Dr. Fridtjof Traulsen, Boehringer Ingelheim Deutschland: Vom Forscher zum Firmenchef
Standortleiters in Biberach und den des Vorsitzenden der Geschäftsführung der Boehringer Ingelheim Deutschland GmbH. Im Januar 2024 trat Dr. Fridtjof Traulsen die Nachfolge von Dr. Sabine Nikolaus an. Eine weitere Station in seiner Karriere bei dem familiengeführten Pharmaunternehmen, die vor knapp 24 Jahren begann.
In dieser Zeit hatte Fridtjof Traulsen verschiedene Führungspositionen im Unternehmen inne – in den USA und an den deutschen Standorten Ingelheim und Biberach. Letzteren leitet er seit 2020. Es ist der größte Standort für Forschung und Entwicklung (F&E) und Biotechnologie von Boehringer Ingelheim. Nach eigenen Angaben investierte der Konzern 350 Millionen Euro in Technik und Gebäude, mehr als 1000 Arbeitsplätze wurden unter seiner Leitung in Biberach geschaffen. Nun ist er also Landeschef – und blickt optimistisch in die Zukunft.
Das passt zum Markenclaim und zum neuen Corporate Design, das Boehringer Ingelheim Ende 2023 präsentierte. „Life forward“ heißt der Claim. Er steht unter anderem den unerschütterlichen Optimismus, der das global agierende Pharmaunternehmen antreibt. In Zahlen zeigt sich der in den mehr als 30 Zulassungen, die Boehringer Ingelheim bis 2029 im Bereich Humanpharma plant. „Wir haben gerade eine starke Pipeline über verschiedene Therapiegebiete hinweg“, sagt Fridtjof Traulsen. „Für jemanden, der wie ich in diesem Unternehmen 20 Jahre Forschungs- und Entwicklungsarbeit gemacht hat, ist das wirklich gigantisch.“ Und noch etwas stimmt den neuen Vorsitzenden der Geschäftsführung von Boehringer Ingelheim Deutschland zuversichtlich. „Auch bei den Rahmenbedingungen in den Gesprächen mit der Politik haben wir Fortschritte erzielen können. Immerhin gibt es jetzt eine Pharmastrategie der Bundesregierung.“
Angst vor Kraftakten hat man bei Boehringer Ingelheim nicht. In Biberach ist man derzeit noch zu über 90 Prozent von fossilen Energieträgern abhängig. „Wir hatten den Mut zu sagen: Bis 2030 wollen wir klimaneutral sein. Jetzt sind wir auf dem Weg dorthin.“ In Ingelheim sei man schon viel weiter. Für Biberach sei es aber noch ein längerer Weg. „Da braucht es auch einen langen Atem.“ Klare Ansagen gibt es auch in Richtung derer, die versuchen, die Demokratie in Deutschland zu destabilisieren. „Es ist wichtig, die Demokratie zu stärken, weil Offenheit und Freiheit auch Rahmenbedingungen sind, unter denen wir besser Innovationen schaffen und wirtschaften können. Außerdem ist in einem Familienunternehmen die Verbindung von gesellschaftlichem Engagement und Unternehmertum besonders stark. Das ist Teil unserer DNA.“
Glaubt man dem Philosophen Leibniz, ist es der Optimismus, der uns die Fähigkeit verleiht, nicht zu resignieren und sich den Hürden des Lebens zu stellen. Fridtjof Traulsen weiß um die Herausforderungen, die die Zukunft bringt. Er weiß aber auch um die, die bereits hinter ihm liegen. Verloren sind nur die Prüfungen, die man nicht antritt.
Im Moment trägt er zwei Hüte. Den des „Wie bekommen wir Fachkräfte aus dem Ausland nach Deutschland?"Die Herausforderungen für die Pharmabranche sind vielfältig. Manche stellen selbst seinen Optimismus auf eine harte Probe. Zum Beispiel der drohende Fachkräftemangel. Hätte der Fokus in den vergangenen vier Jahren nicht auf der COVID-19-Pandemie und ihren Folgen gelegen, so wäre er längst eines der großen Themen in der Pharmabranche. „Wie bekommen wir Fachkräfte aus dem Ausland nach Deutschland? Die Lücken, die durch den demografischen Wandel entstehen, werden nur schwer zu schließen sein.“ Im Moment stehen für ihn aber noch Fragen rund um die Diskussion um den Wirtschaftsstandort Deutschland im Vordergrund. „Wir haben immer noch eine innovationsfeindliche Gesetzgebung“, postuliert er. „Wir haben weiterhin das Thema, dass wir nicht so richtig wissen, wie es langfristig weitergeht, auch mit Innovationen in klinischen Studien. Bevor wir in Deutschland wieder in die Wahlkampfphase und in neue Diskussionen gehen, müssen wir diese Themen angehen und Lösungen erarbeiten.“ Derzeit führt der Boehringer-Chef viele Gespräche mit Expert:innen aus Wissenschaft, Forschung und Politik. Er ist sich sicher: Ohne Mut geht es nicht. Mut, Entscheidungen zu treffen, zu investieren. Klar, sagt er, können mutige Investitionen in Pipelineprodukte Entscheidungen bei Misserfolg ein Unternehmen in Schieflage bringen. "Das ist aber bei der Fülle der Pipeline derzeit nicht zu erwarten."