Andrea Biebl, seit Januar 2016 Geschäftsführerin der Mediaagentur MW Office, wurde im April in den Vorstand der LA-MED gewählt.
Im Interview mit Health Relations berichtet Biebl über ihre neuen Aufgaben und ihre Ansichten zur Healthcare-Kommunikation im Digitalen Wandel.
Seit Januar sind Sie als Geschäftsführerin bei MWO eingestiegen. Welchen Missionen werden Sie sich in Ihrer neuen Funktion stellen?Andrea Biebl, MW Office Geschäftsführerin und LA-Med Vorstand: "Kooperationen können großartige Synergieeffekte in der Ärztekommunikation erzeugen."
Biebl: MW Office genießt als Spitzenreiter der deutschen Healthcare-Mediaagenturen einen Marktanteil von über 70 % in der Rx-Kommunikation. Das ist großartig. Jetzt wollen wir auch in der OTC-Sparte mehr bewegen. Gerade in der digitalen Kommunikation sehen wir hier großes Potential und viele Möglichkeiten. Außerdem wollen wir verstärkt der Veterinärmedizin unsere Aufmerksamkeit widmen.
Veterinärmedizin? Unterscheiden sich die Vertriebswege und Ansprache von der Kommunikation in der Human- und Dentalmedizin?Biebl: Veterinärärzte haben wie Humanmediziner eine Beratungsfunktion, gleichzeitig sind sie aber auch Verkäufer veterinärer Arzneimittel. Die Regularien für Humanmediziner sind strenger. Mit 40.000 approbierten Veterinärärzten in Deutschland wollen wir einen attraktiven Nischenmarkt erschließen.
Nehmen Sie das Thema auch mit in Ihre neue Funktion als Mitglied des LA-MED Vorstands?Biebl: Bestimmt. Die Studienvielfalt der LA-MED ist einzigartig im internationalen Vergleich. Mediaagenturen in anderen Ländern blicken ganz neidisch auf die zuverlässigen Reichweitendaten der verschiedenen LA-MED Studien. Mit einer Tierarztstudie wie einer „LA-VET“ zum Beispiel würde die LA-MED auch Tierarzneimittel-Herstellern wertvolle Erkenntnisse zum Leseverhalten deutscher Tierärzte bieten.
Wie geht die LA-MED mit dem Digitalen Wandel in der Healthcare Kommunikation um?Biebl: Die LA-MED hat sich dem Thema bereits angenähert, indem sie nicht nur die Reichweiten der medizinischen Fachzeitschriften, sondern auch die Nutzung der zu ihnen gehörenden Websites misst. Denn im Zuge des Digitalen Wandels hat sich natürlich auch das Leseverhalten der Zielgruppen geändert. Neben einfachen Websites wurden neue digitale Touchpoints kreiert, die absolut relevant sind in der Zielgruppe der Ärzte und Zahnärzte. Extra eingerichtete Arbeitsgruppen der LA-MED erarbeiten derzeit ein Konzept, um auch die neuen Reichweiten im Kontext des Digitalen Wandels vergleichbar und zuverlässig abbilden zu können.
Wie hat der Digitale Wandel die Leser und die Zielgruppen verändert?Biebl: Wenn wir von Endverbrauchern und Patienten sprechen: Sie sind heute viel aufgeklärter als früher. Bevor sie zum Arzt gehen, haben sie sich bereits umfassend informiert und oft schon eigenständig eine Anamnese und Vorab-Diagnose per Google durchgeführt.
Ersetzt Google den Gang zum Arzt?Biebl: Nein. Nur ein Arzt kann seinem Patienten eine Gewissheit über Diagnose und Medikation mitgeben. Das gilt für Rx-Wirkstoffe, aber auch für OTC-Arzneien. In der Arztpraxis verstehen Patienten jedoch schneller und mehr als früher. Mancher Arzt mag den „mündigen Patienten“ als Fluch empfinden, Pharmaunternehmen aber sollten diese Entwicklung als große Chance für sich nutzen, um verstärkt in die digitale Patientenaufklärung und Arztkommunikation zu investieren. Das gilt für die OTC-Kommunikation, aber auch für Rx-Themen. Auch inhaltlich-konzeptionell sollte die Kommunikation ihre Zielgruppen mehr in ihren Fokus stellen. Das heißt weg von der rein produktzentrierten Kommunikation und hin zu einer patientenorientierten Kommunikation, die die Interessen und die Gewohnheiten der Kunden berücksichtigt. Nur so kann nachhaltiges Engagement ausgelöst werden.
Und wie sieht es aus mit Ärzten als Zielgruppe?Biebl: Auch Ärzte kommen immer mehr in Berührung mit digitalen Angeboten. Darunter zählen Apps, Microsites, Fach-Communities und neue digitale Touchpoints, gerade im Bereich der Aus- und Weiterbildung. Immer mehr „Digital Natives“ rücken in den Ärztestand nach – und damit auch die Gewohnheit, sich digital zu informieren und weiterzubilden. Diesen Trend darf kein Unternehmen verschlafen. Auch ältere Semester wissen den Komfort digitaler Angebote bereits zu schätzen.
Wie sehen die digitalen Lösungsansätze der Ärztekommunikation aus?Biebl: Ich sehe die Zukunft der digitalen Healthcare-Kommunikation vor allem in der Plattform-Kommunikation. Plattformen können durch Kooperationen entstehen und allen Beteiligten ganz neue Mehrwerte bieten. Wie zum Beispiel bei einer Kooperation zwischen einer medizinischen Fachgesellschaft und einem medizinischen Medienunternehmen, ob zu Live-Tagungen oder -schulungen oder auf Online-Fachportalen. Durch starke Kooperationen und hochwertigen Content können großartige Synergieeffekte in der Ärztekommunikation erzielt werden.
Die Healthcare-Community muss also enger zusammenrücken – mit Ihrer Vita verkörpern Sie genau das.Biebl: Ja, ich habe Marketingprojekte aus verschiedenen Perspektiven begleitet. Als Marketingleiterin, aber auch als Geschäftsführerin von Kreativ- und Mediaagenturen. Das ermöglicht mir eine ganzheitliche und crossmediale Sicht. Ob Unternehmen, Marktforscher, Kreative, Mediaagenturen oder die Medien selbst – ich empfehle allen, in einen verstärkten Austausch zu treten und so die vielen Möglichkeiten ausloten, die sich durch neue Kooperationen ergeben können. Gerade in einer fragmentierten Medienwelt ist es wichtig, eine klare Strategie zu fahren und durch Innovation und echte Mehrwerte hervorzustechen.