Doctolib ist ein erfolgreicher eHealth-Anbieter. Wie ist der Konzern in Deutschland aufgestellt, welche Pläne gibt es für die Zukunft und was weiß das Unternehmen über den Digitalisierungsstand von deutschen Ärzt:innen?
Doctolib ist ein europäisches Health-Tech-Unternehmen, das 2013
in Frankreich gegründet wurde. Kernmärkte sind Frankreich, Deutschland und Italien. Hier hat sich das Unternehmen als Marktführer für die Online-Buchung und
Verwaltung von Arztterminen entwickelt. Inzwischen ist Doctolib zu einer 360°-Lösung zur Unterstützung von Gesundheitsfachkräften geworden.
Zum Portfolio gehören unter anderem: der
digitale Instant-Messenger für Gesundheitseinrichtungen (Doctolib-Team), ein
digitales, förderfähiges Patientenportal (Doctolib Hospital) für die Umsetzung des Krankenhauszukunftgesetzes (KHZG), die nahtlose Integration der Videosprechstunde sowie ein ausgereiftes COVID-Impfmanagement für die Optimierung der Patientenflusssteuerung. "Die Idee für Doctolib kam Stan Niox-Chateau, während er an der Gründung des Unternehmens LaFourchette beteiligt war, das ähnlich wie Quandoo oder OpenTable Restaurant-Reservierungen online regelt. Weil er seit seiner Kindheit stotterte, wusste er aus eigener Erfahrung, dass digitale Lösungen Menschen mit Sprachstörungen Terminbuchungen erheblich erleichtern können", erzählt
Managing Director für Doctolib Deutschland Nikolay Kolev.
Heute setzen nach eigenen Angaben 70.000 Ärzt:innen und Gesundheitsfachkräfte in Deutschland auf Doctolib (320.000 in Europa). Auf Seite der Patient:innen verzeichnet der Konzern mehr als 10 Millionen Nutzer:innen (70 Millionen in Europa). In Deutschland ist das Unternehmen aktuell an 12 Standorten vertreten. Der deutsche Hauptsitz befindet sich in Berlin.
Deutschland muss bei Digitalisierung aufholen
In Sachen Digitalisierung sieht man für Deutschland noch viel
Nachholbedarf. "Viele sinnvolle Projekte entfalten nicht ihr volles Potenzial und können auch nicht flächendeckend skalieren", kritisiert Nikolay Kolev. Als Ursache dafür sieht er
systemische, aber auch praktische Herausforderungen. So mangele es Ärzt:innen und Gesundheitsfachkräften z. B. an zeitlichen Ressourcen, sich mit IT-Themen auseinanderzusetzen.
Zudem sei es für Nutzer:innen schwer, sich im Dickicht der diversen Softwarelösungen für Teilbereiche und deren Komplexität zurechtzufinden. "Damit die flächendeckende Digitalisierung des Gesundheitswesens gelingen kann, braucht es daher eine
klare Strategie und die Bereitschaft aller beteiligten Akteur:innen zur Kooperation über verschiedene Sektoren hinweg, weshalb wir die partizipative Strategie des BMG begrüßen", so Nikolay Kolev. Darüber hinaus müssten die tatsächlichen Nutzer:innen, also die Patienten:innen und Leistungserbringer:innen,
bereits bei der Entwicklung der Strategie und nicht erst der Implementierung einbezogen werden. "Diesen Ansatz verfolgen wir beispielsweise in unserer Produktstrategie und bei der Entwicklung unserer Lösungen", berichtet der Geschäftsführer und fährt fort: „Der Prozess, den wir
Co-Building nennen, stellt sicher, dass Doctolibs digitale Funktionalitäten und Tools im Alltag der Gesundheitsfachkräfte wirklich nützlich und einfach zu bedienen sind.“
Nutzer:innen in Entwicklungsprozesse einbinden
Eine dieser Lösungen hat das Unternehmen schon auf den Weg gebracht: Mit dem kostenlosen,
Ende-zu-Ende verschlüsselten Messenger Doctolib Team wurde im Mai 2022 erstmals eine DSGVO-konforme Alternative zu konventionellen privaten Messenger-Diensten auf den Markt gebracht. Als Erweiterung der bestehenden Software ermöglicht der Messenger einen schnellen und sicheren Kommunikationsfluss innerhalb und zwischen Gesundheitseinrichtungen. Der Geschäftsführer kündigt für 2023 weitere Produkte und Produktfeatures an.
