Patienten informieren sich online über Kliniken – bereits wenige schlechte Bewertungen können abschreckend wirken. Welche Möglichkeiten gibt es, dagegen vorzugehen?

Der Artikel 5 des Grundgesetzes gewährleistet in der Bundesrepublik Deutschland eine freie Meinungsäußerung. Auf diese berufen sich Bewertungsplattformen, wenn sie Profile von Kliniken anlegen. In den Profilmasken geben Patienten dann ihre Bewertungen ab – positive oder negative –, je nach individueller Erfahrung.

Meinungsäußerung vs. falsche Tatsachenbehauptung

„Wenn ein Patient ein Klinikum gut oder schlecht findet, dann hat er das Recht, sich im Netz dementsprechend zu äußern“Juristisch ist dagegen nichts einzuwenden. Grundsätzlich darf man ein Krankenhaus bewerten, wenn man persönlich anwesend war und sich eine Meinung bilden konnte. „Wenn ein Patient ein Klinikum gut oder schlecht findet, dann hat er das Recht, sich im Netz dementsprechend zu äußern“, sagt der Rechtsanwalt und Fachanwalt für Medizinrecht Jens-Peter Jahn. Kann die Meinungsäußerung allerdings als Beleidigung aufgefasst werden oder wird sogar eine falsche Tatsachenbehauptung aufgestellt, dann ist das Entfernen der Bewertung möglich. Auch hier zählt wieder der Wortlaut: Schreibt der Patient: „Ich denke, mir ist die Frakturschiene falsch angelegt worden“, dann kann dies noch als Meinungsäußerung ausgelegt werden. Schreibt er hingegen: „Mir ist die Frakturschiene falsch angelegt worden“, dann wird eine Tatsache behauptet, gegen die man juristisch vorgehen kann.

Kein alleiniges Portal der DKG

Das Portal Klinikfinder der BKK zeigt Bewertungen von Patienten

Das Portal Klinikfinder der BKK; © bkk-klinikfinder.de

Bewertungsplattformen für Krankenhäuser betreiben die verschiedenen Krankenkassen. So gibt es etwa den Klinikführer der Techniker Krankenkasse, den Klinikfinder der Betriebskrankenkassen oder die Weisse Liste,die von der Bertelsmannstiftung in Zusammenarbeit mit der AOK und der Barmer entwickelt wurde. Auch die Bewertungsplattform jameda führt eine Klinikliste, wobei sich jameda am Markt eher als Arztbewertungsportal positioniert hat. Die Bewertung eines Klinikums setzt sich aus verschiedenen Parametern zusammen. Es gibt "weiche" Fakten (aus Patientenbefragungen) und "harte" Fakten (aus bundeseinheitlich erhobenen Daten). Die deutsche Krankenhausgesellschaft (DKG) kritisierte vor einigen Jahren, dass weiche und harten Fakten miteinander vermischt würden und so keine objektive Darstellung geleistet werde. Die DKG schlug vor, die Bewertungsportale der Krankenkassen zu schließen und stattdessen die Berichte des neu gegründeten Instituts für Qualitätssicherung und Transparenz im Gesundheitswesen (IGTIG) als alleinige Bewertungskriterien zu etablieren. So weit ist es nicht gekommen, und auch in der Zukunft hält Jahn dies für juristisch schwer umsetzbar: „Es spricht nichts dagegen, dass die DKG ein eigenes Portal gründet, aber wenn auf den Portalen der Krankenkassen eindeutig kenntlich gemacht wird, welche Bewertungen aus Datenerhebungen hervorgingen und welche Inhalte auf persönlicher Meinungsäußerung beruhen, dann wird man eine Löschung der Krankenkassenportale kaum durchsetzen können.“ https://www.youtube.com/watch?v=LWExE3Ivbig Hier erklärt der Comedian und Arzt Eckart von Hirschhausen, warum man als Patient das Portal "Weisse Liste" nutzen sollte.

Vorgehen bei schlechter Bewertung:

1. Portal direkt kontaktieren

Hat man als Klinikum eine schlechte Bewertung bekommen und hält diese für nicht zutreffend, nutzt man am besten das Beschwerdemanagement des jeweiligen Portals. Denn nachdem man seine Beschwerde formuliert hat, wird die entsprechende Bewertung geprüft und deshalb zunächst deaktiviert. Der Kundendienst des Portals ist nun in der Beweispflicht: Er schreibt den Patienten an und bittet um Stellungnahme. Antwortet der Patient nicht, bleibt die Bewertung deaktiviert. Belegt der Patient seine negative Bewertung so plausibel, dass der Portalbetreiber sich im Falle einer gerichtlichen Auseinandersetzung im Recht sieht, wird die negative Bewertung wieder aktiviert.

2. Prozess führen

Besteht man nach dieser erneuten Aktivierung noch immer auf der Löschung der Bewertung, hilft nur noch der Gang zum Gericht. Bis zum Richterspruch kann es aber dauern, ein Jahr bis hin zu mehreren Jahren sind – je nach Auslastung des jeweiligen Gerichts – keine Seltenheit. Der letzte Prozess zu diesem Thema zog sich zweieinhalb Jahre hin  (Ur. v. 03.03.2017 - 25 O 1870/15 des Landgerichts München I). Leider muss man diese Geduld aufbringen, denn die Einleitung eines Eilverfahrens, das den Prozess beschleunigen würde, hält Jahn bei Gerichtsprozessen über Negativbewertungen für schwer durchsetzbar. Positiv vermerkt sei an dieser Stelle, dass es nur selten zum Prozess kommt. Wenn die Löschpflicht für schlechte Bewertungen plausibel begründet ist, löschen die Portalbetreiber oft selbst.
Fachmann für Klinik-Bewertungen: Rechtsanwalt Jens-Peter Jahn

Rechtsanwalt Jens-Peter Jahn; Quelle: Privat

Seit 14 Jahren ist Jens-Peter Jahn in einer auf Medizinrecht spezialisierten Wirtschaftskanzlei tätig. Zu seinen Mandanten gehören Krankenhäuser, Zahnärzte, Ärzte und Psychotherapeuten. Neben der Tätigkeit im Mandat ist Herr Jahn als Dozent tätig und veröffentlicht als Autor in verschiedenen Printmedien.
Titelbild: © iStock.com/Oko_SwanOmurphy