Nahezu jedes deutsche Krankenhaus macht sich heute Gedanken, wie es an neue Pflegekräfte kommt. Manche Kliniken stechen dabei mit ungewöhnlichen Ideen hervor. Wir stellen Ihnen zwei vor.
Ev. Krankenhaus Mettmann lädt zum Kochkurs ein
Pflegekräfte wollen kreativ umworben werden – das dachte man sich am
Evangelischen Krankenhaus Mettmann (EVK) und lud zu kulinarischer Überzeugungsarbeit ein: Unter dem Motto "Auf Messers Schneide – intensiver Kochkurs für Intensiv-Pflegekräfte" konnten im September interessierte examinierte Pflegekräfte bei einem
mediterranen Kochabend im hauseigenen Restaurant den Kochlöffel schwingen und ganz nebenbei eine Vorstellung davon bekommen, wie es wäre, für das EVK zu arbeiten.
"Bewerber wollen sich heute nicht mehr durch lange Bewerbungsprozesse oder komplizierte Online-Karrierewebsite arbeiten"
Beim Kochabend gab es mediterrane Küche. © Ev. Krankenhaus Mettmann
Das Krankenhaus hat eine Besonderheit: Direkt im Haus gibt es eine Gastronomie, die tagsüber für die Verpflegung des Personals genutzt wird, abends aber ein reguläres Restaurant ist. "Zu dem Termin haben wir Pflegekräfte unserer Intensivstation hinzugebeten, sodass direkt die richtigen Ansprechpartner und vor allem potenzielle zukünftige Kollegen vor Ort waren", sagt
Hannah Lohmann, Presse- und Öffentlichkeitsarbeit. Im letzten Jahr konnte das Krankenhaus seine
Intensivstation vergrößern, was wiederum
mehr Personal erforderte. Hintergrund für die Aktion war die Überlegung, Bewerbern einen
schnellen und unbürokratischen Weg zu eröffnen, um Kontakt mit dem Krankenhaus aufzunehmen.
"Bewerber wollen sich heute nicht mehr durch lange Bewerbungsprozesse oder komplizierte Online-Karrierewebsite arbeiten", so die Pressesprecherin. Der gemeinsame Kochabend biete eine Gelegenheit, sich von den Vorzügen des Krankenhauses und seinem Angebot für Angestellte zu überzeugen: verschiedene Maßnahmen, die die
Vereinbarkeit von Familie und Beruf unterstützen, die
Möglichkeit zur Netto-Entgelt-Optimierung (also eine Auszahlung von Sachwerten statt einer Bruttolohnerhöhung),
kostenfreie Shiatsu-Massagen am Arbeitsplatz oder ein
hauseigenes Fitnessstudio. Die Idee kam gut an, berichtet Hannah Lohmann: Vier unterschriebene Verträge gingen daraus hervor. In Anbetracht der Tatsache, dass Pflegekräfte für einen speziellen Bereich gesucht wurden, ist das ein guter Erfolg.
Klinikum Gütersloh setzt auf AirBnB für Pflegekräfte
Andreas Tyzak, Kaufmännischer Direktor des Klinikum Gütersloh GmbH © Klinikum Gütersloh GmbH
Die Plattform GigWork bringt Kliniken mit potenziellen Mitarbeitern zusammen, die nur für eine begrenzte Zeit arbeiten wollen. Das tun sie aber nicht als Angestellte einer Zeitarbeits-Firma oder als Freelancer, sondern in einer Festanstellung direkt im Krankenhaus. "Durch die Nutzung von GigWork könne das Klinikum auf diesen, von den Pflegekräften zunehmend geäußerten Wunsch nach
mehr Flexibilität reagieren", sagt Andreas Tyzak, Kaufmännischer Direktor des
Klinikums Gütersloh. "Es kommt immer wieder vor, dass sich Pflegekräfte nicht dauerhaft an einen Arbeitgeber binden oder ihre Arbeitszeiten nicht von vorneherein festlegen möchten." Dazu zählen zum Beispiel Mütter oder Väter, die gerade aus der Elternzeit kommen und erstmal ausprobieren möchten, wie Job und Familienleben ausbalanciert werden können, aber auch Studierende, die in den Semesterferien arbeiten wollen oder Interessenten, die schon wissen, dass sie nur eine begrenzte Zeit in der Region bleiben werden. "Diesen Pflegekräften kommen wir mit den
Kurzzeit-Arbeitsplätzen entgegen. Auch für ausgebildete Pflegerinnen und Pfleger, die aus unterschiedlichen Gründen aus dem Beruf ausgeschieden sind, aber gerne wieder einsteigen möchten, kann dieses Modell interessant sein", ergänzt Andrea Eickhoff, Pflegedirektorin. Mit dem Konzept geht das Krankenhaus neue Wege. In der Region Ostwestfalen-Lippe sind sie die ersten, die diese Option testen.
GigWork auch für Ärzterekrutierung interessant
Die Personalverantwortlichen beim Klinikum können sich auch vorstellen, die
Plattform für das Anwerben von Ärzten zu nutzen, obwohl GigWork primär nicht für die Rekrutierung von Ärzten konzipiert wurde. "Wir halten es aber durchaus für vorstellbar, zukünftig auch Stellen für Ärzte über die Plattform auszuschreiben, um Medizinern, die bislang auf Honorarbasis gearbeitet haben, eine Alternative zu bieten", so Andreas Tyzak.
Andrea Eickhoff, Pflegedirektorin, Klinikum Gütersloh GmbH © Klinikum Gütersloh GmbH
Das Klinikum Gütersloh nutzt GigWork jetzt seit etwa sechs Wochen. "Neue Mitarbeiter, die über die Plattform auf uns zugekommen sind, haben wir in diesem kurzen Zeitraum bislang noch nicht eingestellt", sagt Andrea Eickhoff. Ihnen sei bewusst, dass GigWork eine neue Form der Fachkräftegewinnung sei und dass dieser Service erst anlaufen und bekannt werden müsse. Die Rückmeldungen seien jedoch positiv, berichtet Andreas Tyzak. Es komme gut an, dass sich das Krankenhaus alternative Gedanken mache und sich
an die veränderten gesellschaftlichen Rahmenbedingungen und die neue Arbeitswelt anzupassen suche.