antwerpes health share: „Das ist ein betreutes Experimentieren“
antwerpes ag hat ein eigenes Unternehmen gegründet, das sich auf den Bereich Social Media fokussieren soll: die antwerpes health share gmbh. Auch der Bereich des „Pharmakovigilanz-Monitorings” soll laut Agenturmeldung weiter ausgebaut werden. Hauptgeschäftsführerin wird Laura Geisreiter, unterstützt von antwerpes-CEO Thilo Kölzer. In diesem Interview erfahren Sie:
Health Relations: Herzlichen Glückwunsch zum neuen Mitglied in der antwerpes family. Was ich mich allerdings beim Lesen der Pressemitteilung gefragt habe: Neu ist das Thema Social Media im Pharma-Marketing nicht. Aber ist das Thema wirklich so vielversprechend, dass man dafür ein eigenes Unternehmen gründet?Thilo Kölzer:Laura Geisreiter treibt das Thema Social Media bereits im achten Jahr bei uns voran, und wir konnten in dieser Zeit sehen, wie gut sich das Thema entwickelt hat. Passen Social Media und Pharma zusammen? Wir waren vorsichtig, haben beobachtet, wie sich das Themenfeld „Social Media“ innerhalb der Branche so macht. Wir haben im Laufe der Zeit gemerkt, dass da sehr viele einzelne Themen innerhalb des Social Media-Sektors aufgetreten sind – angefangen bei den ganzen Kanälen, die es gibt. Facebook ist mittlerweile nur noch ein Kanal unter vielen. Da muss man den Überblick behalten, dafür muss man sich extrem spezialisieren. Sie brauchen die Leute, die sich mit den unterschiedlichen Kanälen auskennen. Das war Grund genug für uns, diese Spezialisierung weiter voranzutreiben. Health Relations: Und gleich ein eigenes Unternehmen dafür zu gründen?Thilo Kölzer:Die Tatsache, dass wir dafür ein Unternehmen gründen, soll diesen Gedankengang zum Ausdruck bringen. Wir legen den Fokus darauf, es ist uns ein wichtiges Thema. Natürlich spielen auch wirtschaftliche Gründe eine Rolle. Der Social Media-Sektor innerhalb des Marketings wächst jetzt schon seit Jahren rasant. Es ist eine Größenordnung entstanden, die sehr relevant ist. Health Relations: Wie groß ist denn ihr Team zu Beginn, Frau Geisreiter?Laura Geisreiter:Zwölf Leute aktuell, mit ganz klar steigender Tendenz. Wir sind mitten im Recruiting-Prozess und bringen jetzt zügig zusätzliches Know-how und feste Strukturen in das Unternehmen. Health Relations: Lassen Sie uns kurz auf die Kanäle eingehen. Welche Kanäle sind es, die für die Pharma-Kommunikation von Interesse sind?Thilo Kölzer: Die Basis-Kanäle sind schon die bekannten. Natürlich sind bei Facebook einfach extrem viele Leute unterwegs, auch wenn sich die Zielgruppen beispielsweise hinsichtlich des Alters verschoben haben. Die Klassiker wie Twitter oder Instagram haben auch eine große Bedeutung. Aber die Social Media-Landschaft zersplittert immer weiter. Das heißt, es kommen neue Kanäle on top. Das hat Auswirkungen, die wir beobachten müssen. Ich sage mal, TikTok ist jetzt gerade das heiße Ding, das guckt man sich sehr genau an und experimentiert. Facebook treibt diese Spezialisierung selber voran mit dem neuen Gedanken, dass sie quasi die ganze Social Media-Welt und die verschiedenen Welten, auch virtuellen Welten, sozusagen zusammenfassen in einem Meta-Universum. Sie haben genau erkannt, dass die Leute nicht nur auf einen Kanal setzen. Wir haben das ebenfalls erkannt und reagieren darauf. Health Relations: Experimentieren ist nicht das Lieblingssujet der Pharmabranche. Das liegt unter anderem an den regulatorischen Einschränkungen oder auch an Themen wie der Pharmakovigilanz, ist also quasi vorgegeben. Wie kriegen Sie das unter einen Hut?Laura Geisreiter: Das ist ein betreutes Experimentieren. Wir prüfen ganz klar, bei welchem Thema sich Social Media anbietet. Natürlich muss auch die Unternehmenskultur des Kunden dazu passen. Wir führen ein Social Listening vorab durch, um Argumente zu finden für einen Kanal. Im Sinne von: Wir haben diesen Kanal, den sollten wir testen, weil wir dort die Themen haben, die wir brauchen und die Zielgruppe, die wir erreichen möchten. Wir haben die Fragen der Community, die vielleicht noch nicht bedient werden. Wenn man so an ein gemeinsames Experiment herangeht, sind natürlich schon viele Argumente vorhanden, damit das am Ende auch zum Erfolg führt.Thilo Kölzer: Natürlich bereiten wir zudem bestimmte Antworten vor, versuchen Antworten zu antizipieren, die wir im Vorfeld mit dem Kunden abgestimmt haben. Das geht für ca. 80 Prozent der Kommunikation. Natürlich gibt es Dinge, die kann man nicht vorbereiten. Das muss man schnell abklären. Aber wir haben uns sehr viel Mühe gegeben, die Prozesse gemeinsam mit dem Kunden zu definieren.
