HRA Pharma hat mit "Bedside Stories by Pille Danach" einen Branded YouTube Channel ins Leben gerufen, auf welchem Influencer junge Frauen über Sex und Verhütung aufklären. Eine Erfolgsgeschichte? Das haben wir Nadine Scholl, Senior Brand Manager Women's Health bei HRA Pharma, gefragt.
Auch wenn immer mehr Unternehmen in den sozialen Netzwerken aktiv sind: Social Media ist für Pharma immer noch ein heißes Eisen.
Umso mutiger erscheint die Digitalstrategie, die HRA Pharma zusammen mit der Mainzer YouTube- & Influencer-Marketing-Agentur HitchOn umsetzt. Unter dem Titel
Bedside Stories entwickelte der Pharma-Konzern einen Hub, auf dem das Unternehmen junge Mädchen über Sex und Verhütung aufklärt – und die Wirkung der Pille Danach erklärt. Passend zum Notfall-Empfängnisverhütungsmittel
ellaOne, das zum Portfolio des Konzerns zählt, verfügt das Portal über einen Chat namens Ella. Auch Videos sind auf Bedside Stories vertreten. Diese sind mit dem dazugehörigen, gebrandeten
YouTube-Kanal verlinkt. Jede Woche sprechen YouTube-Influencerinnen auf diesem Kanal über ihre sexuellen Erfahrungen.
https://youtu.be/g3qN2kk1hoc
Wie erfolgreich der Hub und der YouTube-Channel wirklich sind, ob ihre Performance den Erwartungen ihrer Macher entsprechen und wie die Arbeit mit den jungen YouTube-Influencern funktioniert, hat uns Nadine Scholl, Senior Brand Manager Women's Health bei HRA Pharma, verraten.Health Relations: Frau Scholl, wie und wann kam HRA Pharma auf den Dreh, einen Branded YouTube Channel aufzubauen?Nadine Scholl: Die Idee, einen Branded YouTube Channel aufzubauen, entstand zu Beginn des Jahres 2017. In den knapp zwei Jahren zuvor wurde bereits ein reichweitenstarkes Content-Magazin rund um die Pille Danach aufgebaut, das zu den Themen Liebe, Sex & Verhütung informiert – eine Erfolgsrezept, welches wir zu diesem Zeitpunkt auf den nächsten Level bringen wollten, um noch mehr Mädchen und Frauen in unserer Zielgruppe zu erreichen.
Nadine Scholl ist Senior Brand Manager Women’s Health bei HRA Pharma.
Health Relations: Ist das für Ihr Unternehmen ein Novum?Nadine Scholl: Der Aufbau eines eigenen Channels war definitiv ein Novum für uns. Erste YouTube-Luft konnten wir zuvor durch Influencer-Kampagnen schnuppern, so dass wir uns dem Thema sukzessive annähern und den nächsten Schritt mit einem guten Gefühl gehen konnten.
Health Relations: Gab es Bedenken im Unternehmen?Nadine Scholl: Ich würde es nicht Bedenken nennen, gewisse Fragestellungen gab es natürlich schon: Wie werden Inhalte zu den doch sehr intimen Themen Sex & Verhütung angenommen, wie geht die Community mit dem Thema Verhütungspanne & Pille Danach um und, vor allen Dingen, welche Kommentare werden wir von YouTube-Nutzern bekommen, und werden sich Dialoge unter Videos vielleicht verselbstständigen?
All diese Fragen konnten wir schnell dank eines engmaschigen Monitorings beantworten.
Health Relations:Die Zielgruppe ist - thematisch vorgegeben - sicherlich eine jüngere. Wie genau ist diese definiert?Nadine Scholl: Die Zielgruppe sind Mädchen und Frauen im Alter von 16-39 Jahren. Auf YouTube fokussieren wir uns auf die Kernzielgruppe 18-24 Jahre – in diesem Alter sind viele Frauen sexuell aktiv, aber noch nicht bereit für die Gründung einer Familie – Ausbildung, Studium, Job und das Verwirklichen von Lebensträumen stehen oft an erster Stelle. Eine ungeplante Schwangerschaft soll das nicht durchkreuzen.
Der YouTube-Konsum der jungen Zielgruppe, die wir erreichen möchten, ist hoch. Mit unserer regelmäßigen Taktung und den kontinuierlich neuen Inhalten wollen wir den Erwartungen unserer Zielgruppe entsprechen.
