Cross Innovation Hub: Kreative Kollaboration schafft Innovation
Die Hamburg Kreativ Gesellschaft bringt in ihrem Cross Innovation Hub die Healthcare- und Kreativ-Branche zusammen, um Kooperationen zu schmieden und innovative Projekte zu initiieren. Für Pharma ein Beispiel, wie der Blick über den vielzitierten Tellerrand aussehen kann.
Kollaboration ist derzeit eines der großen Themen in der Pharma-Branche. Innovation braucht den Sprung aus der eigenen Blase und die Zusammenarbeit mit anderen Branchen. Genau bei diesem Gedanken setzt die Hamburg Kreativ Gesellschaft mit ihrem Cross Innovation Hub an. Das mit EU-Geldern finanzierte Projekt ging 2016 an den Start und verfolgt das Ziel, Innovation in der Frühphase durch branchenübergreifende Zusammenarbeit mit der Kreativwirtschaft zu stimulieren. Dieses geschieht in Form von unterschiedlichen Formaten und Projekten wie den Start-up Days, den monatlichen Get-Together-Abenden oder spezifischen Veranstaltungsreihen, die Kreative gezielt mit bestimmten Branchen zusammenbringen. Jährlich zählt der Hub ca. 1.600-2.000 Personen, die dieses Angebot nutzen. Auch Healthcare-Unternehmen haben dieses Angebot bereits entdeckt, unter anderem MedTech- oder Gesundheits-Institutionen. Doch auch für Pharma stellt der Hub eine vielversprechende Option dar, um durch die Zusammenarbeit mit Kreativen innovative Impulse im eigenen Unternehmen zu setzen. Eine Inspiration, wie der Blick über den Tellerrand gestaltet werden kann, ist dieses Projekt allemal. Wir haben mit Jenny Kornmacher, Projektleiterin des Cross Innovation Hubs, über die Herausforderungen in der Zusammenarbeit von Healthcare und Kreativwirtschaft gesprochen und erfahren, welche Formate in naher Zukunft auch für Pharma interessant sein könnten. Health Relations: Die Healthcare-Branche setzt derzeit stark auf das Thema Kollaboration. Können Sie das aus Ihrer Erfahrung heraus bestätigen? Jenny Kornmacher: Absolut. Und diese Entwicklung kommt uns sehr entgegen. Wir freuen uns, dass wir mit unserem Cross Innovation Hub offensichtlich den Nerv der Zeit getroffen haben. Ende 2014 haben wir mit der Konzeption dieses Formats begonnen, da war die Idee der branchenübergreifenden Zusammenarbeit noch nicht populär. Die Vorbehalte, die es damals noch gab, haben sich inzwischen zerschlagen. Health Relations: Woran, glauben Sie, liegt das?Jenny Kornmacher: Das liegt denke ich zum einen am Innovationsdruck, den die Unternehmen zunehmend spüren. Zum anderen ist es in der Erkenntnis begründet, dass die digitale Transformation nicht mehr nur aus der eigenen Kompetenz heraus gelöst werden kann. Man muss zusätzliche Kompetenzen hinzuholen und einbinden."Uns ist es wichtig, nicht am Markt vorbei zu entwickeln. Es geht immer auch darum, kreative Ideen in die Wirtschaftlichkeit zu überführen."Health Relations: Wie sind Ihre Erfahrungen speziell im Bereich Healthcare? Welche Projekte haben Sie in diesem Segment angestoßen?Jenny Kornmacher: In dem Bereich Gesundheit haben wir eines unserer allerersten Projekte durchgeführt, nämlich die Sommerakademie 'Lernen mit Virtual Reality in den Bereichen gesundheitliche Prävention und Stressmanagement' im Jahr 2017. Meist arbeiten wir mit kleinen oder mittleren kreativen Unternehmen zusammen, manchmal aber auch mit Studierenden. So in diesem Fall: 17 Studierende aus den unterschiedlichsten Bereichen haben an der Sommerakademie teilgenommen. Es waren zum Beispiel eine Juristin dabei, eine Dramaturgin, eine Journalistin, Game-Entwickler oder Motion Designer. Health Relations: Wie sind Sie auf das Thema VR, Prävention und Stressmanagement gekommen?Jenny Kornmacher: Wir haben gemeinsam mit Medizinern, unter anderem mit einem Neurologen, und unseren Partnern die Schnittstellen zwischen Medizin und Kreativwirtschaft identifiziert. An welcher Stelle gibt es Synergien? Wir sind dann relativ schnell auf das Thema Prävention und Stressmanagement gekommen. Health Relations: Wer waren Ihre Partner bei diesem Projekt?Jenny Kornmacher: Unsere Kooperationspartner waren das Career Center der Universität Hamburg, das Cluster Life Science Nord und das eHealth- Netzwerk der Gesundheitswirtschaft Hamburg, mit denen wir eng zusammenarbeiten. Zusätzliche Unterstützung und Expertise erhielten wir bei diesem Format durch Löwenstein Medical, das HAW/SIMLab, das Medizinisches PräventionsCentrum Hamburg, Philips und die Techniker Krankenkasse. Generell, bei all unseren Formaten, holen wir Kompetenzen aus den anderen Branchen dazu, um gemeinsam im Rahmen eines Think Tanks im Vorfeld Innovationsprojekte abzustecken. Uns ist es wichtig, nicht am Markt vorbei zu entwickeln. Es geht immer auch darum, kreative Ideen in die Wirtschaftlichkeit zu überführen und keine Luftschlösser zu bauen. Die dürfen zu Beginn sein, müssen aber relativ schnell in die Realisierbarkeit überführbar sein. Health Relations: Wie genau kann ich mir den Ablauf dieser Sommerakademie vorstellen?Jenny Kornmacher: Die Akademie umfasste einen Design-Thinking-Prozess, der mit einer Reihe von Vorträgen von Expertinnen und Experten zum Thema begann. Anschließend wurden neue Ideen in insgesamt drei interdisziplinären Teams von Studierenden entwickelt. In einem anschließenden Hackathon wurden die Ideen in digitale Prototypen übersetzt. Zum Abschluss der zweiwöchigen Akademie wurden diese Prototypen vor Experten präsentiert. Es entstanden drei vielversprechende VR-Experiences.