Laura Geisreiter: Richtig, auch, weil es ein Schlüsselpunkt ist, um dem Kunden die Ängste zu nehmen.
Health Relations: Tötet das nicht die Kreativität?Thilo Kölzer:Sie müssen auf jeden Fall von Anfang an auch mit guten kreativen Ideen überzeugen, andererseits ist es mindestens genauso wichtig, dass die Formalien im Hintergrund stimmen. Die Definition der Standard Operating Procedure ist meiner Meinung nach in diesem Kontext extrem wichtig, mehr noch, als im klassischen Marketing.
Health Relations: Gibt es die Möglichkeit, einen Case zu skizzieren, im Bereich Arzt-Kommunikation und Social Media? Haben Sie ein Beispiel für mich, wie Sie das umgesetzt haben und wo es funktioniert hat?Laura Geisreiter: Ich werde den Kundennamen nicht nennen, aber zumindest ein wenig über das Indikationsgebiet einer Kampagnen erzählen. Thema: Wundversorgung. Unsere Zielgruppe sind MFAs, aber auch grundsätzlich jegliche Art Personal im Krankenhaus. Wo finden wir die denn in Social Media? Was kann man denn machen? Wir haben die Kanäle analysiert und Social Listening betrieben. Witzigerweise ist daraus ein Mix aus Instagram und LinkedIn und ein Konzept entstanden, wo wir spielerisch das Thema Wundversorgung im Krankenhaus-Alltag aufgegriffen haben. Es gab Wund-Quizze, wo man rätseln konnte, bis hin zu Webinaren mit entsprechend guten Angeboten, die wir über die Kanäle gestreut haben. Das lief sehr gut: Bei Instagram haben wir über 1.500 Follower, die sich wirklich aus diesen beiden Zielgruppen speisen, die auch aktiv mit dabei sind. Bei LinkedIn haben wir eine Click-Through-Rate von einem Prozent, was ziemlich gut ist. Diese liegt im Durchschnitt bei ca. 0,5 Prozent.
Health Relations: Ein best case. Gibt es auch einen worst case, ein Learning, das Sie uns verraten mögen?Laura Geisreiter:Wir haben immer wieder Kunden, die das Problem haben, dass sich für eines Ihrer Webinare nicht genug Teilnehmer:innen angemeldet haben. Die bitten darum, durch LinkedIn-Advertising zusätzliche Teilnehmer:innen zu erreichen. Das versuchen wir auch immer wieder gerne, es kommt dann auch die eine oder der andere hinzu. Aber unsere Erfahrung ist, Social Media zu bemühen, um kurzfristig Menschen in eine Veranstaltung zu treiben, das klappt in der Regel nicht. Das hat auch bei uns nicht geklappt. Warum? Weil Social Media von der Bindung lebt. Die Inhalte müssen vorweg aufgebaut werden, es muss Lust auf die Veranstaltung gemacht, Fragen im Vorfeld geklärt werden. Das geht in der Regel nicht auf den letzten Drücker.
Die - warum das Thema Social Media für Pharma für das Unternehmen so vielversprechend ist,
- wo die Risiken liegen und wie diese minimiert werden können,
- auf welchen Kanälen Fachgruppen mit welchen Inhalten erreichbar sind,
- welche Kanäle in der Patientenkommunikation punkten (Spoiler: Facebook isn't dead!),
- an welchem Punkt auch die beste Social Media-Strategie scheitern muss.
