Mit Loco Lotto launcht die Agentur Pink Carrots eine Disease-Attention-Kampagne mit Schwerpunkt Long COVID. Via Microsite informiert diese über das Krankheitsbild. Inhaber Christoph Witte berichtet, warum er und sein Team die Kampagne ohne Partner an den Start gebracht haben und warum jetzt Haltung gefragt ist.
Health Relations: Herr Witte, was hat Sie auf die Idee gebracht, Loco Lotto zu launchen? Gab es den berühmten AHA-Moment? Christoph Witte: Den Anstoß gaben Long-COVID-Fälle in meinem Freundeskreis. Jüngere Menschen, die in der ersten „Corona-Welle“ nur eine leichte Infektion durchgemacht hatten, wurden durch die Langzeitfolgen komplett aus ihrem Leben geworfen. Das hat mich, damals vor dem Impfstart für alle und selbst noch ungeimpft, sehr betroffen gemacht. Bei unseren Agentur-Recherchen zeigte sich dann, dass viel mehr Menschen an Long COVID leiden als gedacht bei vergleichsweise geringer Präsenz in den Medien und der öffentlichen Diskussion.  
Loco Lotto: Christoph Witte im Interview auf Health Relations

Christoph Witte ist Gründer und Geschäftsführer von PINK CARROTS, der Agentur für kreative Health- und Wellbeing-Kommunikation. Die Agentur ist Mitglied des GWA. © Pink Carrots

Health Relations: War das der Grund, warum Sie sich in dieser Kampagne auf die möglichen Folgen von COVID-19 fokussieren – und nicht auf den unmittelbaren Krankheitsverlauf? Christoph Witte: Ja. Nach intensiver Recherche beschlossen wir, mit einer Disease-Attention-Kampagne gegenzusteuern, um auf die Langzeitfolgen einer COVID-19 Erkrankung aufmerksam zu machen. Unser Team hat dann die kreative Leitidee „Loco-Lotto“ entwickelt und die Kommunikation aufgesetzt. Meiner Meinung nachdenken die meisten Menschen bei „Corona“ höchstens an einen schweren Verlauf und maximal Hospitalisierung – aber nicht an Long COVID. Für mich ist das mit das schlimmste, denkbare Szenario im Kontext einer Corona-Infektion.  Health Relations: Die Seite verweist auf das Impfangebot, setzt dieses aber nicht auf Punkt 1. Vermeiden Sie bewusst den erhobenen Zeigefinger: Bitte lasst Euch impfen?Christoph Witte: Ja, der wahre Call-to-Action ist eine Impfaufforderung. Wir lassen das aber absichtlich „offen“. Die Herausforderung ist aus meiner Sicht, diejenigen, die Long COVID nicht mit bedenken, inhaltlich abzuholen – den Link zur Sinnhaftigkeit der Impfung muss dann jede:r für sich herstellen. Das ist aus unserer Sicht wirkungsvoller als eine direkte Aufforderung. 
Loco Lotto Long Covid Disease Attention

Kampagenmotiv: Loco Lotto – Das Spiel Deines Lebens

Health Relations: Wie lange hat Ihr Team an der Aktion gearbeitet? Christoph Witte: Von der Idee bis zum Go-live der Microsite waren es zwei intensive Monate, und alles ist on-top zum Tagesgeschäft passiert.  Health Relations: Wer ist die Zielgruppe: Ärzte? Patienten? Gibt es überhaupt eine bestimmte Zielgruppe?Christoph Witte: Zielgruppe unserer Disease-Attention-Kampagne ist die breite Öffentlichkeit – vor allem diejenigen Menschen, die eine Impfung aus nicht faktischen Gründen ablehnen. Inhaltlich haben wir uns eng mit der Patientenselbsthilfe ausgetauscht und wertvolle Insights Betroffener umgesetzt. Uns war und ist es sehr wichtig, Long-COVID-Patienten mit dieser Kampagne nicht vor den Kopf zu stoßen. Ganz im Gegenteil, wir unterstützen die Selbsthilfe in ihrer wichtigen Arbeit. Health Relations: Wie kommunizieren sie die Aktion, über welche Kanäle? Christoph Witte: Wir sind zunächst mit einem Soft Launch über Social Media Channel gestartet. Da es (noch) ein rein Agentur-internes Herzensprojekt ist, steht kein Media-Budget dahinter. Wir sind offen für Kooperationen und freuen uns über alle, die unserer Kampagne zu Sichtbarkeit und Reichweite verhelfen. Health Relations: Warum haben Sie sich nicht schon vor dem Launch mit Organisationen, Unternehmen oder Institutionen zusammengeschlossen, um der Idee mehr Reichweite zu verleihen? Christoph Witte: Das war von Beginn an unser Ziel und wir hatten viele sehr gute Gespräche. Am Ende waren aber unsere potenziellen Partner vielleicht nicht „mutig“ genug, gleich zum Start in dieses kontrovers diskutierte Thema einzusteigen. Dafür haben wir Verständnis und arbeiten daran, im nächsten Schritt Partner für die gute Sache zu gewinnen. Health Relations: Sie sprechen es an: Mut. Es ist eine Kampagne mit Haltung, haben Sie im Netz bereits erste Anzeichen von Hate Speech oder wenig konstruktive Kritik erfahren? Christoph Witte: Ich muss ehrlich zugeben, ich bin selbst erstaunt, dass wir bisher keine einzige negative Rückmeldung erhalten haben. Wir waren darauf eingestellt und vorbereitet, doch die Kampagne wird rundum positiv wahrgenommen. Das freut uns sehr. Health Relations: Wie wichtig ist es für Healthcare Agenturen wie die Ihre, Haltung in dieser Zeit zu zeigen und beim Thema Gesundheits-Aufklärung zu unterstützen? Christoph Witte: „Haltung“ ist für PINK CARROTS im Sinne unseres Credos „Thinking Health Differently“ gelebtes Selbstverständnis. Wir sind in der glücklichen Lage, einen Beitrag zur Gesundheits-Aufklärung leisten zu können und müssen das aus meiner Sicht auch tun. Für mich ist es Ehrensache, dieses Thema auf die Agenda zu bringen – auch wenn es echtes Konfliktpotenzial hat. Health Relations: Sind weitere kommunikative Maßnahmen geplant, um die Aktion zu spreaden? Christoph Witte: Auf alle Fälle! Klasse wäre es, wenn wir Partner gewinnen könnten, die der Kampagne zu mehr Reichweite verhelfen. Wir sind dafür offen und teilen gerne auch Erfolg und Ruhm (lacht). Denn mit unserem Engagement verfolgen wir keine finanziellen Interessen, erhalten keine finanziellen Zuwendungen und generieren damit kein Agentur-Einkommen. Wer unsere Kampagne kostenfrei durch Likes, Shares oder Werbeflächen unterstützen möchte, ist herzlich willkommen.

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