Health Relations: Nach welchen Kriterien setzt sich die Riege der Protagonisten, sprich der Influencer zusammen?Nadine Scholl: Für Bedside Stories haben wir uns bewusst für Protagonistinnen entschieden, die sich schon aus eigenem Interesse und teilweise auf ihren eigenen Channels mit Themen rund um Selbstbestimmung, weibliche Sexualität und Verhütung beschäftigen. Authentische Charaktere sind wichtiger Bestandteil des Kanals und bilden die Grundlage für einen offenen Umgang mit intimen Themen wie denen von Bedside Stories.
Unsere Protagonistinnen sind nicht nur vor der Kamera, sondern auch in der Redaktion für das Projekt tätig und wichtiger Bestandteil des Projektteams.
Health Relations: Jede Woche eine neue Folge. Warum dieser hohe Contentdruck?Nadine Scholl: Gestartet sind wir sogar mit zwei Videos pro Woche. Im Laufe des Jahres haben wir gelernt, dass wir mit einem Video pro Woche, dafür höherwertigem Content in Form von Reportagen, noch mehr Reichweite generieren können und arbeiten nun mit einem Video pro Woche.
Der YouTube-Konsum der jungen Zielgruppe, die wir erreichen möchten, ist hoch. Mit unserer regelmäßigen Taktung und den kontinuierlich neuen Inhalten wollen wir den Erwartungen unserer Zielgruppe entsprechen.
Der YouTube-Algorithmus honoriert zudem den regelmäßigen Upload von neuen Inhalten massiv, so erreichen wir ein gutes Kanalranking und damit möglichst große Teile unserer Zielgruppe. Daher ist eine regelmäßige Publikation für uns ein essentieller Erfolgsfaktor.
Bedside Stories informiert über Sex und Möglichkeiten der Verhütung. Und bietet Rat und Hilfe in Verhütungs-Notfällen. Foto: Screenshot
Health Relations: Wie ist die Zusammenarbeit mit den Influencern organisiert? Wie authentisch ist der Content?Nadine Scholl: Gedreht werden die Videos für den Bedside-Stories-Kanal in unserem eigens dafür gebauten Set, produziert werden die Videos von der YouTube- und Influencer-Marketing-Agentur HitchOn und von deren festem Projektteam.
Regelmäßig haben wir auf dem Bedside-Stories-Kanal auch Gast-Influencer; im Rahmen dieser Kooperationen entstehen meist zwei Videos, eines für Bedside Stories, eines für den eigenen Kanal der Influencer. Ob die Influencer das Video für ihren Kanal auch im Bedside-Stories-Set oder bei sich zu Hause drehen, ist ihnen selbst überlassen.
Die Themenplanung und die Skripte entstehen in enger Abstimmung mit uns. In Brainstorming-Runden gemeinsam mit den Protagonistinnen entstehen erste Ideen, die Texte werden von unserer Redaktion bei HitchOn erstellt, hier ist eine Influencerin – die auch bereits Gast auf dem Kanal war – hauptverantwortlich für die Erstellung der Texte, unsere Protagonistinnen passen die Texte dann final an. Es ist uns wichtig, dass nicht nur wir, sondern auch die Influencer hinter dem Inhalt stehen, denn nur so kann Content authentisch sein.
YouTube als zweitgrößte Suchmaschine ist für alle Alterszielgruppen spannend. Natürlich bedarf es einer guten Vorbereitung ,speziell in unserer Branche – für das Social-Media-Monitoring wurde bei uns ein eigenes Standard Operating Procedere implementiert.
Health Relations: Ist die Zusammenarbeit vertraglich geregelt?Nadine Scholl: Jeder Influencer, der mit uns zusammenarbeitet, bekommt vorab ein Briefingdokument, und alle wichtigen Fakten werden auch noch einmal telefonisch oder persönlich erläutert.
Verträge gibt es selbstverständlich auch, damit alle Parteien – Unternehmen, Agentur und Influencer – wissen, welche Leistungen erbracht und erwartet werden dürfen. Der Pille-Danach-Teil unterliegt der medizinischen Prüfung und dem Freigabeprozess, wie er für ein Pharma-Unternehmen üblich ist. Das "Drumherum" ist gestalterischer Freiraum der Influencer.
