Christoph Brabandt, BI X: „Wir arbeiten zunächst vor allem problemorientiert“
Wie bauen Pharmaunternehmen Innovationsnetzwerke auf und welche Rolle spielen HCPs dabei? Christoph Brabandt, Team-Leader Ideation und Scouting bei BI X, dem Digitallabor von Boehringer Ingelheim, gibt Beispiele.
- wie BI X als agile Unit im Unternehmen aufgestellt ist,
- wie Christoph Brabrandt Innovationsnetzwerke aufbaut,
- welche intersektionalen Netzwerke er für wichtig hält,
- welche Use Cases sich durch die Zusammenarbeit mit HCPs ergeben
"Intern muss man die Stakeholder und Schlüsselrollen in den Digitalteams kennen. Aber das Wichtigste ist eigentlich, das informelle Netzwerk darunter aufzubauen."Health Relations: Welche Fragen und Themen wurden dort am meisten diskutiert?Christoph Brabandt: Es gab viele Fragen. Zum Beispiel: Was machen wir, wenn wir im Team wachsen? Wann merken wir, dass es im Star-up vielleicht knirscht? Wann müssen wir uns vielleicht auch neu aufstellen und wie? BI X hat hier wertvolle Erfahrungen gemacht und kann diese teilen. Aus Corporate-Sicht können wir zudem weitere Fragen gut beantworten: Wie gewinne ich neue Kunden? Wie erschließe ich neue Märkte, wie priorisiere ich Anfragen? Health Relations: Stichwort Corporate-View: Das BI X arbeitet als agiles System innerhalb von Boehringer Ingelheim, oder?Christoph Brabandt: Ja, innerhalb des Konzerns sind wir ähnlich wie ein Start-up aufgestellt.Das heißt, wir sind von Anfang an so aufgestellt, dass wir flexibler arbeiten. Dass wir an Produkten arbeiten, die Produkte übergeben, dann die Teams neu formieren, passend zum nächsten Produkt. Wir gehen also mit dem Produkt und in die Business-Funktionen hinein. Wir holen uns Leute aus dem Konzern in die Produktteams, die uns unterstützen und die Subject-Matter-Expertise mitbringen. Medizinisches Know-how, Prozess-Know-how, je nachdem, was wir brauchen und was uns im BI X fehlt. Denn unser Job ist es, die technische Expertise einzubringen.
Was ist das BI X Labor?
BI X, das digitale Labor von Boehringer Ingelheim, entwickelt seit 2017 innovative digitale Produkte und Dienstleistungen. Das kann für den den eigenen Konzern, aber auch als Dienstleister für Partner geschehen, zum Beispiel in Form von Scouting Missions über Accelerator Programs und Co-Development bis hin zu strategischen Partnerschaften und Kundenbeziehungen. Das Labor beschäftigt um die 90 Mitarbeitende an zwei Standorten (Ingelheim und Shanghai."Derzeit stimmen sich unsere Kollegen in Spanien mit einigen Schlüsselkrankenhäusern in verschiedenen Regionen Spaniens ab, um Cardiory im Laufe dieses Jahres in die Hände von Patienten und HCPs zu bringen."Health Relations: Der Mobile World Congress ist aber kein reiner Healthcare-Kongress. Lohnt sich die Teilnahme? Christoph Brabandt:Der Healthcare-Anteil wächst dort massiv, es würde mich nicht wundern, wenn er bald eine eigene Halle bekommt. Fakt ist, dass man an manchen Stellen gar nicht mehr so richtig zwischen Healthcare und Tech trennen kann, weil viele Technologien, die ich zu Hause habe, zum Teil wiederum Enabler für Gesundheitsthemen sind. Also wenn ich an Telemonitoring denke, an zukünftige Wege in der Diagnostik, dann bin ich sofort im Bereich Consumer Tech. Ich glaube auch, dass es wichtig ist, in andere Industrien zu schauen, wie die Probleme gelöst haben. Health Relations: Mit welchen Ideen haben Sie den Mobile World Congress verlassen?Christoph Brabandt:Das Netzwerk hat mir vieles von dem bestätigt, was ich schon an Trends gesehen habe. Wearable Devices, At-Home-Tracking. Ganz konkret habe ich dort ein Start-up entdeckt, das mich sehr beeindruckt hat: Die haben Neuronen auf den Chip gebracht und trainiert. Das finde ich einfach eine wahnsinnige Technologie, mit der man überprüfen kann, wie sich eine Behandlung auf eine kognitive Fähigkeit auswirkt. Es gibt sicher noch andere Use Cases. Ich fand das ziemlich mindblowing. Health Relations: Welche Rolle spielen HCPs in ihren Netzwerken?Christoph Brabandt:Ein gutes Beispiel für ein Netzwerk mit HCPs ist aus meiner Sicht CARDIORY. Es wurde von BI X in Zusammenarbeit mit Kollegen in Spanien und mit einem Krankenhaus in Spanien entwickelt. Wir wollten verstehen, wie der Weg eines Herzfehlerpatienten oder einer Herzfehlerpatientin ist. Ein:e Herzfehler-Patient:in hat ein extrem hohes Risiko, 90 Tage nach der Behandlung im Krankenhaus wieder stationär aufgenommen werden zu müssen. Das muss erkannt werden, und zwar schnell. Basierend auf den Erkenntnissen, die wir von den HCPs gewonnen haben, haben wir eine digitale Lösung entwickelt, um relevante Patientenparameter zu Hause zu verfolgen. Er oder sie pflegt die Daten zu Hause in eine App ein und kann sie den Ärzten im Krankenhaus zeigen. Wichtig ist: Wir zeigen die Parameter nur an. Die Interpretation, was diese Parameter bedeuten, liegt beim Arzt. Denn in dem Moment, in dem wir anfangen würden, auch die Interpretation anzuzeigen, wären wir ein Medizinprodukt und würden auch unter die komplette Regulierung fallen. Derzeit stimmen sich unsere Kollegen in Spanien mit einigen Schlüsselkrankenhäusern in verschiedenen Regionen Spaniens ab, um Cardiory im Laufe dieses Jahres in die Hände von Patienten und HCPs zu bringen. Health Relations: Stößt das BI Xpersonell auch einmal an seine Grenzen?Christoph Brabandt: Die Netzwerke fungieren als Multiplikatoren, weil je nach Produkt Leute aus anderen Einheiten an unser System andocken, Wir nennen das Product Owner. Ich bin jetzt seit über 17 Jahren im Konzern. Ich lerne eigentlich jede Woche einen neuen Bereich von Boehringer kennen, den ich vorher noch nicht kannte und sehe neue Facetten des Konzerns. Und ich kann sagen, diese Prozesse machen uns agil und schlagkräftig.