Health Relations: Herzlichen Glückwunsch zum neuen Mitglied in der antwerpes family. Was ich mich allerdings beim Lesen der Pressemitteilung gefragt habe: Neu ist das Thema Social Media im Pharma-Marketing nicht. Aber ist das Thema wirklich so vielversprechend, dass man dafür ein eigenes Unternehmen gründet?Thilo Kölzer:Laura Geisreiter treibt das Thema Social Media bereits im achten Jahr bei uns voran, und wir konnten in dieser Zeit sehen, wie gut sich das Thema entwickelt hat. Passen Social Media und Pharma zusammen? Wir waren vorsichtig, haben beobachtet, wie sich das Themenfeld „Social Media“ innerhalb der Branche so macht. Wir haben im Laufe der Zeit gemerkt, dass da sehr viele einzelne Themen innerhalb des Social Media-Sektors aufgetreten sind – angefangen bei den ganzen Kanälen, die es gibt. Facebook ist mittlerweile nur noch ein Kanal unter vielen. Da muss man den Überblick behalten, dafür muss man sich extrem spezialisieren. Sie brauchen die Leute, die sich mit den unterschiedlichen Kanälen auskennen. Das war Grund genug für uns, diese Spezialisierung weiter voranzutreiben. Health Relations: Und gleich ein eigenes Unternehmen dafür zu gründen?Thilo Kölzer:Die Tatsache, dass wir dafür ein Unternehmen gründen, soll diesen Gedankengang zum Ausdruck bringen. Wir legen den Fokus darauf, es ist uns ein wichtiges Thema. Natürlich spielen auch wirtschaftliche Gründe eine Rolle. Der Social Media-Sektor innerhalb des Marketings wächst jetzt schon seit Jahren rasant. Es ist eine Größenordnung entstanden, die sehr relevant ist. Health Relations: Wie groß ist denn ihr Team zu Beginn, Frau Geisreiter?Laura Geisreiter:Zwölf Leute aktuell, mit ganz klar steigender Tendenz. Wir sind mitten im Recruiting-Prozess und bringen jetzt zügig zusätzliches Know-how und feste Strukturen in das Unternehmen. Health Relations: Lassen Sie uns kurz auf die Kanäle eingehen. Welche Kanäle sind es, die für die Pharma-Kommunikation von Interesse sind?Thilo Kölzer: Die Basis-Kanäle sind schon die bekannten. Natürlich sind bei Facebook einfach extrem viele Leute unterwegs, auch wenn sich die Zielgruppen beispielsweise hinsichtlich des Alters verschoben haben. Die Klassiker wie Twitter oder Instagram haben auch eine große Bedeutung. Aber die Social Media-Landschaft zersplittert immer weiter. Das heißt, es kommen neue Kanäle on top. Das hat Auswirkungen, die wir beobachten müssen. Ich sage mal, TikTok ist jetzt gerade das heiße Ding, das guckt man sich sehr genau an und experimentiert. Facebook treibt diese Spezialisierung selber voran mit dem neuen Gedanken, dass sie quasi die ganze Social Media-Welt und die verschiedenen Welten, auch virtuellen Welten, sozusagen zusammenfassen in einem Meta-Universum. Sie haben genau erkannt, dass die Leute nicht nur auf einen Kanal setzen. Wir haben das ebenfalls erkannt und reagieren darauf. Health Relations: Experimentieren ist nicht das Lieblingssujet der Pharmabranche. Das liegt unter anderem an den regulatorischen Einschränkungen oder auch an Themen wie der Pharmakovigilanz, ist also quasi vorgegeben. Wie kriegen Sie das unter einen Hut?Laura Geisreiter: Das ist ein betreutes Experimentieren. Wir prüfen ganz klar, bei welchem Thema sich Social Media anbietet. Natürlich muss auch die Unternehmenskultur des Kunden dazu passen. Wir führen ein Social Listening vorab durch, um Argumente zu finden für einen Kanal. Im Sinne von: Wir haben diesen Kanal, den sollten wir testen, weil wir dort die Themen haben, die wir brauchen und die Zielgruppe, die wir erreichen möchten. Wir haben die Fragen der Community, die vielleicht noch nicht bedient werden. Wenn man so an ein gemeinsames Experiment herangeht, sind natürlich schon viele Argumente vorhanden, damit das am Ende auch zum Erfolg führt.