Die
Einbindung der Nutzer:innen in die Entwicklungsprozesse ist ein fester Bestandteil der Arbeit des Unternehmens. So wurde z.B. im April 2022 ein Open Co-Building Community gelauncht, in der alle Kund:innen mit einem Community-Account Projekte auswählen können, an denen sie mitwirken möchten. Ein aktuelles Projekt ist die Unterstützung von Krankenhäusern bei der Implementierung eines KHZG-förderfähigen Patientenportals (
Doctolib Hospital). Über das Patientenportal können Patient:innen sowie ihre niedergelassenen Ärzt:innen die passende Einrichtung für ihren Krankenhausaufenthalt finden und Termine im Krankenhaus online buchen oder anfragen. Patient:innen erhalten vorab Zugriff auf relevante Behandlungsinformationen und können im Vorfeld wichtige Dokumente ausfüllen und teilen – z.B. digitale Anamnesebögen, Einweisungsscheine und Vertragsunterlagen – oder Wahlleistungen in ihrem Konto hinzubuchen.
Doctolib Digital Health Report
Im Juni 2022 hat Doctolib in Kooperation mit dem Marktforschungsinstitut GIM (Gesellschaft für Innovative Marktforschung mbH) erstmalig eine
Studie unter Ärzt:innen verschiedener Fachrichtungen zum Status quo der Digitalisierung in deutschen Arztpraxen herausgegeben. Zudem wurden über 1000 Patient:innen und Nutzer:innen zu ihren Bedürfnissen und Wünschen an eine digitalisierte, medizinische Versorgung befragt. Neben der Darlegung des aktuellen Digitalisierungsstandes in deutschen Arztpraxen gibt der Report einen detaillierten Überblick über die priorisierten Wünsche, Potenziale und Hindernisse auf Arzt- und Patientenseite. (Die nachfolgenden Studienergebnisse beziehen sich auf den Digitalisierungsstand von deutschen Arztpraxen.)
Zentrale Ergebnisse der Studie zum Digitalisierungsstand von Arztpraxen:
- Nur rund 3 Prozent der befragten Ärzt:innen nutzen keine digitalen Tools.
- Mehr als die Hälfte der Befragten und somit der größte Anteil der Ärzt:innen haben medizinische Geräte mit digitalen Schnittstellen im Einsatz.
- Knapp 70 Prozent der befragten Ärzt:innen möchten künftig digitale Tools zur Kommunikation nutzen. Aktuell werden diese von etwa 28 Prozent genutzt.
- 73 Prozent der Ärzt:innen planen, ihre Termine online für Patient:innen buchbar zu machen sowie (weitere) digitale medizinische Geräte einzuführen.
- Auffällig ist, dass knapp die Hälfte der Befragten ein großes Potenzial im Bereich der digitalen Verordnungen und Überweisungen sehen, jedoch lediglich 11 Prozent diese im Praxisalltag nutzen.
- Online-Rezeptbestellungen werden lediglich von 17 Prozent der Befragten genutzt. Künftig möchten 42 Prozent der Ärzt:innen diese einsetzen.
- Rund 70 Prozent der Ärzt:innen sehen deutlichen Nachholbedarf in puncto Digitalisierung im deutschen Gesundheitswesen
Fazit: Die Datenlage zeigt eine Diskrepanz zwischen dem Potenzial, das Ärzt:innen in digitalen Angeboten wie der digitalen Befundübermittlung und digitalen Kommunikation mit anderen Gesundheitsfachkräften sehen, und der tatsächlichen Nutzung solcher Angebote. Patient:innen hingegen fordern von ihren Ärzt:innen das Angebot und die Nutzung vielfältiger digitaler Services und Tools. In der Realität stehen diese noch nicht im gewünschten Umfang zur Verfügung.