Seit das berufsrechtliche Verbot der ausschließlichen Fernbehandlung 2018 gelockert wurde, ist der Markt für Telemedizin heiß umkämpft. Auch die Rhön-Klinikum AG steigt jetzt überregional in das Geschäft ein und hat sich mit Medgate einen starken Partner an die Seite geholt. Gemeinsam streben die beiden Unternehmen die Marktführung in Deutschland an.
Medgate Deutschland, so wird der Name der neu gegründeten, gemeinsamen Gesellschaft lauten. Die
Rhön-Klinikum AG hält mit 51 Prozent die Mehrheit an dem Unternehmen, 49 Prozent fallen an den Schweizer Geschäftspartner
Medgate.
Es ist eine Art Elefanten-Hochzeit, denn beide Partner sind keine Leichtgewichte. Die Rhön-Klinikum AG zählt nach eigenen Angaben mit fünf Standorten und jährlich 830.000 Patienten zu den größten Gesundheitsdienstleistern in Deutschland. Rund 16.700 Mitarbeiter beschäftigt der Klinikkonzern. Medgate betreibt seit 2000 mit der
Medgate Tele Clinic eines der
größten ärztlichen telemedizinischen Zentren Europas und ist unter anderem bereits in den Vereinigten Arabischen Emiraten, den Philippinen, Indien und der Slowakei aktiv.
Jetzt also Deutschland. "Das gemeinsame Unternehmen mit Medgate ergänzt unser bisherige telemedizinisches Angebot, durch das wir mit anderen Kliniken, niedergelassenen Haus- und Fachärzten, Rettungsdiensten und weiteren ambulanten Partnern in der Region und darüber hinaus vernetzt sind", erläutert Stephan Holzinger, Vorstandsvorsitzender der Rhön-Klinikum AG. Neu ist dieser Bereich für den Klinikkonzern nicht. "Als Innovationsführer im Gesundheitswesen bieten wir am Campus Bad Neustadt bereits telemedizinische Leistungen an." Die Zusammenarbeit mit Medgate würde die bisherigen Leistungen sinnvoll ergänzen. "Wir sind davon überzeugt, dass wir mit unserem telemedizinischen Angebot ein neues und vielversprechendes Geschäftsfeld etablieren werden. Heutzutage wollen Patienten per Telefon, Videochat und per Formular medizinische Themen abklären, wir werden das anbieten." Für Holzinger ist der überregionale Eintritt in den Telemedizin-Markt wegweisend.
Hier geht es um nichts weniger als um die Marktführung im telemedizinischen und digitalmedizinischen Dienstleistungssegment in Deutschland. Dr. Andy Fischer, CEO von Medgate, sieht das ähnlich: "Wir teilen die Vision, dank digitaler Hilfsmittel effiziente und qualitativ hochwertige Versorgungskonzepte zu entwickeln und diese langfristig allen Versicherten in Deutschland zugänglich zu machen. Das Potential in Deutschland ist riesig."
"Wir sind die erste Krankenhausgruppe, die den Bereich Telemedizin in Deutschland im großen Stil einführen will."
Der
Ärztemangel – gerade auch in ländlichen Gegenden – ist brisant. Vor diesem Hintergrund scheinen die hohen Erwartungen an Medgate Deutschland gerechtfertigt zu sein. Dennoch: Der Markt gilt als Zukunftsmarkt, auf dem sich viele Mitbewerber tummeln. Holzinger sieht im steigenden Wettbewerbsdruck keine Gefahr. "Wir sind die erste Krankenhausgruppe, die den Bereich Telemedizin in Deutschland im großen Stil einführen will. Medgate und die Rhön-Klinikum AG sind bewährte, langjährig erfolgreiche Marken im Gesundheitswesen – dies ist ein klares Qualitätsversprechen." Zudem würden die
Ärzte speziell für den Bereich Telemedizin intensiv geschult und fest angestellt werden, um eine gleichbleibend hohe Qualität für den Patienten zu gewährleisten. "Sie durchlaufen ein speziell für
telemedizinische Beratung und Behandlung entwickeltes Fortbildungsprogramm, das seit vielen Jahren erfolgreich durch Medgate weiterentwickelt wurde. Dabei können wir außerdem auf das medizinische Know-how von Universitätskliniken zurückgreifen, der zu uns gehörenden Unikliniken in Gießen und Marburg, das hat kein anderer Anbieter."
"Der Wunsch vieler Ärzte, eine Tätigkeit in Teilzeit mit planbaren Arbeitszeiten auszuüben welche Raum für Familienbetreuung zulässt, ist ideal mit der Telemedizin vereinbar."
Qualität durch Erfahrung und hochqualifizierte Ärzte sollen Medgate Deutschland an die Spitze der telemedizinischen Versorger bringen.
Dafür braucht es neben der Akzeptanz durch die Patienten vor allem eines: Ärztinnen und Ärzte. Stephan Holzinger erwartet durch das neue Unternehmen einen positiven Einfluss auf die Arbeitgebermarke Rhön-Klinikum. "Aufgrund der flexiblen Gestaltungsmöglichkeiten in Hinblick auf Arbeitszeit und -ort stellt die Telemedizin ein interessantes Angebot zur Vereinbarkeit von Beruf und Familie dar. Der Wunsch vieler Ärzte, eine Tätigkeit in Teilzeit mit planbaren Arbeitszeiten auszuüben welche Raum für Familienbetreuung zulässt, ist ideal mit der Telemedizin vereinbar."
Klingt nach einer Traumhochzeit.
Die Gründung von Medgate Deutschland scheint nur der Anfang einer gemeinsamen Zukunft zu sein: Nach eigenen Angaben prüft die Rhön-Klinikum AG eine Beteiligungen an der Medgate Holding AG und/oder einer ihrer Tochtergesellschaften bzw. die Neugründung einer weiteren gemeinsamen Gesellschaft mit Medgate. Hier sollen Forschungsergebnisse und Know-how gebündelt, weiterentwickelt und die erforderlichen IT-Lösungen realisiert werden, um Medgate Deutschland weiter zu pushen.