Der Branchenverband BVMed schlägt Alarm: Die Medizintechnik blickt sorgenvoll in die Zukunft. Das liegt nach Einschätzung der Branche auch an den Anforderungen der neuen EU-Medizinprodukte-Verordnungen.
Der
BVMed führt jedes Jahr eine Onlinebefragung unter seinen Mitgliedern durch. Von den 225 angeschriebenen Unternehmen hatten sich in diesem Jahr 106 beteiligt. Die Auswertung der Umfrage zeigt nun, dass die Medizintechnik-Unternehmen im internationalen Export sehr erfolgreich sind. Das Wachstum liegt hier, wie auch im letzten Jahr, bei 6 Prozent.
In Bezug auf das Wachstum in Deutschland jedoch lag der Wert lediglich bei 2,8 Prozent. Das ist ein deutlich schlechteres Ergebnis als im Vorjahr: Da waren es noch 4 Prozent. 30 Prozent der Befragten rechneten auch mit sinkenden Renditen.
Als Grund für den Rückgang beim inländischen Wachstum geben die Firmen unter anderem eine
Zunahme an regulatorischen Hemmnissen an. Mit dem Inkrafttreten der europäischen
Medizinprodukteverordnung sind zusätzliche Anforderungen an die Unternehmen gestellt worden, die auch zu einer Kostensteigerung geführt haben. 68 Prozent der Befragten äußerten die Befürchtung, dass in der Folge Produkte aus ökonomischen Gründen vom Markt genommen werden müssen oder gar nicht erst den Weg in den Markt finden.
Weniger neue Stellen in der Medizintechnik
Auch auf den Arbeitsmarkt haben die jüngsten Entwicklungen erste Auswirkungen: Nur noch 44 Prozent der Medizintechnik-Unternehmen schaffen 2017 neue Stellen. Im Vorjahr waren es noch 66 Prozent.
17 Prozent der Firmen sehen sich sogar gezwungen, Arbeitsplätze abzubauen. Ein besorgniserregender Trend, wenn man bedenkt, dass die Branche ein wichtiger Treiber für den medizinischen Fortschritt ist und rund 60 Prozent der Firmen angeben, dass gut ausgebildete Fachkräfte eine besondere Stärke des Standortes Deutschland ist.
Auf der anderen Seite erwarten 53 Prozent der MedTech-Unternehmen, dass sie künftig durch die neue EU-Medizinprodukteverordnung zusätzliches Personal benötigen werden. 33 Prozent wollen das mit bereits vorhandenem Personal ausgleichen.
88 Prozent der Unternehmen haben offene Stellen zu besetzen. 76 Prozent von ihnen geben zu, aufgrund des Fachkräftemangels Probleme bei der Besetzung dieser offenen Stellen zu haben.
Der "Innovationsklima-Index Medizintechnik" des BVMed fiel im vierten Jahr in Folge
Um die Rahmenbedingungen für Innovationen zu verbessern, haben die Befragten Forderungen an die Politik:
Viele MedTech-Unternehmen wünschen sich eine "Forschungsbeschleunigung". 49 Prozent wollen ein schnelleres Bewertungsverfahren für MedTech-Innovationen. 39 Prozent wären sogar für die Einführung eines eigenen "Forschungsbeschleunigungsgesetzes".
Der Aufwand für Innovationsprojekte von der Idee bis zum Markteintritt ist für KMUs nicht mehr leistbar. Dadurch werden innovative Lösungen vielfach nicht weiter verfolgt und kommen nie in die Patientenversorgung.
Marc Michel, Geschäftsführer Peter Brehm
Auch eine bessere internationale Anerkennung von Studien soll der Forschung Rückenwind geben.
Darüber hinaus äußerten die Unternehmen den Wunsch nach einer aktiven Beteiligung an Prozessen des Gemeinsamen Bundesausschusses. Dessen Entscheidungen werden zu langsam gefällt, was die Unternehmen ausbremst, finden 39 Prozent der Befragten.
Digitalisierung wirkt sich noch nicht aus
Die Digitalisierung spielt für viele der befragten Unternehmen noch keine große Rolle. Lediglich 39 Prozent der MedTech-Firmen sehen sich davon betroffen. An dieser Stelle muss jedoch erwähnt werden, dass der BVMed in erster Linie Unternehmen aus dem Bereich Gebrauchs- und Verbrauchsgüter vertritt. Die Firmen, die sich bereits von der Digitalisierung betroffen fühlen, erwarten die größten Veränderungen in den Bereichen
elektronische Rechnungen, elektronische Beschaffungsmaßnahmen und medizinische Apps.
Infografik: © BVMed/dpa-InfografikTitelbild: © BVMed/Freudenberg Medical