In keiner anderen Klinik Deutschlands werden mehr Patienten mit Lungenkrebs behandelt als in der Thoraxklinik Heidelberg, die zu der Heidelberger Uniklinik gehört. Als Medizinischer Geschäftsführer der Thoraxklinik weiß Univ.-Prof. Dr. med. Felix Herth, wie man ein Klinikum führt. Ungewöhnlich in der heutigen Zeit: An Bewerbern für offene Stellen mangelt es ihm nicht.
Um neue Ärzte anzulocken, setzen Kliniken auf verschiedene Strategien. Auf
die Ausgestaltung von Stellenanzeigen wie zum Beispiel im Deutschen Ärzteblatt wird immer mehr Wert gelegt, Programme zur Vereinbarkeit von Beruf und Familie werden weiterentwickelt, das Klinikum Dortmund machte vor einigen Wochen sogar mit einem
OP-Geräuschvideo auf sich aufmerksam.
Gute Reputation und gelebte Ausbildungskonzepte
Anders läuft es bei der Thoraxklinik Heidelberg. Hier ist man beim Personalmarketing zwar auch kreativ, doch bei Bewerbern punktet das Klinikum vor allem mit anderen Argumenten: "Die Thoraxklinik Heidelberg hat einen gewissen nationalen Ruf, so dass wir bisher nie Probleme hatten, offene Stellen zu besetzen. Hinzu kommt, dass wir ein Universitätsstandort sind.
Wenn ein Student oder eine Studentin im PJ sieht, dass diese Ausbildungskonzepte nicht nur auf dem Papier existieren, sondern auch gelebt werden, ist die Bereitschaft da, sich bei uns zu bewerben", sagt der Medizinische Geschäftsführer der Klinik, Prof. Herth.
Flache Hierachien und ein guter Führungsstil
Aber nicht nur die Reputation und das Weiterbildungsprogramm sind Attraktivitätsfaktoren.
Auch der Führungsstil von Chefärzten ist wichtig, um gutes Personal zu binden. So hat die Aussage
"Ein guter Chirurg zu sein, ist nicht mit Familie vereinbar" von Prof. Dr. Izbicki auf dem diesjährigen Ärztetag bei den jungen zuhörenden Ärzten und Ärztinnen für Erregung gesorgt. Vor zwanzig Jahren hätten die Newcomer wohl noch mit den Schultern gezuckt, jetzt bildete sich eine lange Schlange vor dem Mikrofon am Rednerpult. Fragt man Prof. Herth nach Erfolgskriterien für eine gute Mitarbeiterführung, sagt er: "
Ein Kriterium ist, sich als Chefarzt deutlich weniger wichtig zu nehmen und auf die Bedürfnisse derjenigen einzugehen, die da sind." Dazu gehört für ihn zum Beispiel, aus der Chefarztvisite keine "Prozession" zu machen. "Ich frage, ob es gerade passt und dann nehme ich mir einen Assistenten mit und mache die Visite, damit ich einmal den Patienten gesehen habe, um wichtige Fragen zu klären."
Trotzdem, der Personal- und Zeitmangel in deutschen Krankenhäusern ist nicht von der Hand zu weisen. Gerade hat der
Spiegel-Bericht einer Assistenzärztin über ihren unzumutbaren Arbeitsalltag für Betroffenheit gesorgt. Damit solche Notsituationen nicht in der Thoraxklinik vorkommen, wählt Prof. Herth ein vermeintlich einfaches Mittel: Die Kommunikation. Es gehe darum, die Arbeitsmodelle so zu gestalten, dass die jüngeren Assistenten gerne ins Klinikum kommen.
Dabei seien flache Hierarchien, die es auch dem Nachwuchs erlauben, sich ohne Angst an den Chef zu wenden, essentiell.
Mehr Personal in Teilzeit einzustellen, wäre auch eine Möglichkeit um flexiblere Arbeitszeitmodelle zu schaffen, wobei hier auch mehr Schnittstellen entstehen würden. "Wenn ich sage, morgens ist der erste Arzt da, mittags der nächste und abends der dritte, habe ich drei Übergaben bei einem Patienten. Da fehlt der Ansprechpartner."
Digitale Krankenhaussysteme und gute Bezahlung
Dennoch ist nach Meinung von Prof. Herth nicht nur das Betriebsklima für die Zufriedenheit entscheidend. Auch Geld, oder genauer gesagt das Krankenhausentgeltgesetz, spielt eine Rolle. Bei Lungenkrebs kann die medikamentöse Therapie, die Strahlentherapie oder die operative Therapie im DRG-System zwar abgerechnet werden. Aber für die langen Gespräche, die insbesondere mit chronisch kranken Patienten geführt werde, erhalten Ärzte und Pflegekräfte keine adäquate Entlohnung.
"Letztendlich wird das deutsche Krankenhaussystem immer noch mit unserer Bereitschaft Arzt zu sein, finanziert", sagt er.
Und wie sieht es mit der Zeitersparnis für Ärzte durch digitale Krankenhaussysteme aus? Schon jetzt würden digitale Krankenakten, digitale Röntgenbilder und digitale Besprechungen angelegt, sagt Prof. Herth. Allerdings müssten die Daten ja immer noch von Ärzten erhoben werden.
"Es ist einfacher geworden, die Daten zusammenzuführen, aber wie viel das im Alltag bringt, müssen wir noch sehen."Prof. Dr. med. Felix Herth ist Medizinischer Geschäftsführer und Chefarzt der Abteilung Innere Medizin - Pneumologie der Thoraxklinik Heidelberg, die zum dortigen Universitätsklinikum gehört. Sein Forschungsinteresse gilt insbesondere der Interventionellen Pneumologie und der Behandlung von COPD.Bilder: © Thoraxklinik Heidelberg