„Unterschätzt nie die Heilkraft des Humors!“
"Lachen ist das beste Antistressmittel, das wir haben", sagt Dr. Eckart von Hirschhausen und hat unkonventionelle Vorschläge, wie die Stimmung im Krankenhaus fröhlicher wird. Aber auch für eine bessere Weiterbildung von Pflegekräften und für eine größere medizinische Beachtung des Klimawandels kämpft der Promimediziner.
Health Relations: Lieber Herr von Hirschhausen, wie kann mehr Humor in Krankenhäusern stattfinden?Einen Tag nicht gelacht ist bedrohlicher als ein Tag ohne Stuhlgang – das ist mentale Verstopfung.Dr. Eckart von Hirschhausen: Das geht schon bei der Anamnese los. Immer wird man nach Stuhlgang gefragt, dafür gibt es eine große Spalte, als sei das die wichtigste Funktion eines Menschen im Krankenhaus. Ich wünsche mir eine Spalte für die Stimmung: Wie oft haben Sie gestern gelacht? Einen Tag nicht gelacht ist bedrohlicher als ein Tag ohne Stuhlgang – das ist mentale Verstopfung. Es gibt inzwischen spezielle Workshops für Ärzte und Pflegekräfte, wo sie Techniken aus dem Improvisationstheater lernen, die es ihnen erlauben, in komischen oder angespannten Situationen gelassener zu reagieren. Es war eine historische Fehlentwicklung zu glauben, dass Ärzte, Pflegende und Therapeuten „professioneller“ sind, wenn sie keine Gefühle zeigen. Menschliche Zuwendung, emotionales Mitschwingen und die Fähigkeit, Hoffnung zu vermitteln sind wesentliche Elemente des Heilungsprozesses. Und die lassen sich auch nicht immer weiter kürzen, geschweige denn an externe Zeitarbeiter delegieren. Health Relations: In einigen Bereichen läuft es nicht rund in unserem Gesundheitssystem. Wenn Sie den Finger auf einen wunden Punkt legen müssten, welcher wäre es? Dr. Eckart von Hirschhausen: Der wundeste Punkt ist für mich in jedem Fall die Pflege und der akute Mangel an motivierten Pflegekräften. Das mag auf den ersten Blick überraschen, aber je länger ich mich mit meiner Stiftung HUMOR HILFT HEILEN um die Weiterbildung von Pflegekräften kümmere, desto klarer wird mir, wie die größte Berufsgruppe im Gesundheitswesen dringend mehr Aufmerksamkeit, Wertschätzung und Perspektive braucht. Auch die pflegenden Angehörigen leisten für diese Gesellschaft unermesslich viel. „Pflegenotstand“ ist mehr als ein betriebs- und volkswirtschaftliches Phänomen. In Wahrheit geht es um unseren Begriff vom guten Leben und den Kern unserer Humanität. Keiner hat sich selber geboren. Und niemand möchte alleine sterben. Health Relations: „Engagiert euch! Traut euch den Mund aufzumachen“, raten Sie Medizinstudenten. Würden Sie diese Tipps auch Fachärzten oder Oberärzten geben? Glauben Sie die Veränderung muss von den jungen Medizinern ausgehen?
Die Erde hat Fieber und steht kurz vor dem Multiorganversagen.Dr. Eckart von Hirschhausen: Die Erde hat Fieber und steht kurz vor dem Multiorganversagen. Ein echter Notfall, bei dem auch keine Wadenwickel und Abwarten helfen, sondern drastische politische Maßnahmen: Raus aus der Braunkohle und anderen fossilen Brennstoffen, weniger Fleischproduktion, weniger Fernflüge etc. Denn die größte Herausforderung für die globale Gesundheit ist der Klimawandel. Das ist ein Thema, zu dem sich jeder positionieren muss, aber gerade auch wir Ärzte, durch alle Alters- und Fachgruppen. Ich bin durch ein Interview für meine Zeitschrift HIRSCHHAUSEN GESUND LEBEN mit der ehemaligen Schimpansenforscherin Jane Goodall und dem Club of Rome Vizepräsidenten Ernst Ulrich v. Weizsäcker selber erst seit einem Jahr so richtig auf den Zusammenhang von Gesundheit und Überhitzung der Atmosphäre gestoßen. Die Debatte aus medizinischer Sicht wird international in Zeitschriften wie dem Lancet bereits geführt, und es ist höchste Zeit, dass sich auch in Deutschland mehr tut. Es gibt eine Studierendengruppe beim BVMD Mensch und Umwelt, die auch Teil der Allianz Klima und Gesundheit sind. Als ich eine der Medizinstudierenden fragte, warum sie sich für das Thema engagiert, sagte sie direkt: „Weil das unsere zukünftigen Patienten sind!“ Health Relations: In Witten und einigen anderen Universitäten in Deutschland wird das Seminar „Arzt mit Humor“ angeboten. Wie lernt man Humor?Dr. Eckart von Hirschhausen: Wenn man seinen Humor verlieren kann, kann man ihn auch wiederfinden! Ich freue mich in Witten über eine studentische Initiative im Rahmen des Studiums Fundamentale und an der Uni Münster verpflichtend für alle Studierenden das Thema wertschätzende und motivierende Kommunikation mit dem Thema Humor in der nächsten Generation zu verankern. Humor ermöglicht, die Perspektive zu wechseln, in echten Kontakt und zu neuen Lösungen zu kommen. Wenn man als Arzt keinen Sinn für Humor hat – welchen dann? Health Relations: Das neue Jahr hat gerade begonnen. Was wünschen Sie sich für das Jahr 2019? Dr. Eckart von Hirschhausen: Wünsche! Weltfrieden. Genug zu essen für alle. Ein Ende der menschengemachten Ressourcenverschwendung und Klimaerwärmung. Glück und Gesundheit als Schulfach für alle. Und dass es meine Programme und Bücher auf Krankenschein gibt. Sie kennen nicht zufällig eine gute Fee?
Dr. Eckart von Hirschhausen (Jahrgang 1967) studierte Medizin und Wissenschaftsjournalismus in Berlin, London und Heidelberg. Seit über 20 Jahren ist er als Komiker, Autor und Moderator in den Medien und auf allen großen Bühnen Deutschlands unterwegs.