Gesundheitsplattformen versprechen für Pharmaunternehmen ein gewinnbringendes Geschäftsmodell zu werden, so das Ergebnis einer Studie. Was aber macht sie erfolgreich?
So viel vorweggenommen: Wer glaubt, dass es vor allem die transparente
Datenschutzkonformität ist, die einer digitalen
Gesundheitsplattform Community-Wachstum beschert, der irrt. Das hat eine Studie von
Roland Berger ergeben. Das Unternehmen führte eine
internationale Befragung unter mehr als 500 Healthcare-Expert:innen durch. Thema: die Zukunft des Gesundheitswesens. Gesundheitsplattformen, so die Studie, werden zu den Standards in der Gesundheitsversorgung gehören. Laut Expertenumfrage könnten die Ausgaben für digitale Gesundheit
in Deutschland schon 2025 bei satten 57 Mrd. Euro liegen, in der Europäischen Union bei 232 Mrd. Euro und weltweit bei ganzen 979 Mrd. Euro. Der Grund für diese optimistischen Einschätzungen ist auch in der
COVID-19 Krise zu finden. Sie hat, so die Befragten, digitalen Healthcare-Angeboten wie beispielsweise der
Telemedizin einen wahren Boom beschert und Hürden im Umgang mit Digital Health abgebaut. Drei Viertel der Befragten erwarten, dass immer mehr Menschen darin bestärkt werden, zunehmend
eigenverantwortlich mit den Gesundheitsdaten umzugehen. Gesundheitsplattformen ermöglichen ihnen genau das: Sie ermächtigen die User, sich individuell zu informieren und gegebenenfalls weitere Angebote zu nutzen.
Kundenerlebnis sticht Datenschutz
Was aber macht eine Gesundheitsplattform erfolgreich, was bindet Anwenderinnen und Anwender? Besagte Studie kommt hier zu interessanten Ergebnissen.
Es ist nicht der viel zitierte Datenschutz, der auf Platz eins der wichtigsten Erfolgsfaktoren für eine Plattform steht.Die wichtigsten Erfolgskriterien für Digital-Health-Plattformen
72 Prozent der Befragten sehen im Kundenerlebnis den ausschlaggebenden Erfolgsfaktor. Die Customer Journey, die Plattform-Gestaltung, die Qualität des Contents und die hohe Usability sind es, die Anwenderinnen und Anwender an eine Plattform binden. Kein Wunder, wenn man bedenkt, dass Unternehmen wie
Amazon und deren ausgefuchste Marketingtools die Erwartungen der User an eine Plattform entscheidend mitgeprägt haben. 67 Prozent der Umfrageteilnehmenden sehen das Vertrauen als wichtigen Faktor für den Erfolg, erst auf Platz drei folgt der wirkliche Mehrwert und Nutzen des Angebots. Nur rund die Hälfte der Befragten sieht den Datenschutz als elementar.
Was bedeutet das für Pharmaunternehmen? Wer die Schnittstelle zu den Patient:innen besetzen will, muss auf seiner Plattform nicht nur ein medizinisch hervorragendes Angebot bieten, sondern darüber hinaus über zielgruppengerecht aufbereiteten Content, eine einladende Gestaltung sowie eine exzellente Besucherführung verfügen.
Welche Rolle spielen Healthcare Professionals in der Plattformstrategie?
Wenn Gesundheitsplattformen ein erfolgversprechendes Modell in der Patientenkommunikation darstellen,
verlieren Ärzt:innen ihre Rolle als Bindeglied zwischen Pharmaunternehmen und Patient:innen? Wie wichtig sind sie in diesem Kontext? Schauen wir auf die Ergebnisse der Roland Berger-Studie, sehen wir, dass es vor allem der ambulante Bereich und die Ärzt:innen unter den Gesundheitsdienstleistern sind, deren Arbeit von der Plattformökonomie beeinflusst wird.
Geschäftsmodelle von Gesundheitsdienstleistern, die durch Online-Plattformen besonders beeinflusst werden
Doch an welchen Punkten verändern sich die Geschäftsmodelle von Healthcare Professionals, wo verschieben sich Prozesse?
Laut Studie haben Big-Tech-Unternehmen wie Facebook oder Google und Digital Health-Start-ups vor allem für gesunde Anwender:innen eine hohe Relevanz in Gesundheitsfragen. Sie unterstützen den User bei der Prävention und/oder bei der Gesundheitsoptimierung. Diese suchen sich über diese Kanäle und Plattformen gezielt eigenständig Angebote heraus, die ihren Need erfüllen, ohne einen Arzt konsultieren zu müssen.
Welche Institutionen und Organisationen im Gesundheitssystem sind für Menschen ohne gravierende medizinische Probleme als Informationsquelle und Ratgeber relevant?
Anders, so die Einschätzung der Umfrageteilnehmenden, sieht es bei erkrankten Patient:innen aus.
Welche Institutionen und Organisationen im Gesundheitssystem sind für erkrankte Menschen als Informationsquelle und Ratgeber relevant?
Die Relevanz von Ärzten, Ärztinnen und Krankenhäuser steigt, die von Big-Tech-Unternehmen und Start-ups sinkt in diesem Kontext. Auffällig ist, dass
Pharmaunternehmen in beiden Szenarien laut Studie nicht zu den von Nutzer:innen präferierten Partnern in Gesundheitsfragen zählen.
Vernetzung mit medizinischen Fachgruppen
Daraus folgt, dass die pharmazeutische Industrie beim Aufbau von Plattformen gut beraten ist,
strategisch auf Kooperationen mit anderen Playern im Gesundheitssystem zu setzen. Das schließt die Ärzte, Ärztinnen und Kliniken mit ein. Beispielsweise könnten Pharmaunternehmen Healthcare Professionals und Patient:innen miteinander vernetzen, physisch wie auch digital, in Form von Telemedizin und darüber hinausgehende analoge Sprechstundenangebote. Medizinische Fachgruppen haben auch in Zeiten der Plattformökonomie noch lange nicht ausgedient, vor allem, wenn es um Zielgruppen mit spezifischen Indikationen geht. Sie fungieren als Vertrauenspersonen. Sie ins Boot zu holen, ist und bleibt ein wichtiger Faktor innerhalb einer erfolgreichen Plattformstrategie. Die Zukunft liegt in Kollaborationen und Kooperationen.