Vorstellungsgespräch: Wie bereiten Sie sich als Personaler darauf vor?
Persönliche Beziehung statt Fragenkatalog
Überhaupt ist der Aufbau einer persönlichen Beziehung der Königsweg: „Am besten sind die Gespräche, in denen beide Seiten fast vergessen, dass es eine künstliche Situation ist." Dafür sollte bereits im Vorfeld nach Gemeinsamkeiten gesucht werden. Das kann ein gemeinsamer Kontakt sein, wie ein Professor aus dem Studium, oder eine Fortbildung, die beide besucht haben. Dazu ist auch der Blick in soziale Business-Medien, wie Xing oder LinkedIn, hilfreich. „Solche Anknüpfungspunkte sind perfekte Eisbrecher“, betont die Mitgeschäftsführerin von SOLUTE recruiting.„Das wichtigste für ein gelungenes Bewerbungsgespräch ist eine vertrauensvolle Atmosphäre."Der starre Fragenkatalog ist nicht mehr zeitgemäß. „Ein gestelztes oder gezwungenes Ping-Pong-Frage-Antwort-Spiel mit abgelesenen Fragen gilt als No-Go." Stattdessen empfiehlt sie ein sogenanntes teilstrukturiertes Interview, das Orientierung und Flexibilität zugleich bietet. Heißt: Es werden Kernkompetenzen definiert, die für die ausgeschriebene Stelle nötig sind. Dazu gehören etwa Teamfähigkeit oder Führungsstil sowie zusätzliche „Nice-to-haves“. Diese sollten bei allen Bewerbern auf eine Stelle gleich sein, um anschließend besser vergleichen zu können.
Entwickeln Sie Szenarien für den Bewerber
Konkrete Fragen zu notieren, ist dafür nach wie vor ratsam. Der alte „Abhakpunkt“ nach Stärken und Schwächen gilt jedoch als out, denn auf diese bereiten sich die Kandidaten ohnehin gut vor. Spannender ist es, Szenarien zu entwerfen und dann retroperspektivisch zu fragen: Haben Sie das vielleicht schon mal erlebt? Und wie haben Sie das Problem dann gelöst? Oder den Blick in die Zukunft richten und in den Raum werfen: Was würden Sie in dem Fall tun? Auf diese Weise lassen sich bei Nachwuchskräften Unsicherheiten und Potenziale abklopfen. „Meine persönliche Lieblingsfrage zurzeit ist: Was müsste ich als Vorgesetzter tun, damit Sie sofort kündigen? Damit lockt man Bewerber aus der Reserve und bekommt richtig authentische Antworten“, empfiehlt die Headhunterin.„Meine persönliche Lieblingsfrage zurzeit ist: Was müsste ich als Vorgesetzter tun, damit Sie sofort kündigen?"Auch die Definition der eigenen Werte ist zuvor nötig, um sie mit denen des Bewerbers abzugleichen. Denn: „Wenn ich zuverlässig bin, Termintreue hochhalte und mein Gegenüber ist nur karriereorientiert, wird das crashen“, erläutert die 37-Jährige, die schon hunderte Bewerbungsgespräche geführt und analysiert hat. Im Detail kommt es natürlich immer auf das Level der vakanten Position an. Und vor allem: Handelt es sich um besonders gefragte Talente, bei denen Klinken unter Umständen mehr Kompromisse machen müssen? In diesen Fällen sollte überlegt werden, was das Wichtigste ist. Wenn zum Beispiel ein Chirurg fachlich sehr gut ist, menschlich aber nicht sehr überzeugend wirkt, bleibt abzuwägen: Hat er Patientenkontakt oder vergrault er womöglich mein Team?
Employer Branding: Was sind die USPs Ihrer Klinik?
Darüber hinaus ist es unerlässlich, die USPs des Arbeitgebers zu kennen. „Das haben viele Kliniken tatsächlich nicht auf dem Schirm. Sie wissen gar nicht, was sie besonders macht“, so die Berlinerin. Und das ist sehr schade! Denn genau damit können Arbeitgeber die Werbetrommel rühren. Ganz geschickt gelingt dies übrigens mit der Frage: „Was wäre Ihnen als zukünftiger Kollege wichtig?“. Passt die Antwort zum Portfolio der Klinik, ist der Satz „Oh, da werden Sie sich aber bei uns wohlfühlen“ ein guter Köder. Außerdem ist die Vorbereitung auf Bewerberfragen notwendig. Diese wollen im Allgemeinen wissen: Welches Instrumentarium ist vorhanden, mit wem wird kooperiert, Fall- und Eingriffszahlen, Größe der Abteilung, Dienstbelastung, die Kultur des Trägers und die Weiterbildungsermächtigungen des Vorgesetzten. Und über Fachliches, vorzugsweise auch in der Tiefe, wird immer gerne geplaudert.Wie viele sollten beim Vorstellungsgespräch dabei sein?
„Ich bin ein Freund kleiner Runden, um das erste Gespräch so niedrigschwellig wie möglich zu halten." Das gilt vor allem für Krankenhäuser, in denen die Terminkalender der Entscheider voll sind. Allerdings ist es dann umso wichtiger, dass allen Beteiligten bewusst ist, dass es sich um ein beidseitiges Verkaufsgespräch handelt. Auf keinen Fall darf der Eindruck eines Tribunals erweckt werden. „Das kommt leider immer noch häufig vor, ist aber ein echter Killer im umkämpften Gesundheitsmarkt“, sagt Christina Krey, die seit Jahren Führungskräfte in der Gesundheitswirtschaft eignungsdiagnostisch unter die Lupe nimmt und für Kunden vorauswählt. Und auch die Logistik will vorbereitet sein, was im Eifer des Gefechts gerne mal vergessen wird. Also: Weiß die Sekretärin, dass Frau XY auftaucht? Wo wartet sie? Stehen Getränke bereit? Ist der Besprechungsraum vorbereitet? Wer weniger routiniert ist, kann sich dabei an folgender groben Struktur- und Zeiteinteilung orientieren. Vorstellungsgespräche laufen klassischerweise in fünf Phasen ab: Begrüßung/Smalltalk zum Warmwerden (5 Minuten), Vorstellungsrunde aller Gesprächsteilnehmer (5 bis 10 Minuten), Vorstellung durch und Fragen an den Kandidaten (30 bis 40 Minuten), Unternehmensvorstellung (5 bis 10 Minuten), Rückfragen des Bewerbers (10 Minuten), Abschluss (5 Minuten).Bewerber teilen Erfahrungen in Social Media
Bewerber teilen ihre Erfahrungen immer öfter in den sozialen Medien und auf Arbeitgeberbewertungsportalen mit. Also lieber ein paar Minuten mehr als weniger in die Vorbereitung investieren!Christina Krey ist seit 2014 als Personalberaterin bei SOLUTE recruiting in der Auswahl und Besetzung von Führungspositionen in der Gesundheitswirtschaft tätig. Sie führt neben zahlreichen Interviews auch regelmäßig Assessment Center für Kunden durch. Als ausgebildeter Coach und weitergebildete Organisationsberaterin begleitet sie zudem Klienten und Unternehmen in Veränderungsprozessen.