Digital Health bei Lilly: Von Partnerschaften, Blockchain und neuen Apps
Niko Louris: Digitalisierung wird zunehmend auch unsere Industrie verändern, das Gesundheitswesen wird keine Ausnahme darstellen. Alle Zielgruppen sind mittlerweile digitaler geworden. Somit geht auch die Erwartungshaltung dahin, dass Lösungen von Pharmaunternehmen angeboten werden, die digitale Aspekte haben. Mit der in 2020 neu geschaffenen Position wollten wir einen Fokus hierauf setzen. Digitale Lösungen werden zukünftig noch deutlich mehr Teil der Versorgung sein und diese wollen wir mitgestalten.
Health Relations: Was haben Sie bislang erreicht?Niko Louris: Das Thema Digital Health ist nicht neu bei Lilly. Neu ist aber der Fokus auf die lokale Umsetzung. Die Strategieentwicklung bzw. Anpassung globaler Strategien auf den deutschen Markt war ein Kernthema, das uns in den letzten Monaten stark beschäftigt hat. Hinzu kam die Ausrichtung auf neue Partnerschaften. Ein Beispiel ist die Kooperation mit dem Ökosystem Flying Health oder das App-Angebot der „Digitalen Hausapotheke“.
Health Relations: Wie sehen diese Partnerschaften konkret aus?Niko Louris:Unser Partner Flying Health begleitet uns nicht nur als Netzwerk- bzw. Ökosystempartner, sondern berät uns auch in strategischer Sicht und unterstützt bei der Umsetzung von Digital Health Projekten. Bei der digitalen Hausapotheke handelt es sich um ein indikationsübergreifendes Medikamentenmanagement. Durch die Kooperation mit der App können wir Informationen zu unseren Medikamenten, den Patientinnen und Patienten mit Verordnung einfach und schnell zur Verfügung stellen. Die App beinhaltet beispielsweise Reminder-Funktionen, Anwendungs-Videos oder weitere Zusatzinformationen. Bei allen Lösungen, die wir mitgestalten, geht es uns darum, Betroffenen gute Management-Tools an die Hand zu geben und dabei die Integration in den Versorgungsalltag zu ermöglichen. Das tun wir, indem wir keine Lilly-isolierten Lösungen entwickeln, sondern kundenorientiert über neutrale Apps und Plattformen arbeiten.
Health Relations: Gibt es weitere Partnerschaften?Niko Louris:Jetzt gerade im Dezember sind wir mit einem weiteren Flaggschiff-Projekt gestartet. Es geht um eine Patienten-App für Neurodermitis. Lilly fungiert hier als Partner des kanadischen Start-ups, Bowhead Health, welches Herausgeber dieser App ist. Im Laufe der nächsten Monate sollen dann weitere Länder dazustoßen.
Health Relations: Wie kam es zu der Partnerschaft?Niko Louris:Vor zwei Jahren testeten wir gemeinsam mit Bowhead Health im Rahmen eines anderen Projekts, wie die Blockchain-Technologie im Gesundheitswesen eingesetzt werden kann, mit dem Ziel Gesundheitsdaten besser zu schützen. Dabei haben wir Potenziale erkannt, die wir für die neue Neurodermitis-App nutzen wollten.
Health Relations: Warum brauchte es eine eigene Stelle Digital Health & Innovation bei Lilly? „Bei allen Lösungen, die wir mitgestalten, geht es uns darum, Betroffenen gute Management-Tools an die Hand zu geben und dabei die Integration in den Versorgungsalltag zu ermöglichen.“Health Relations: Neurodermitis-Apps gibt es bereits. Wie hebt sich Lilly hier vom Wettbewerb ab?Niko Louris: Ausschlaggebend für uns war, Patientinnen und Patienten die Kontrolle über relevante Gesundheitsdaten zu geben. Das heißt: Bowhead Health bietet eine Plattform an, die den Nutzern auf Basis der Blockchain-Technologie ermöglicht, dezentral gespeicherte Daten zu besitzen und den Zugriff darauf transparent zu kontrollieren. Dies verbessert die Sicherheit, die Integrität und den Schutz persönlicher Gesundheitsdaten. So etwas gab es für Patientinnen und Patienten mit Neurodermitis in dieser Form in Deutschland noch nicht. Gleichzeitig bringen wir als Pharmaunternehmen unser Know-how mit ein, um die Plattform des Start-ups so anzupassen, dass aus Sicht der Betroffenen eine sinnvolle Lösung entsteht. Health Relations: Was kann die App konkret für Patientinnen und Patienten leisten? Können Sie Beispiele nennen?Niko Louris:Betroffene haben mithilfe der App die Möglichkeit, diverse Aspekte zu dokumentieren. Das sind zum Beispiel Krankheitsschwere, Schübe, Juckreiz und Trigger-Faktoren. Darüber hinaus können sie Verlaufsberichte erzeugen und diese auch mit dem Praxisteam teilen. Health Relations: Wie kommunizieren Sie die neue App im Bereich Neurodermitis?Niko Louris:Die Kommunikation des Projekts und der Lösung ist Sache von Bowhead Health. Wir als Lilly sind nicht Herausgeber oder Entwickler dieser App, unterstützen aber natürlich die Bekanntmachung. Man kann aber sagen, dass vorwiegend Social-Media-Kanäle bespielt werden. Health Relations: Wie können Sie das Vertrauen der Betroffenen in digitale Lösungen gewinnen?Niko Louris:Das ist eine Frage, die gerade in den letzten Monaten bei uns sehr stark im Fokus stand. Für Erkrankte ist es nicht einfach, die richtigen digitalen Lösungen zu finden. Ärztinnen und Ärzte spielen hier eine ausschlaggebende Rolle. Gewinnen sie einen klaren Überblick darüber, welche Lösungen sinnvoll und medizinisch validiert sind, dann werden sie diese auch an die Patientinnen und Patienten herantragen. Daher arbeiten wir eng mit Ärztinnen und Ärzten zusammen. Denn es geht auch darum, die geschaffenen Lösungen sinnvoll in die Versorgung integrieren zu können. Health Relations: Wo sehen Sie das größte Potenzial im Bereich Digital Health?Niko Louris:Auf der einen Seite haben wir als Pharmaunternehmen unser Portfolio an Produkten, unsere Medikamente. Auf der anderen Seite gibt es viele digitale Möglichkeiten für chronisch kranke Patientinnen und Patienten, den Alltag zu bewältigen. Wenn man das als Pharmaunternehmen zusammenbringt, hat man den Punkt erreicht, an dem der größte Mehrwert generiert werden kann. Digitale Lösungen werden entlang der Patient Journey die analoge Versorgung ergänzen. Dabei werden Patienten-Plattformen, Apps bzw. DiGAs, die elektronische Patientenakte, Wearables oder Virtual-Reality-Lösungen eine immer größere Rolle im deutschen Gesundheitssystem spielen. Sobald die Menschen die Fülle der Möglichkeiten erkennen und nutzen, wird es eine weitere Welle der Digitalisierung im Gesundheitswesen geben. Health Relations: Welche nächsten Schritte sind bei Lilly geplant? Niko Louris:Wir arbeiten weiter stark in Richtung Partnerschaften, sowohl mit innovativen Start-ups, Digital Hubs, wie zum Beispiel dem 5-HT Digital Hub, als auch mit weiteren Akteuren und Industriepartnern, um Patientinnen und Patienten in Zukunft nicht nur durch unsere Medikamente, sondern auch mithilfe von digitalen Tools zu unterstützen.