Health Relations: Welche Zielvorgaben haben der Hub und der YouTube-Channel?Nadine Scholl: Als übergeordnetes Ziel verfolgen wir mit allen unseren Aufklärungsmaßnahmen zur Pille Danach die Erhöhung der Bekanntheit. In Deutschland wissen nur circa zwei Drittel der Frauen zwischen 16 und 39 Jahren, dass es die Pille Danach im Falle einer Verhütungspanne gibt, um eine ungewollte Schwangerschaft zu verhindern. Das wollen wir ändern! Zielvorgabe war und ist es deshalb, möglichst viele Frauen durch Videos rund um Liebe, Sex und Verhütung auf unseren Kanal zu führen und dort über die Pille Danach aufzuklären. Hierfür haben wir vor Start Planzahlen definiert – bislang wurden diese fast jeden Monat übererfüllt.
HitchOn-Geschäftsführerin Sarah Kübler hat sich auf YouTube- und Influencer-Marketing spezialisiert und arbeitet für Bedside Stories eng mit HRA Pharma zusammen. Foto: Erik Sommer
Health Relations:Wie hoch ist die Engagement-Rate? Wie viele User schauen den Kanal im Durchschnitt?Nadine Scholl: Seit unserem Start im Mai 2017 haben wir über sechs Millionen Views generiert, je Video haben wir im Schnitt etwas über 58.000 Views. YouTube weist seit einigen Monaten auch die Anzahl der Unique User aus; mit dem Kanal Bedside Stories haben wir allein im September knapp 700.000 Unique User erreicht. Die Kontakte mit unserer Zielgruppe über unsere Gast-Influencer sind hier noch nicht berücksichtigt.
Unsere Engagement-Rate bei den Videos mit Influencern liegt aktuell bei über sieben Prozent, über alle Videos bei zwei bis drei Prozent. Die Like-/Dislike-Ratio liegt bei 93:1 – heißt, auf einen Dislike kommen 93 Likes.
Health Relations: Wie wird der Kanal kommuniziert?Nadine Scholl: Wir setzen bei Bedside Stories stark auf organisches Wachstum. Influencer sind für uns eine großartige Möglichkeit, authentische Ansprache unserer Zielgruppe mit Reichweiten-Optimierung zu verknüpfen. Zudem ist Video-SEO ist für uns ein sehr wichtiges Thema. Gerade Videos, die sich explizit mit dem Thema Notfallverhütung beschäftigen, müssen im Fall der Fälle von unserer Zielgruppe schnell und einfach gefunden werden.
In Apotheken konzentrieren wir uns stark auf den wissenschaftlichen Bereich und kommunizieren mehr über unseren Außendienst. Wir haben natürlich im Blick, dass es unter den PTAs viele junge Frauen gibt, die unser YouTube-Angebot sicherlich interessant finden und sich auf diesem Wege informieren könnten.
Schon jetzt haben sich in den Kommentaren unter Videos PTA eingebracht und sich als solche zu erkennen gegeben – sie bestärken Frauen in ihrer Entscheidung für die Pille Danach und sprechen über die Beratung und den Schutz, den Apotheken im Falle einer Verhütungspanne bieten.
Health Relations: Aus Ihrer Sicht: Influencer-Marketing auf YouTube für Pharma – ist das nur etwas für jüngere Zielgruppen?Nadine Scholl: Im Internet gibt es keine Altersgrenzen – und das gilt auch für YouTube. Vermutlich abonnieren Best Ager keinen Branded Channel, im Bereich "Suche" hingegen sind ältere Zielgruppen durchaus aktiv, insbesondere im Themenfeld Gesundheit. YouTube als zweitgrößte Suchmaschine ist für alle Alterszielgruppen spannend. Natürlich bedarf es einer guten Vorbereitung, speziell in unserer Branche – für das Social-Media-Monitoring wurde bei uns ein eigenes Standard Operating Procedere implementiert. Sind alle Vorkehrungen getroffen, gibt es keinen Grund, von diesem Kanal Abstand zu nehmen, auch für Pharma nicht.
Health Relations: Ist der Channel zeitlich limitiert oder unbegrenzt?Nadine Scholl: Mit Liebe, Sex & (Notfall-)Verhütung werden sich junge Frauen immer auseinandersetzen – ein guter Grund, unser Aufklärungsangebot nicht zeitlich zu begrenzen.