Fitness Wearables sind mehr als Spielzeuge für Geeks oder Sport-Junkies. Pharma- und MedTech-Unternehmen haben das erkannt – und setzen auf Healthcare Wearables und Kooperationen.

Die Zahlen sprechen für sich. Rund 166 Millionen Euro setzten die Hersteller von Wearables 2015 in Deutschland um. Im vorangegangenen Jahr waren es noch knapp 90 Millionen Euro. Neben der Smart Watch sind es vor allem Fitness- und Health Tracker, die sich steigender Beliebtheit erfreuen. Die Datensammler entsprechen dem digitalen Zeitgeist, verbinden das Bedürfnis der User nach gesundheitlicher Optimierung, Innovation und Alltagstauglichkeit. Ein Trend, der auch die Medizin erfasst hat. Denn Wearables haben großes Potenzial: Als Indikatoren für Diagnosen und in der Therapiebegleitung. Aus Fitness-Tools werden Healthcare Wearables.

Healthcare Wearables: Mit Kooperationen neue Märkte erschließen

Pharma- und MedTech-Unternehmen haben das Potenzial bereits für sich entdeckt. Und längst sind große Player auf dem Gesundheitssektor an diesem Thema dran. Sie nutzen vorhandene Technologien und bilden Kooperationen mit Tech-Unternehmen. Beispiele: Pfizer arbeitet derzeit eng mit IBM, um Wearables für Parkinson-Patienten zu entwickeln. Und Medtronic weitet seine Expertise im Bereich Diabetes-Forschung weiter aus, indem es mit dem Marktführer Fitbit kooperiert, um gemeinsam eine App für das Fitnessarmband zu entwickeln. Mit der sogenannten „Fitbits iPro2 myLog“-App können Diabetespatienten ihr Aktivitätslevel und ihre Glukosewerte selbstständig und dauerhaft überwachen.
Von Schrittzähler zu Parkinson- und Diabetes-Tracker: Die MedTech-Industrie hat Wearables für sich entdeckt. © istock.com/mediaphotos

Von Schrittzähler zu Parkinson- und Diabetes-Tracker: Die MedTech-Industrie hat Wearables für sich entdeckt. © istock.com/mediaphotos

„Die Integration von Wearable Technik in professionelle Diagnostikgeräte kann ein detaillierteres und aktuelleres Bild der Patientensituation liefern“, ist Adam Pellegrini, Vice President for Digital Health bei Fitbit, überzeugt. Der Arzt hat die Möglichkeit, die Daten digital einsehen zu können. Bisher mussten Patienten für das Monitoring ihrer Blutzuckerwerte mehrere Devices, Apps oder Diabetes-Tagebücher in Papierform nutzen. Hatte der behandelnde Arzt also zuvor nur Zugriff auf ausgewählte Daten, erhält er nun einen allumfassenden Einblick auf die Lebenswelt seines Patienten. Er kann analysieren, welche Tätigkeiten die Messwerte seines Patienten beeinflussen und auf dieser Basis eine optimale Therapie erarbeiten. Auch Studien von Forschern der Stanford University in Kalifornien belegen den Nutzen von Healthcare Wearables. 60 Versuchspersonen wurden mit Messgeräten ausgestattet, die zum Beispiel den Blutdruck, den Puls, den Sauerstoffgehalt des Bluts, die Hauttemperatur und die Atemfrequenz protokollierten. Ohne medizinischen Fokus. Die gesammelten Daten ließen Rückschlüsse auf den aktuellen Gesundheitszustand der Probanden zu. Einer der Teilnehmer litt beispielsweise an einer Infektion – sie konnte vor Ausbruch diagnostiziert und medizinisch behandelt werden.

Healthcare Wearables und Body Monitoring: Mehr Datenanalyse, weniger Dialog

Body Monitoring beeinflusst medizinische Arbeitsprozesse. In Zukunft wird kaum ein Hausarzt um den Einsatz von Healthcare Wearables herumkommen, prognostiziert auch der Kardiologe Prof. Dr. Friedrich Köhler, Leiter des Zentrums für kardiovaskuläre Telemedizin an der Charité, im Interview mit der Stiftung Gesundheit. Der Mediziner ist Teilprojektleiter bei „NexGen – Next Generation of Body Monitoring“. Das Projekt entwickelt Technologien und Komponenten für portable Gesundheitssysteme. Laut Köhler sind die Möglichkeiten, die Body Monitoring mithilfe von Healthcare Wearables bietet, groß. Sie würden den Arzt-Patienten-Dialog maßgeblich mitbestimmen. Voraussetzung sei aber, dass die Bedürfnisse des Arztes frühzeitig in die Entwicklung der digitalen Tools einfließen, um Usability und Anforderungen wie dem Datenschutz gerecht zu werden. Medizinern und Entwickler müssten eng zusammenarbeiten. Healthcare Wearables werden den Arbeitsalltag von Ärzten verändern. Langfristig. Der Fokus der Therapie verschiebt sich weg vom persönlichen Arzt-Patienten-Dialog hin zur Auswertung von medizinischen Daten. Auch hier können Healthcare-Unternehmen punkten, indem sie den Mediziner bei dieser Arbeit mit unterschiedlichen Serviceangeboten und digitalen Programmen unterstützen. Indem sie kooperieren. Mit Produzenten von Wearable-Technologien. Und mit den behandelnden Ärzten. Denn gemeinsam ist man stärker.
Beitragsbild: © istock.com/Chesky_W