Mit dem Facharztindex errechnet das ärztliche Consulting-Unternehmen mainmedico jedes Jahr, in welchen ärztlichen Fachgebieten der Bewerbermangel besonders hoch ist. Hier kommen die Top 10 für das Jahr 2019.

Es gibt zu wenige Ärzte in Deutschland, das ist inzwischen weitläufig bekannt. Um die Anzahl an Medizinern zu erhöhen, werden in den einzelnen Bundesländern mehr Medizinstudienplätze geschaffen. Mit der sogenannten Landarztquote verpflichten sich Medizinstudierende noch vor Studienbeginn für eine spätere Weiterbildung in der Allgemeinmedizin und einer damit verbundenen Landarzttätigkeit. NRW führt als erstes Bundesland die Landarztquote ab dem Wintersemester 2019/2020 ein. Selbstverständlich ist die medizinische Versorgung auf dem Land notwendig, aber es gibt Fachgebiete, in denen die Personalsituation noch angespannter ist als in der Allgemeinmedizin, wie der diesjährige Facharztindex zeigt. Beim Facharztindex wird berechnet, wie viele angestellten Fachärztinnen und Fachärzte rein rechnerisch auf eine Anzeige im Stellenmarkt des Deutschen Ärzteblatt entfallen. Je geringer der Wert ist, desto weniger Mitbewerber gibt es auf eine Stelle. Berücksichtigt man alle Fachgebiete, kommen im Jahr 2018 auf eine Facharztstellenanzeige durchschnittlich 33,8 potenzielle Stellenbewerber.

Hygiene- und Umweltmediziner gesucht!

Seit einigen Jahren wird der Facharztindex nun errechnet. Einige Fachgebiete haben chronische Nachwuchsprobleme und finden sich immer wieder in den TOP 10, dazu gehört das Öffentliche Gesundheitswesen, die Psychosomatische Medizin oder die Hygiene- und Umweltmedizin. Da es in diesen Fachgebieten eine geringe Anzahl an Facharztanerkennungen gibt, ist zu erwarten, dass sich die Lage zukünftig verschärfen wird, wo bald viele Ärzte der Babyboomer-Generation in Rente gehen. Ein Fachgebiet, das im letzten Jahr nicht in der TOP 10 gelistet war, und in diesem Jahr direkt auf Platz 3 kletterte, ist die Geriatrie. Bereits jede dritte Stellenausschreibung für Internisten kam im letzten Jahr aus der geriatrischen Abteilung eines Krankenhauses, erklärtDr. Wolfgang Martin, der zusammen mit seiner Kollegin Ingrid Rebmann den Facharztindex erstellt hat. Auch in der Geriatrie wird die Nachfrage steigen und nicht sinken, denn die Zahl an älteren Patientinnen und Patienten mit Mehrfacherkrankungen nimmt zu und nicht ab. Nicht nur in Deutschland besteht ein Mangel an Ärzten. Auch in anderen Ländern existiert das Problem, wobei man sich unterschiedlicher Methoden bedient. So gibt es in Dänemark etwa hocheffiziente Superkrankenhäuser, während in den USA vermehrt mit Telemedizin kuriert wird. Ob eine Erhöhung der Zahl an Ärzten sinnvoll ist, die deutsche Antwort auf den Fachärztemangel, wird sich in der Zukunft zeigen. Bis dahin müssen die Fachgesellschaften und Kassenärztlichen Vereinigungen selbst die Werbetrommel für Fachgebiete mit Nachwuchsproblemen rühren. Und natürlich haben auch Kliniken die Möglichkeit mit besonders kreativen Kampagnen zu punkten. Das wichtigste Instrument für die Akquise neuer Mitarbeiter, so viel sei zur Beruhigung abschließend gesagt, ist und bleibt die gute alte Stellenanzeige.

3 Fragen an Dr. Wolfgang Martin zum ärztlichen Stellenmarkt

Health Relations: Herr Dr. Martin, im letzten Jahr haben wir schon einmal miteinander gesprochen. Damals sagten Sie: Bei Chefarzt- und Oberarztausschreibungen erzielen Printmedien, wie das Deutsche Ärzteblatt, die größte Reichweite. Assistenzärzte und Fachärzte suchen vermehrt online nach Stellen. Ist dies auch im Jahr 2019 so?

Dr. Wolfgang Martin, ©mainmedico GmbH

Dr. Martin: Ja, an dieser Einschätzung hat sich grundlegend nichts geändert. Health Relations: In manchen Fachgebieten herrscht laut dem Facharztindex ein besonders großer Mangel an Fachärztinnen und Fachärzten. Können Sie aus Ihrer Erfahrung als Personalberater sagen, mit welchen Methoden ein Klinikum in der Vergangenheit einen Arzt oder eine Ärztin einer dieser stark nachgefragten Fachrichtungen für das eigene Haus begeistern konnte?Dr. Martin: Hier gibt es sicherlich kein allgemeingültiges Erfolgsrezept: Was zu beobachten ist, dass die Krankenhäuser an ihren Marketingstrategien feilen, dazu zählen der eigene Internetauftritt, Anzeigenformate aber auch die Präsenz auf Karrieremessen. Außerdem werden die Stellenprofile variabler gestaltet, das betrifft z.B. Arbeitszeitmodelle, Angebote von Führungskräfte-Schulungen und konkrete Karriereoptionen. Health Relations: 4 von 5 Ärzten würden ihren Arbeitgeber wechseln, hat kürzlich eine Leserbefragung des Deutschen Ärzteblatts im Auftrag des Deutschen Ärzteverlags ergeben. Wann kommt es zu einem Stellenwechsel?
Es ist zu beobachten, dass die Bedeutung des regionalen Aspektes stark zugenommen hat.
Dr. Martin: Grundsätzlich kann man sagen, dass beim Stellenwechsel das Gesamtpaket stimmen muss. Dazu gehört das fachliche Profil der Abteilung, die eigenen Entwicklungsmöglichkeiten, die Arbeitsatmosphäre, das Gehalt, die Vereinbarkeit von Familie und Beruf sowie der Standort und das soziale Umfeld, wobei die einzelnen Komponenten individuell unterschiedlich stark gewertet werden können. Es ist aber zu beobachten, dass die Bedeutung des regionalen Aspektes stark zugenommen hat. So hat auch die Leserbefragung des Deutschen Ärzteblattes ergeben, dass zwei Drittel der Ärzte eine Stelle in ihrer Region suchen.
Zur Person: Dr. Wolfgang Martin betreibt seit über 20 Jahren zusammen mit seiner Kollegin Ingrid Rebmann mainmedico. Die beiden Personalberater vermitteln Ärzte und Ärztinnen an Akutkrankenhäuser, Fach- und Rehakliniken sowie ambulante Einrichtungen. https://www.healthrelations.de/befragung-deutsches-aerzteblatt-neuer-job/