Wie muss eine Kampagne konzipiert sein, die seit vielen Jahren eine breite Öffentlichkeit sensibilisiert? Sie muss sich anpassen können, um "am Puls der Zeit" zu bleiben, sagen Carolin Crockett, Pfizer Germany, und Katrin Weisbach, BCW Burson Cohn & Wolfe. Die FSME-Awareness-Kampagne setzt auf Kanalvielfalt, Influencer, Ambassadore und gute PR.
Ein
Interview mit
Carolin Crockett, Director External Communications Pfizer Germany und
Katrin Weisbach, Head of Health bei der Agentur BCW Burson Cohn & Wolfe. Erfahren Sie:
- wie Pfizer und BCW eine große, heterogene Zielgruppe gezielt ansprechen,
- wie sich die Kampagne „FSME-Vorsorge? Na, selbstverständlich!“ seit 20216 verändert hat – und welche Rolle Influencer:innen dabei spielen,
- welche Kanäle besonders gut funktionieren,
- warum die Website zecken.de so wichtig ist und
- wie der Erfolg sich in Zahlen ausdrückt
Health Relations: Kurz zusammengefasst: Welches Ziel verfolgt Ihre mehrfach ausgezeichnete FSME-Kampagne genau?
Katrin Weisbach: Wir arbeiten mittlerweile schon seit acht Jahren gemeinsam an und mit dieser Kampagne. Im Kern geht es um Aufklärung. Viele Menschen wissen, was Zecken sind und haben schon von FSME gehört. Wenige kennen aber die Vorsorgemaßnahmen, die man treffen kann, oder nehmen sie nicht so ernst. Mit der Aufklärungskampagne rücken Pfizer und wir gemeinsam das Thema Zecken-Vorsorge und natürlich auch die FSME-Impfung ins Zentrum des öffentlichen Interesses und klären auf. Und das seit 2016.
Carolin Crockett: Ich würde es vielleicht auf drei Kernpunkte reduzieren. Ich finde erstens den Punkt wichtig, eine persönliche Relevanz zu schaffen, damit die Menschen verstehen, dass FSME auch sie treffen kann. Zweitens geht es darum, die Risiken des nicht Handelns aufzuzeigen und wie schwerwiegend die Folgen einer FSME-Erkrankung sein können. Und drittens eine Aktivierung zu erreichen, damit die Menschen sich entsprechend schützen.
Health Relations: Die Zielgruppe ist sehr groß, oder? Lässt diese sich irgendwie einschränken?Carolin Crockett: Sie ist tatsächlich sehr groß. Ich mag den Begriff der breiten Öffentlichkeit nicht, aber man kann ihn hier durchaus anwenden. Eingrenzende Faktoren sind die vom RKI definierten FSME-Risikogebiete, in denen das Risiko, von einer infizierten Zecke gestochen zu werden, besonders hoch ist. Ausgehend davon kann man die Zielgruppen dann doch näher umreißen: Menschen, die viel Zeit im Grünen verbringen, Haustierbesitzer:innen, die mit dem Hund spazieren gehen, Outdoor-Fans, die draußen aktiv sind und solche, die im Sommer viel reisen. Was die wenigsten wissen: Auch in beliebten Urlaubsländern wie zum Beispiel Österreich, Slowenien oder Schweden ist das FSME-Vorkommen sehr hoch.
Fazit: Es ist die breite Öffentlichkeit mit diesen konkreten Gruppen, die besonders von einer Impfung profitieren können.
Katrin Weisbach: Das macht die Kampagne gerade so spannend. Wir müssen alle erreichen, weil jede:r, der sich draußen in der Natur aufhält, potenziell gefährdet ist. Zusätzlich kommunizieren wir ganzjährig und nicht nur von Frühling bis Herbst. Aufgrund der steigenden Durchschnittstemperaturen haben Zecken nämlich so gut wie immer „Saison“.
