3 Tage, 120 Sprecher, 50 Live-Produktdemos und über 600 Besucher – das war die Health 2.0-Konferenz im Mai 2016 in Barcelona.
Wer hier dabei ist, kann sich nur schwer der Faszination entziehen, die von den völlig neuen Denk- und Lösungsansätzen für die Healthcare-Branche ausgeht. Besonders in der Zusammenarbeit von Medizinern und IT-Experten liegt ein enormes Potenzial, dass unser Gesundheitswesen verändern kann und wird. Betrachtet man die Projekte, die im Mai 2016 auf der Health 2.0 in Barcelona vorgestellt wurden, lassen sich die großen Innovationen in drei Bereiche untergliedern, in denen aktuell eine enorme Entwicklung zu sehen ist:
Anamnese, Decision Support und Patient Liberation.Anamnese
Am weitesten ist dabei der Bereich Anamnese fortgeschritten: Viele neue Anwendungen unterstützen den aufgeklärten Patienten beim selbstständigen Erfassen von Gesundheitsdaten, die an den Arzt übermittelt werden und die Grundlage für therapeutische Entscheidungen bieten. Dabei kommen neben etablierten Themen wie Blutzuckermessung und Herzfrequenz immer intelligentere Abfrage-Algorithmen zum Einsatz. Diese führen den Patienten anhand sinnvoll aufeinander aufbauender Fragen durch komplexe Entscheidungsbäume, die im Hintergrund ablaufen. Genauso, wie es ein guter Arzt im Gespräch mit dem Patienten auch macht.
Decision Support
Eine spürbare Dynamik geht auch vom Bereich Decision Support aus: Hier geht es darum, dass Patientendaten nicht nur erfasst werden, sondern dass Lösungen über die Intelligenz verfügen, die Daten zu analysieren und erste Empfehlungen abzugeben. Dies kann Ärzte bei der Therapieentscheidung unterstützen.
Health 2.0 in Barcelona: Big Data Healthcare Innovationen werden greifbar.
Patient Liberation
Patient Liberation ist der dritte große Health 2.0 Trend, der in Barcelona im Fokus stand. Dieser birgt aus meiner Sicht das größte Potenzial, das Gesundheitswesen grundsätzlich zu verändern und ist aktuell bereits in Ansätzen zu sehen. Die Idee: Software-Lösungen werden so intelligent, dass sie aus den individuellen Patientendaten eine verlässliche Diagnose und Therapieempfehlung ableiten. Dies soll dadurch möglich werden, dass die Software Zugriff auf Millionen vergleichbarer Fälle im entsprechenden Indikationsgebiet hat. Wirkt auf den ersten Blick vielleicht unrealistisch – kommt aber heute tatsächlich schon z.B. im Bereich der Radiologie bei der Befundung vor.
Gastautor Gunther Tutein ist Geschäftsführer bei Spirit Link Medical, Healthcare-Agentur mit digitalem Schwerpunkt. Er beschäftigt sich seit einigen Jahren mit dem Thema Health 2.0, ist regelmäßiger Besucher internationaler Konferenzen, leitet die Health 2.0-Gruppe in Erlangen/Nürnberg und ist Mitglied im Bundesverband Internetmedizin (BiM).
Doch wo steht Health 2.0 aktuell tatsächlich? Aus meiner Sicht befinden wir uns momentan in einer Phase, in der langsam aber sicher aus Visionen echte Geschäftsmodelle werden. Die gezeigten Projekte weisen inzwischen einen sehr hohen Reifegrad auf: Die meisten Start-ups beziehen Patienten und Ärzte aktiv in die Entwicklung ihrer Lösungen ein und sorgen so für die nötige Praxistauglichkeit. Und auch randomisierte klinische Studien gehören mittlerweile dazu, um die Effektivität neuer Entwicklungen zu belegen. Dies führt zu immer mehr Zulassungen als Medizinprodukt und durch die amerikanische Food and Drug Administration (FDA) sowie zu einer steigenden Zahl an Kostenübernahmen durch die Krankenkassen.
Wer sich auch heute schon mit den Innovationen von morgen beschäftigen möchte: Die nächste Health 2.0-Konferenz findet vom 25.-28. September 2016 in Santa Clara (Kalifornien) statt. Mehr dazu unter
www.health2con.com.