"Mit dem Digital Health Hub Hamburg konzipieren wir ein neues Format speziell für Healthcare."Health Relations: Wie ging’s danach weiter? Immerhin steht die wirtschaftliche Realisierung von Projekten im Mittelpunkt Ihres Hubs?Jenny Kornmacher: Tatsächlich ist aus diesem Projekt ein Team hervorgegangen, das gegründet hat. Der Mediziner Taher Pham hat gemeinsam mit einem Betriebswirtschaftler und einem Gamesdesigner das Start-up Metronus ins Leben gerufen. Angesiedelt ist es im Bereich Orthopädie und VR. Durch die Visualisierung von Bewegungsabläufen, kombiniert mit spielerischen Elementen aus dem Games-Sektor, können nach Sportverletzungen beispielsweise am Knie Bewegungsabläufe zuhause trainiert werden.
INFO: Metronus ist ein virtuelles Reha-Programm. In Virtual Reality geht es beispielsweise darum, durch Körperbewegungen einen Ball auf Kurs zu halten und bestimmte Ziele zu treffen. Auch kann man seinem Avatar dabei zusehen, wie er die Kniebeugen macht, die man selber durchführt. Ein virtueller Trainer führt den Patienten also durch das Programm, der Patient kann in dem Reha-Spiel die Identität eines Superhelden oder Leistungssportlers übernehmen und sich so nebenbei noch einen kleinen Traum erfüllen.
Health Relations: Gab es weitere Unterstützungsformen nach Beendigung der Sommerakademie?Jenny Kornmacher: Nach der Sommerakademie gab es die Möglichkeit, sich als Team auf eine Ausschreibung zur Umsetzung des Prototypens sowie die Teilnahme an einem 'Living Lab' in Tallin bei der Filmförderung Hamburg-Schleswig Holstein zu bewerben. In zusätzlichen Formaten wie den Start-up Days oder unserem Accelerator, den wir im Herbst 2018 durchgeführt haben, konnten die Metronus-Gründer immer wieder Expertisen und Hilfestellung einholen. So haben wir dieses Projekt über einen Zeitraum von rund eineinhalb Jahren in verschiedenen Modulen begleitet. Health Relations: Sind weitere Veranstaltungen nach Vorbild der Sommerakademie für Healthcare geplant?Jenny Kornmacher: Ja, aktuell gerade wieder. Mit dem Digital Health Hub Hamburg konzipieren wir ein neues Format speziell für Healthcare, in dem wir gezielt Kreativ- mit der Gesundheitswirtschaft zusammenbringen möchten. Wir suchen aktuell Unternehmen aus der Healthcare-Branche, die dieses Projekt mit uns feststecken und die nächsten Schritte planen möchten. Außerdem sind Unternehmen aus der Gesundheitsbranche immer willkommen, an unserem Pop-up-Office teilzunehmen. Kreativschaffende und Berufstätige aus anderen Branchen, Solo-Selbständige und Angestellte aus Start-ups, Mittelstand und Großkonzernen, Gestalter oder Analytiker gehen in diesem Format gemeinsam durch einen intensiven dreitägigen Arbeitsprozess, um neue Denkanstöße und praktische Impulse für ihre Arbeit in Teams – auch über Unternehmens- und Branchengrenzen hinweg – zu gewinnen.
"Wenn man die Kompetenzen des anderen respektiert, kommen eigentlich immer gute Sachen raus."Health Relations: Aktuell starten Sie auch wieder mit der Akquise für das diesjährige Cross Innovation Lab, oder? Ist dort die Gesundheitswirtschaft auch willkommen?Jenny Kornmacher: Natürlich! Voraussetzung: Unternehmen, die hier mitmachen, müssen gerade ein Vorhaben haben, in dem sie ein Produkt entwickeln wollen. Und sich bereit erklären, dieses mit Kreativen umzusetzen, und zwar für den gesamten Prozess. Das Cross Innovation Lab geht über einen Zeitraum von sechs Wochen, von Mitte Oktober bis Ende November. Es ist ein von uns moderierter Prozess, an dessen Ende Prototypen oder ganz geschärfte Prototypen-Konzepte entstehen. Im Anschluss können Start-ups sich um eine Förderung durch die Hansestadt bewerben. Jeder, der Lust hat und ein Produkt entwickeln möchte, kann mitmachen. Health Relations: Was müssen Unternehmen und Kreativschaffende generell mitbringen, um mitzumachen?Jenny Kornmacher: Eigentlich nur Interesse. Je nach Modell der Zusammenarbeit kann es für Unternehmen zu Kosten kommen, das legen wir im Vorfeld fest. Generell müssen beide Seiten die Offenheit mitbringen, auf Augenhöhe miteinander zu arbeiten. Kreativ-Unternehmen und Healthcare sind unterschiedliche Ökosysteme, aber man kann viel voneinander lernen. Wenn man die Kompetenzen des anderen respektiert, kommen eigentlich immer gute Sachen raus.
Interessenten für das diesjährige Cross Innovation Lab können sich mit Theo Haustein, zuständig für Cross-Innovation-Kooperationen, unter Telefon 040-8797986-27 oder theo.haustein@kreativgesellschaft.org in Verbindung setzen.