Elektronische Patientenakte. Der souveräne oder gläserne Patient?
Analog first? Die Digitalisierung hat viele unserer Lebensbereiche tief durchdrungen. Aber unser Gesundheitswesen funktioniert vor allem analog.
Analog first? Das iPhone wurde in seiner X. Edition herausgegeben, und die Digitalisierung hat viele unserer Lebensbereiche tief durchdrungen. Aber unser Gesundheitswesen funktioniert vor allem analog. Rund ein Drittel aller Ärzte in Deutschland arbeitet überwiegend mit Papier.
So kreiste die Auftaktveranstaltung zur ceres Ringvorlesung „Die programmierte Gesundheit. Digitalisierung in der Medizin" am 15. November in Köln um den Status Quo der elektronischen Patientenakte und um ihre Vorteile und Risiken. Doch halt – "Elektronische Patientenakte"? Wenn wir heute von ihr sprechen, meinen viele zunächst etwas anderes."Elektronische Patientenakte": Viele Akteure, viele Konzepte
Die verschiedensten Akteure im deutschen Gesundheitswesen haben bereits unterschiedliche Initiativen mit einer ganz eigenen Vorstellung von einer elektronischen Patientenakte ins Leben gerufen: Die Kassen, die Krankenhäuser, die Länder, oder auch die Patienten selbst sind bereits mit Launches aktiv geworden. Statt einer bundesweit einheitlichen Gesundheitsakte mit identischen Zielsetzungen, Funktionen und Datenschutzbestimmungen, die den verschiedenen Akteuren vom Patienten über die Versorger bis zur Forschung durchaus Mehrwerte bieten könnte, stehen heute viele unterschiedliche Konzepte nebeneinander, die auch schnell an Grenzen stoßen.Keine einheitliche elektronische Patientenakte in Deutschland. Woran liegt das?
- Es fehlt an bundesweit einheitlichen Standards: Die Systeme der technischen Datenerfassung unterscheiden sich stark in Syntax und Semantik. Eine nahtlose Interoperabilität ist hierdurch nicht gegeben.
- Zentrale Fragen über die Inhalte und den Aufbau einer elektronischen Gesundheitsakte sind noch nicht geklärt.
- Fragen zum Datenschutz wären weiterhin: Wer hat wann Zugriff auf welche Daten? In welcher Form darf auch die Forschung auf die Daten der persönlichen Gesundheitsakte zugreifen?
- Wie hoch sind die Kosten, und wer finanziert die Akte?
Dabei könnte eine einheitliche Akte vielen nutzen. Die möglichen Vorteile:
- Verfügbarkeit aller therapierelevanten Daten
- Vereinfachte Patientenverwaltung und Abrechnung
- Keine Doppeluntersuchungen mehr
- Verbesserte Arzt-Patienten-Kommunikation
- Verbesserte interprofessionelle Kommunikation
- Unterstützte Diagnosen
- Unterstützte Therapieentscheidungen, z.B. bei Medikamenteninteraktionen
- Grundlage für neuartige Diagnostikverfahren in der Radiologie
Dennoch – welche Risiken sind noch ungeklärt?
- Gläserner Patient: Wollen wir für alle behandelnden Ärzte zu 100 % transparent sein? Neben "biologischen Sachzwängen" wie der Blutgruppe oder Allergien könnte eine Akte auch persönlichere historische Informationen enthalten, die nicht jeden etwas angehen müssen.
- Wie sicher wäre die elektronische Patientenakte gegen Datendiebstahl und Verfälschung?
- ... und gegen Strom- und Netzausfälle?
- Kann eine Anonymisierung oder Pseudonymisierung der Daten weiterhin gewährleistet werden?