Health Relations: Wie hat sich die Kampagne verändert in den letzten Jahren?Katrin Weisbach: Ich begleite die Kampagne seit 2019. Wir haben uns Meilensteine in der Kommunikation gesetzt, und die haben wir immer wieder erreicht und entsprechend agil unsere Kommunikation angepasst. Das sieht man zum Beispiel, wenn man auf die Ambassadore schaut, mit denen wir zusammengearbeitet haben. Am Anfang haben wir mit Peer-to-Peer-Testimonials kooperiert, also mit Menschen wie du und ich, die viel draußen sind, mit ihrem Hund, ihrem Pferd oder gerne Fahrrad fahren. Wir haben umfangreichen Content erstellt und gemerkt, dass dies gut funktioniert. Später haben wir YouTube-Kooperationen umgesetzt. Beispielsweise mit Camper:innen, die viel gereist sind und über die Gefahr von Zeckenstichen berichteten, wie sie damit umgehen und so auch das Thema Vorsorge in ihren Reisealltag eingebaut haben. Es wurden Messungen durchgeführt und wir haben festgestellt, dass wir tatsächlich den Sweetspot erreicht haben. Wir haben es geschafft, die Botschaft innerhalb der Zielgruppe zu verankern.
" Mittlerweile stehen die Influencer nun nicht mehr im Fokus, stattdessen liegt der Fokus darauf, eine persönliche Relevanz für die FSME-Impfvorsorge zu schaffen."
Wir haben schließlich auf Ambassadore gesetzt, die aus dem Influencer-Bereich kommen, also eine größere Followerschaft haben und ein stärkeres Engagement mit diesen pflegen. Wir haben entsprechend konzentrierteren Content benötigt und genutzt und den Call to Action „FSME kann jede:n treffen. Kümmere dich jetzt um deine Impfvorsorge“ gespielt. Insofern haben wir sowohl unsere Botschaften geändert als auch die Zusammenarbeit mit den verschiedenen Influencer:innen aufgestockt und adaptiert.
Kampagnenmotiv: FSME-Betroffener Volker Fromm. © Pfizer Pharma GmbH | www.zecken.de
Carolin Crockett:Mittlerweile stehen die Influencer nun nicht mehr im Fokus, stattdessen liegt der Fokus darauf, eine persönliche Relevanz für die FSME-Impfvorsorge zu schaffen. Dafür arbeiten wir verstärkt mit FSME-Betroffenen zusammen, die in eigenen Worten von der Infektion mit dem Virus, dem Krankheitsverlauf und vor allem ihrem Leben nach der FSME-Erkrankung berichten. Aus unserer Perspektive als forschendes Pharmaunternehmen kann ich außerdem sagen, dass wir im Laufe der Jahre auch wissenschaftlicher geworden sind, was vielleicht auch durch die Pandemie begünstigt wurde. Impfen ist nun mal der beste Schutz gegen FSME, daher tritt diese Facette in der Kampagne nun stärker in den Vordergrund. Und Pfizer ist in den letzten Jahren als großer Hersteller von Impfstoffen auch in der breiten Öffentlichkeit bekannter geworden. Impfen und Prävention sind Bereiche, in denen wir eine große Expertise haben, die wir gern einbringen möchten.
"Wir haben in acht Jahren unfassbar viele Kanäle bespielt. Wir waren die erste Agentur, die im deutschen Pfizer-Universum eine Facebook-Seite aufsetzen durfte."
Health Relations: Es ist eine Multi-Channel-Kampagne. Wie wählen Sie diese aus und fokussieren Sie sich auf wechselnde Kanäle?Carolin Crockett: Die Anzahl der Kanäle wächst, das gibt uns mehr Handlungsspielraum. Die Kommunikation ist dadurch aber nicht einfacher geworden. Wir wollen einerseits eine sehr breite Zielgruppe erreichen. Deswegen müssen wir uns auch kommunikativ breit aufstellen und dorthin gehen, wo die Zielgruppen sich bewegen. Auf der anderen Seite ist Fokus für uns wichtig. Was mich persönlich als Kommunikatorin erfreut, ist einfach die starke Hebelwirkung der Medien zu sehen. Ja, wir nutzen zwar auch viele andere Kanäle, aber die Gespräche und der Austausch mit den Verlagen und Redaktionen sind nach wie vor die Punkte, durch die wir eine bemerkenswerte Reichweite erreichen und die auch qualitativ hochwertige Berichterstattung nach sich zieht. Diese Relevanz zu sehen über die Jahre, ist etwas, was mich sehr erfreut und weswegen ein großer Schwerpunkt nach wie vor die Medienarbeit ist.
