmen, die für die ausgeschriebene Position typisch sind und die der künftige Stelleninhaber meistern muss.
"Ermitteln Sie im Vorfeld genau, welche Anforderungen der „Neue“ erfüllen muss." Fragen Sie sich auch: Wodurch unterscheidet sich zum Beispiel der ideale Chefarzt oder Stationsleiter vom Kandidaten, den Sie keinesfalls einstellen möchten? Delegiert der Wunschkandidat zum Beispiel viele Aufgaben, während der andere das meiste selbst erledigt? Hat die „Traumbesetzung“ Spaß am persönlichen Kontakt, während sich ihr Pendant hinterm Schreibtisch verbirgt?
Analysieren Sie zudem: Welche Einstellung und welche persönlichen Eigenschaften braucht der „Neue“, damit er das tun kann, was von ihm erwartet wird? So können Sie die sozialen, kommunikativen und persönlichen Eigenschaften ermitteln, die der „Neue“ braucht. Berücksichtigen Sie beim Formulieren des Anforderungsprofils auch die künftigen Anforderungen. Denn Ihr Unternehmen verändert beziehungsweise entwickelt sich – ebenso wie die gesamte Gesundheitslandschaft. Und ihr neuer Mitarbeiter? Er soll auch in fünf oder zehn Jahren noch ein Top-Mitarbeiter sein.
Tipp 3: Einen Gesprächsleitfaden entwickeln
Leiten Sie aus dem Anforderungsprofil einen Interviewleitfaden ab und benutzen Sie ihn in allen Auswahlgesprächen.
Ein solches Strukturieren der Gespräche stellt sicher, dass Sie am Schluss die Bewerberprofile gut vergleichen können - weil alle Bewerber dieselben Kernfragen beantwortet haben. Außerdem tappen Sie seltener in die Falle, dass ein rhetorisch gewandter Bewerber das Gespräch führt und Sie danach feststellen: „Verflucht, das habe ich nicht gefragt.“
Tipp 4: Den Bewerbern Aufgaben stellen
Stellen Sie den Bewerbern zudem Aufgaben, die typisch für Ihr Haus oder die vakante Position sind. Zum Beispiel: „Ein Patient randaliert auf Ihrer Station. Was würden Sie tun?“ Durch solche Fragen erfahren Sie, wie die Bewerber solche Problemstellungen lösen würden.
"Bewährt hat es sich auch, Bewerbern aktuelle Aufgaben zu stellen, vor denen das Unternehmen steht." Bewährt hat es sich auch, Bewerbern aktuelle Aufgaben zu stellen, vor denen das Unternehmen steht. Zum Beispiel: „Wir möchten ein neues Pflegemanagement-System einführen. Wie würden Sie das angehen?“ So wird meist schnell klar, ob der Bewerber der Richtige ist – zumindest wenn Sie Erfahrung im Führen von Gesprächen und Interviewen von Bewerbern haben.
Tipp 5: Die Gesprächsführung trainieren
Untrainierte Führungskräfte erzählen in Personalauswahlgesprächen oft mehr über sich und ihr Unternehmen, als dass sie fragen. Außerdem stellen sie den Bewerbern zu viele geschlossene Fragen, die diese mit „ja“ oder „nein“ beantworten können, so dass sie selbst wenig Infos erhalten. Deshalb sollten ungeübte Interviewer die richtige Gesprächsführung trainieren.
Tipp 6: Das Gespräch nicht alleine führen.
Ziehen Sie zu den Gesprächen mindestens einen Kollegen hinzu. Denn dann kann die Person, die gerade nicht das Gespräch führt,
- auf die nonverbalen Aussagen des Bewerbers achten, die oft aussagekräftiger als die verbalen sind, und
- Stichworte notieren. Denn nach dem fünften Interview weiß sonst niemand mehr, was der erste Bewerber sagte.
Tipp 7: Die Gespräche nachbereiten
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Ergänzen Sie nach jedem Gespräch Ihre Notizen. Und stellen Sie nach Beendigung der Auswahlgespräche Ergebnisse zusammen."Wichtig ist auch eine sorgfältige Nachbereitung der Gespräche. Ergänzen Sie nach jedem Gespräch Ihre Notizen. Und stellen Sie nach Beendigung der Auswahlgespräche die Ergebnisse so zusammen, dass Sie die Bewerberprofile gut mit dem Anforderungsprofil vergleichen können.
Erstellen Sie, bevor Sie die Entscheidung treffen, ein Ranking der besten Bewerber. Dann haben Sie Alternativen parat, wenn Ihr Wunschkandidat absagt.Tipp 8: Auf Verstand und Bauchgefühl vertrauen
Sprechen Sie beim Erstellen des Rankings mit Ihren Kollegen auch darüber, warum Sie beim Bewerber A, obwohl er formal alle Kriterien erfüllt, ein „eher schlechtes Gefühl“ haben; außerdem beim Bewerber B den Eindruck, er könne der bessere Mitarbeiter sein, obwohl er einzelne Anforderungen nicht ganz erfüllt. Denn selbst mit der besten Vorbereitung und Gesprächsführung erzielen Sie bei Auswahlgesprächen nie absolut objektive Ergebnisse, denn in ihnen versucht sich jeder Bewerber, möglichst positiv zu verkaufen. Das heißt, er gibt Ihnen „geschönte“ Antworten.
Auswahlgespräche bilden zudem nie den Arbeitsalltag ab. Deshalb sollten Sie auch auf Ihren Bauch hören, wenn er Ihnen sagt: „Dieser Bewerber ist es trotz aller Vorzüge nicht“ – jedoch nie ohne sich zuvor zu fragen: Warum sträuben sich mir bei ihm die Nackenhaare? Sonst ist die Gefahr groß, dass Sie die funktionalen Anforderungen aus dem Blick verlieren und rein nach Sympathie entscheiden – was zu den meisten Fehlbesetzungen führt.
Christina Seitter
Christina Seitter arbeitet als Trainerin und Beraterin für die Managementberatung Müllerschön, Starzeln bei Tübingen (www.muellerschoen-beratung.de). Sie ist auf die Themen Personalauswahl, -diagnostik und -entwicklung spezialisiert.Beitragsbild: istock.com/filadendron