Bloß schnell nachbesetzen, keine Störungen im Arbeitsablauf riskieren und zügig reagieren angesichts des knappen Guts an qualifizierten Fachkräften – ein Gedankengang, den sicherlich viele Personalverantwortliche durchlaufen, wenn eine Stelle in ihrer Einrichtung frei wird. Dabei kann genau das auch schnell mal nach hinten losgehen.
Mit einem durchdachten,
gut formulierten Anforderungsprofil und
enger Tuchfühlung mit dem Kandidaten erhöhen sich die Chancen, dass Erwartungen und Arbeitsrealität in die gleiche Richtung laufen. Somit können Kliniken das bekommen, was sie brauchen und Bewerber das finden, was sie suchen. Eine
Win-Win-Situation für beide Parteien und eine
gute Basis für eine langfristige Zusammenarbeit.
Der Deutsche Ärzteverlag hat mit Thomas Giesemann, Leitung Personalmanagement der AMEOS Gruppe Zürich, über dieses Thema gesprochen.
Herr Giesemann, wie gehen Sie bei der Nachbesetzung frei werdender Stellen vor?Thomas Giesemann: Oft denken Kliniken nur an eine schnelle Nachbesetzung.
Damit verpassen sie die Chance, die eine Nachbesetzung bietet. Das Unternehmen sollte sich darüber klar werden, wen genau es sucht, welche Kompetenzen der neue Chef- oder Oberarzt haben sollte. Wichtig ist eine detaillierte Stellenbeschreibung mit Kompetenzprofil.
Thomas Giesemann, Leitung Personalmanagement der AMEOS Gruppe Zürich, über die Chancen einer Stellenbesetzung, Kompetenzprofile und strukturierte Interviews.
Wer definiert dieses Profil?Thomas Giesemann: Wir haben den großen Kreis gewählt. Auch die Mitarbeitenden sollen sich dazu äußern, wie sie sich ihre künftigen Chefs vorstellen.
Daher binden wir viele Mitarbeitende ein, vom Assistenzarzt bis zum Chefarzt, vom Mitarbeiter HR über die Ebene der regionalen Geschäftsführung bis hin zum Vorstand.
Besonderes Augenmerk legen wir auf die Beteiligung der großen Berufsgruppe Pflege. Das Pflegepersonal ist meist weitaus länger im Krankenhaus tätig und gibt daher wertvolle Einblicke, die insbesondere bei der Definition eines Stellenprofils hilfreich sind. Mit dieser engen Vernetzung der Berufsgruppen gelingt es uns umso mehr, Prozesse zu beschleunigen und Arbeitsabläufe zu verbessern – am Ende vor allem zum Wohle unserer Patienten.
Wie gehen Sie das Recruiting konkret an?Thomas Giesemann: In unserer Unternehmensgruppe haben wir mit Unterstützung externer Berater Stellenbeschreibungen und Kompetenzprofile herausgearbeitet und
einen bunten Strauß wichtiger Kernkompetenzen definiert: fachliche, methodische, soziale und persönliche. Auch haben wir bestimmt, was Kandidaten bereits mitbringen müssen und was wir durch eigene Fort- und Weiterbildung beitragen können. Auf die Führungskompetenzen haben wir besonderes Augenmerk gelegt. Herausgekommen ist letztlich
ein Handbuch, in dem wir das Erarbeitete festgehalten haben,
von der Idee bis zu den Fragen des strukturierten Interviews.
Was ist Ihnen in diesem Prozess besonders wichtig?Thomas Giesemann: Uns ist wichtig, dass alle Bewerber gleich behandelt werden.
Wir widmen jedem Kandidaten viel Zeit und zeigen damit Wertschätzung. Durch die jetzt erforderliche, sehr viel ausführlichere Gesprächsvorbereitung beschäftigen wir uns viel intensiver mit den potenziellen neuen Mitarbeitern.
Welches Ziel verfolgen Sie mit dieser Strategie?Thomas Giesemann: Wir möchten als Marke mehr wahrgenommen werden. Unser Ziel ist es, AMEOS noch mehr als Arbeitgebermarke zu präsentieren, die Respekt und Wertschätzung ausstrahlt und Ärzten ein Wohlfühl-Gefühl suggeriert.
Unser Ziel ist es, AMEOS noch mehr als Arbeitgebermarke zu präsentieren, die Respekt und Wertschätzung ausstrahlt und Ärzten ein Wohlfühl-Gefühl suggeriert. Wo können wir da am besten ansetzen? Natürlich bei unseren Mitarbeitern und in persönlichem Kontakt mit potenziellen Mitarbeitern.
Wenn es uns gelingt, diesen beiden Gruppen ein Gefühl von Augenhöhe und Miteinander zu vermitteln, wird dies auch weiter nach außen strahlen. Auf diese Weise werden wir mehr Bewerbungen generieren – und vor allem auch mehr passgenaue Bewerbungen. Ärzte reden mit Ärzten. Sie sind eine eingeschworene Gemeinschaft und stehen in engem Austausch. Da werden positive Eindrücke schnell weitergegeben.
Konnten Sie bereits Erfolge durch diese neue Methodik verbuchen?Thomas Giesemann: In der Tat bemerken wir einen erhöhten Bewerbungszulauf, den wir auf unseren neuen Ansatz zurückführen. Wir merken, dass sich die jungen Leute, die sich bei uns vorstellen, im Interview wohlfühlen und ein Gefühl der Vertrautheit entwickeln. Bewerber suchen nach guten Arbeitsinhalten, aber auch nach guten Vorgesetzten. Daher ist es umso wichtiger, dass die „Chemie“ stimmt und sie den Eindruck mit nach Hause nehmen, dass sich in unserer Einrichtung Zeit genommen und respektvoll miteinander umgegangen wird. Wenn dieses Wohlfühl-Gefühl von all unseren Führungskräften gelebt und unseren Bewerbern gegenüber spürbar wird, haben wir einen klaren Wettbewerbsvorteil erzielt!
Titelbild: © stokkete/fotolia.com; Bild Thomas Giesemann: © Privat