"Bei den Fachkräfte-Zielgruppen ist es vor allem LinkedIn, das sich als Plattform gemausert hat, weg von der reinen Recruiting- hin zu einer Themen-Plattform."Health Relations: Lassen Sie uns noch ein wenig in die Tiefe tauchen, auch wenn es im Meer der Kanäle nicht den einen Kanal gibt, der Erfolg verspricht. Wo liegt das Potenzial von Social Media: Sprechen wir eher von der Patient:innen-Kommunikation oder der Ärzt:innen-Kommunikation?Laura Geisreiter: Sowohl als auch. Patient:innen sind ganz klar ein großes Thema, da ist auch klar, auf welchen Kanälen sich das überwiegend abspielt. Es sind hier noch die Kanäle wie Facebook, Instagram, auch Twitter, die stark sind. Aber es sind vor allem auch Kanäle wie Pinterest oder TikTok, die hier im Kommen sind. Natürlich sind es durch die Bank weg die onkologischen Themen, welche viel und auch wirklich noch auf Facebook besprochen werden, weil es ein Netzwerk ist, wo noch geschrieben werden kann, wo es nicht um Fotos geht oder um Videos. Wo wirklich noch ein kleiner Blog geführt wird, mit den Communities interagiert werden kann. Gerade solche Themen, bei welchen ein hoher Bedarf der Patienten vorhanden ist, sich auszutauschen, Fragen loszuwerden oder einfach die individuelle Situation zu teilen, haben auf Facebook auf jeden Fall ganz großes Potenzial. Health Relations: Und wie schaut es bei den HCPs aus?Laura Geisreiter: Bei den Fachkräfte-Zielgruppen ist es vor allem LinkedIn, das sich als Plattform gemausert hat, weg von der reinen Recruiting- hin zu einer Themen-Plattform, wo in den Fachkreisen, unter den Ärzten und Ärztinnen diskutiert werden kann, Fallbeispiele besprochen werden können. Das ist definitiv ein Trend, das ist eine Plattform, wo man jegliche Fachzielgruppe gerade gut greifen kann. Xing hat tatsächlich noch mehr angemeldete Mitglieder in Deutschland. Ich glaube aber, das sind auch teilweise Karteileichen. Wir versuchen oft, Stichwort „experimentieren“, ähnliche Themen anzustoßen in beiden Netzwerken. Wo mehr Interaktion, viel mehr Austausch stattfindet und scheinbar sich viel mehr Menschen tagtäglich bewegen, das scheint dann doch eher die Plattform LinkedIn zu sein. Health Relations: Social Media ist auch ein Feld, das oftmals mit Aufregung verbunden ist. Die Netiquette fällt gefühlt doch oft unter den Tisch, wenn wir uns beispielsweise einmal die Diskussion in den Sozialen Medien rund um Corona anschauen. Stossen Sie diesbezüglich auf Besorgnis bei Ihren Kund:innen?Laura Geisreiter: Ich muss sagen, für uns fühlt es sich eigentlich genau andersherum an. Diese Netzwerke bieten eine Chance in der jetzigen Zeit, den teilweise persönlichen Kontakt, den man sonst gepflegt hat, sei es auf einem Kongress oder sei es in einem Forum, aufrecht zu erhalten. Ich habe eher das Gefühl, dass die Kunden das als Chance sehen, genau diese fehlenden Kontaktpunkte über Social Media und die einzelnen Kanäle noch mal anzugehen. Thilo Kölzer: Das Thema wird extrem groß geschrieben in den letzten zwei Jahren. Und wenn Sie Hersteller eines verschreibungspflichtigen Medikaments sind, dann haben Sie ja klassischerweise eben nicht gleich den direkten Draht zu den Patient:innen, den müssen sie erst mühsam aufbauen. Social Media ist eine Möglichkeit, eben diesen Kontakt recht schnell aufzubauen. Wir betreuen teilweise Facebook-Profile mit über 20.000 Followern zu bestimmten Erkrankungen. Das geht über soziale Kanäle heutzutage schnell. Wenn man gute Inhalte zu bieten hat und die nicht allzu werblich gestaltet, was im verschreibungspflichtigen Bereich auch nicht angebracht ist, dann können Pharmaunternehmen hier durchaus Erfolge erzielen.
"Unsere Kanäle werden immer von zwei Personen im Tandem betreut."Health Relations: Das gilt auch für die Kommunikation mit Fachkreisen?Laura Geisreiter: Ja. Gerade, wenn man als Industrie auftritt und bestimmte Themen auf die Agenda bringt. Umso wichtiger ist es allerdings, dass die Themen mit Fundament daherkommen, keine werblichen Themen sind. Wenn Sie qualitativ hochwertige Diskussionen oder Diskurse anregen, dann werden Sie positiv wahrgenommen. Voraussetzung, ganz klar: Es muss konstant gut recherchierter und gut belegter Content sein, damit man diese Zielgruppe an sich bindet und auch wirklich in den Dialog treten kann. Health Relations: Stichwort Dialog. Soziale Medien leben vom Dialog – und zwar mit hohem Tempo. Wenn wir über Fachgruppen-Kommunikation sprechen, über Content, der Qualität haben muss und über Inhalte, die recherchiert werden müssen, die auch ein gewisses Know-how brauchen: Wie gehen Sie um mit diesen Anforderungen? Wie organisieren Sie das?Laura Geisreiter: Es ist de facto so, dass die Themen Community Management und Monitoring bei uns einen sehr hohen Stellenwert haben. Unsere Kanäle werden immer von zwei Personen im Tandem betreut. Es gibt die Person, die den Hauptfokus – Kunde, Prozesse, Redaktion usw. abdeckt, aber eben auch die Person, die dafür da ist, regelmäßig zu screenen. Entsteht da gerade eine Diskussion, in die wir uns einklinken könnten oder wo wir vielleicht eingreifen sollten. Das bezieht das Thema mögliche Nebenwirkungen, also Pharmakovigilanz, mit ein.