Katrin Weisbach: Wir haben in acht Jahren unfassbar viele Kanäle bespielt. Wir waren die erste Agentur, die im deutschen Pfizer-Universum eine Facebook-Seite aufsetzen durfte. Das war und ist immer noch zecken.de. In Teilen hat das einen wahnsinnigen Aufwand nach sich gezogen. Zum Beispiel Nebenwirkungsmeldungen, die in einem engen Zeitfenster katalogisiert, beantwortet, dokumentiert werden müssen. Wir durften es trotzdem tun und uns im Rahmen der Omni Channel Kampagne auch über weitere Kanäle ausprobieren. Dennoch: Für uns spielen weiterhin die klassischen Medien eine sehr große Rolle – neben den digitalen Formaten. Es ist natürlich herausfordernder, eine Botschaft über viele Kanäle zu spielen und dabei konsistent im Vermitteln von Kernbotschaften zu bleiben, Und trotzdem immer individuell auf die unterschiedlichen Kanäle zu reagieren – das macht die Kommunikation aber spannender und vielfältiger.
"Man sieht, dass das, was wir kommunizieren, ,draußen' wirklich ankommt."
Health Relations: Kann man den Erfolg auch in Zahlen messen?Carolin Crockett: Wir sind zahlengetrieben und haben zum Beispiel Reichweitenziele. Im letzten Jahr haben wir gemeinsam 3,2 Milliarden als Reichweite erzielt.
Damit wurden unsere Erwartungen übertroffen. Wir messen auch qualitativ, welche Medien die Berichterstattung dann am Ende verfolgen, um zu beurteilen, welche Relevanz wir gemeinsam bei den Medienschaffenden erreichen. Im letzten Jahr haben beispielsweise die Bild-Zeitung berichtet, aber auch die Tagesschau, das Frühstücksfernsehen, die Bunte oder die Süddeutsche Zeitung.
Katrin Weisbach: Und nicht zu vergessen: Wir haben zudem gemeinsam die Website
zecken.de aufgesetzt. Sie ist mittlerweile die meist zitierte und die meistgenutzte Quelle für das Thema Zecken und rankt bei Google sogar noch vor dem Wikipedia-Eintrag Zecke. Das ist ein großer Erfolg und ein super Beispiel dafür, dass die Strategie aufgegangen ist. In diesem Jahr hatten wir in den ersten drei Monaten sogar einen Zuwachs von 175 Prozent bei der Nutzung.
Carolin Crockett: Man sieht, dass das, was wir kommunizieren, „draußen“ wirklich ankommt. Vielleicht noch aus Kommunikationsperspektive etwas aus dem Nähkästchen. Wir haben ein Pressetelefon, über das wir Journalist:innen Informationen zur Verfügung stellen oder sie mit internen und externen Expert:innen vernetzen. Das Thema Zecken ist dort, insbesondere im Frühling und Sommer, der Dauerbrenner. Es gibt noch weitere gute Quellen zu diesem Thema, daher freue ich mich umso mehr, dass uns hier so viel Vertrauen entgegengebracht wird und so viele Anfragen reinkommen. Aber natürlich hat das viel mit unserer Content-Strategie und unserem Ranking zu tun. Wer googelt, landet einfach schnell bei uns.
Health Relations: Heißt: Die eigene Website Zecken.de ist ein zentraler Faktor in der Content-Strategie, auch, weil ob der SEO-Arbeit und der Qualität des Contents die Seite als Quelle für redaktionelle Berichterstattungen gilt, die in Ihrer kommunikativen Strategie eine immens wichtige Rolle spielt. Welche Rolle spielen denn in diesem System die Healthcare Professionals?Carolin Crockett:Pfizer pflegt flankierend zur Website und Social Media-Kommunikation die direkte Kommunikation mit Fachmedien und der Zielgruppe Ärzte und Ärztinnen. Zwar ist der Nachrichtenwert im Bereich FSME Impfung per se für Mediziner:innen nicht der allergrößte, weil es diese Impfstoffe bereits länger gibt. Dennoch bleibt das Thema FSME-Impfung weiter relevant. So ist der deutsche Markt für FSME-Impfungen seit der Pandemie jährlich rund zweistellig gewachsen. Das liegt u.a. an der zunehmenden Ausweitung der FSME-Risikogebiete in Deutschland. Wir sind im Laufe der Jahre immer auf der Suche nach neuen Themenaufhängern und eng mit den Redaktionen im Austausch, um zu erfahren, was für Mediziner:innen an der Stelle noch spannend sein könnte. Tatsächlich ist das Thema Zecken- und FSME-Versorge in Verbindung mit dem Klimawandel ein interessantes Infotainment-Thema für HCPs. Außerdem bleiben sie natürlich eine der wichtigsten Anlaufstellen für ihre Patient:innen, wenn es um Impfungen geht, daher wollen wir sie weiter mitnehmen. Wir bleiben also dran.