eDetailing ist nicht neu und doch erlangt dieses Tool durch die Covid-19-Pandemie einen neuen Stellenwert in der Außendienstkommunikation. Gehört der persönliche Kontakt mit dem Arzt der Vergangenheit an?
"Begleitend zur Markteinführung eines Migräne-Präparates hat die Firma Novartis ein Internet-Projekt gestartet: Unter www.interaktiv.novartis.de kann der Arzt auf Online-Dienste zugreifen, die über die üblichen Produktinformationen hinausgehen. E-Detailing heißt die Methode (...)", schrieb 2003 das Deutsche
Ärzteblatt. Damals war eDetailing oder auch Remote eDetailing noch ein neues Tool in der Außendienstkommunikation. Das hat sich grundlegend geändert. Schon vor der Coronakrise hat das digitale Marketing eine zunehmend wichtigere Rolle im Dialog mit Ärzten und HCPs gespielt, aber jetzt, in Zeiten der Kontaktbeschränkungen, erhält
eDetailing eine tragende Funktion. Die Pandemie ist ein Brennglas – für Probleme aber auch für Potenziale.
Die Vorteile liegen klar auf der Hand: Das interaktive Online-Echtzeit-Meeting zwischen dem Vertriebsmitarbeiter und dem medizinischen Fachpersonal ermöglicht den kontaktfreien Dialog. Viele Ärzte bevorzugen zudem eine
zielführende und flexible Kommunikation, die sich gut in ihren Arbeitsalltag einbinden lässt. Auch das kann eDetailing bieten. Es kann medizinische Fragen beantworten und Sachverhalte erklären, und zwar dann, wenn der Arzt die Informationen braucht.
"Seit Ausbruch der Pandemie ist der Bedarf am virtuellen Austausch mit unseren Kunden gestiegen."
Foto: Amgen GmbH
Für Manfred Heinzer, seit dem 1. September 2020 neuer Geschäftsführer der Amgen GmbH in Deutschland, ist eDetailing kein Neuland. Im Gegenteil: 2018 holte das Unternehmen beim Comprix mit dem "Amgen Biosimilars eDetailing“ Gold in der Kategorie "Digitale Außendienst-Unterstützung". Dennoch sieht er weiteres Entwicklungspotenzial.Health Relations: Wie nutzen Ihre Pharmaberater eDetailing?Manfred Heinzer: Digitale Kanäle gehören bereits heute zum Handwerks-Zeug unseres Außendienstes. Digitale Materialien nutzen wir seit einigen Jahren im Rahmen der persönlichen Besprechungen mit Ärztinnen und Ärzten. Im Gespräch sind digitale Präsentationen über unsere Arzneimittel zur Unterstützung oft sehr hilfreich. Je nach individueller Anfrage können auch gezielt Informationen aus der Fachinformation oder zu den Wirkmechanismen oder auch aktuelle Studienergebnisse digital abgerufen werden.
Health Relations: Wie sieht es bei der Entwicklung von eDetailing-Materialien aus: Bringen sich Ihre Pharmaberater ein?
Manfred Heinzer: Bei uns sind die Außendienstkolleginnen und -kollegen fester Bestandteil bei der Entwicklung neuer Materialien. So bringen sie frühzeitig ihre – und damit die Perspektive des Kunden – ein. Das ist für uns ein ganz wesentlicher Beitrag, um bedarfsgerechte Materialien zu erstellen.
Health Relations: Materialien entwickeln ist das eine, eDetailing anwenden das andere. Wird der Außendienst geschult – und verstärken Sie diese Schulungen im Rahmen der Pandemie jetzt?
Manfred Heinzer: Alle unsere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter im Außendienst werden im Rahmen ihrer Einstellung und im Laufe ihrer Tätigkeit für uns mehrmals im Jahr in regelmäßigen Auffrischungstrainings zu den Inhalten sowie der Zusammensetzung der verfügbaren Materialien geschult. Im Bereich „digitale Affinität“ sehen wir auf beiden Seiten des Gesprächstisches ein gewisses Entwicklungspotential.
Health Relations: Was heißt das genau?
Manfred Heinzer: Seit Ausbruch der Pandemie ist der Bedarf am virtuellen Austausch mit unseren Kunden gestiegen. Deshalb bieten wir unseren Kolleginnen und Kollegen im Außendienst Schulungen zu diesem Thema an. Dabei stehen die richtige Auswahl des Kanals sowie der genutzten Medien für uns im Vordergrund.
Die Balance finden
Bei allen Vorteilen: Es gibt auch kritische Stimmen. Den
persönlichen Kontakt könne eDetailing – noch – nicht gänzlich ersetzen, sagt beispielsweise Dr. Karl-Werner Leffers, Vorsitzender der Geschäftsführung der UCB Pharma GmbH. Man müsse die Balance halten, um auch wirklich alle Ärzte mitnehmen zu können.
Dennoch erleben wir eine Entwicklung, die nicht umkehrbar ist. Während der Coronakrise wurden Kongresse und Konferenzen abgesagt, viele von ihnen wurden ins Digitale verlegt. Der
virtuelle Kontakt wird zur neuen Norm, auch für die Ärzteschaft. Medizinische Online-Kongresse und Fortbildungen werden von den Fachkreisen gut angenommen. Technologische Innovationen, moderne Videokonferenzsoftware oder der Ausbau der digitalen Infrastruktur sind weitere Push-Faktoren. All das wirkt sich auf die Arbeit des Außendienstlers aus. In Zukunft wird dieser vermutlich weit weniger reisen, sondern in den Weiten des Internets kommunizieren. Prioritäten werden sich verschieben: Der persönliche Kundenkontakt ist dann ein optionales Add-on.
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