Praxisübernahmen sind immer noch die beliebteste Form der Niederlassung. Neugründer werden für Hersteller von Geräten und moderner Einrichtung immer kaufkräftiger. Das belegt der aktuelle „InvestMonitor Zahnarztpraxis“.

Wer sich als Zahnarzt niederlassen will, muss sich über vieles klar werden. Etwa: Welcher Schwerpunkt soll es sein? Welcher Standort ist dafür geeignet? Und soll die Praxis allein oder mit Kollegen geführt werden? Die meisten Zahnärzte bevorzugen den Alleingang. Dabei übernehmen sie am liebsten eine bestehende Einzelpraxis. So entschieden sich im Jahr 2015 65 % der zahnärztlichen Existenzgründer. Vor 5 Jahren waren es 57 %.

Praxisübernahme: Patientenstamm ist vorhanden

klingenberger_david

Dr. David Klingenberger, Co-Autor des "InvestMonitor Zahnarztpraxis" seitens des IDZ.

Für Zahnärzte hat eine Praxisübernahme eine Reihe Vorteile. Eigentlich geht man damit auf Nummer sicher. Denn der Patientenstamm des Vorgängers wird sozusagen gleich mit übernommen. Außerdem lassen sich Investitionen über Jahre hinweg strecken. Eine Kehrseite ist: „Unter Umständen müssen die Existenzgründer in Kauf nehmen, dass die Praxis einen Stand von vor zehn Jahren repräsentiert“, sagt Dr. David Klingenberger, Co-Autor des „InvestMonitor Zahnarztpraxis“ 2015. Was jedoch nicht bedeute, dass Patienten eine schlechtere Behandlung erfahren. Doch muss es tatsächlich immer die Einzelpraxis sein? Sicher nicht. Die Arbeit mit Kollegen gewinnt an Bedeutung. Fast ein Drittel (28 %) der Existenzgründer entscheiden sich für eine Berufsausübungsgemeinschaft (BAG). So eine Gemeinschaftspraxis hat ihren Reiz: Das Startkapital muss nicht so hoch sein, man kann sich gegenseitig vertreten und fachlich austauschen. Auf der anderen Seite besteht beispielsweise das Risiko eines heftigen Streits unter den Partnern. Was zwar aus dem InvestMonitor nicht hervorgeht, möglicherweise jedoch zutrifft: Unter Umständen könnte es leichter sein, seinen Anteil an der Praxis an einen Nachfolger zu übergeben.

Investitionen bei Neugründungen: Fast eine  halbe Million

Investitionen bei der Übernahme einer Einzelpraxis hielten sich im Vergleich zu Neugründungen im Rahmen. So lag das Gesamtfinanzvolumen bei einer Einzelpraxisübernahme 2015 bei 326.000 Euro und damit moderat höher als im Vorjahr. Kräftig angezogen haben dagegen die Investitionen bei Neugründungen. Mit allem Drum und Dran lagen die Ausgaben bei durchschnittlich 484.000 Euro pro Neugründung. Das waren 15 % mehr als ein Jahr zuvor (2014).„Mein Eindruck ist, das vor allem diejenigen eine Praxis neu gründen, die partout nichts Passendes finden, weil sie ganz genaue Vorstellungen haben und davon nicht abweichen wollen“, sagt Klingenberger.Wie in alle anderen Praxisformen wurde auch 2015 mehr in die BAG investiert: Nach einem deutlichen Rückgang des Finanzierungsvolumens bei Übernahmen einer BAG im Jahr 2014 sind die Investitionen mit 292.000 Euro gegenüber dem Vorjahr um 11 % gestiegen. Auch für die Neugründung einer BAG wurde mit 330.000 Euro mehr Investitionskraft abgerufen – gegenüber dem Vorjahr war das ein Anstieg um 6 %. Ebenfalls mehr investiert haben Zahnärzte beim Einstieg in eine BAG: Mit 310.000 Euro 20 % mehr als im Vorjahr.

Investitionen: Technik macht den Löwenanteil aus

Da die Digitalisierung in der Zahnmedizin bereits weit fortgeschritten ist, fließt viel Geld in die Medizingeräte. Wobei Zahnärzte in Großstädten mehr Wert auf die technische Modernisierung legen als ihre Kollegen auf dem Land. Bei einer Einzelpraxisneugründung machen die Investitionen in medizinisch-technische Geräte und Einrichtung nach wie vor den Löwenanteil an den Gesamtausgaben aus. Im Jahr 2015 betrug ihr Anteil 59 % an der Gesamtfinanzierung. Es war auch in absoluten Zahlen ein gutes Jahr für Hersteller: Neugründer von Einzelpraxen gaben im Jahr 2015 288.000 Euro für medizinisch-technische Geräte und Einrichtung aus, und damit 38 % mehr als Einzelpraxis-Neugründer im Vorjahr (2014: 209.000 Euro).  Im Falle einer neu gegründeten BAG wurden im vergangenen Jahr Investitionen in Höhe von 202.000 Euro getätigt (2014:163.000 Euro). Bei einer Einzelpraxisübernahme wurden 2015 nur 60.000 Euro in die medizinisch-technischen Geräte plus Einrichtung investiert; bei der Übernahme einer Berufsausübungsgemeinschaft waren es 53.000 Euro.

Junge Zahnärzte sind zurückhaltend

Viele Zahnärzte schieben die Existenzgründung auf die lange Bank. Das Gros (65 %) ist zwischen 31 und 40 Jahre alt. 21 % sind älter als 40 Jahre. Tendenziell ist ein zunehmender Anteil der Zahnärztinnen über 40 bei der Niederlassung. Junge Zahnärzte wiederum sind zurückhaltend. Bis zum 30. Lebensjahr lassen sich nur 14 % nieder. Verhältnismäßig viele von ihnen (39 %) steigen in eine BAG ein. Was dahinter steckt? Jüngere haben noch nicht so viel verdient, wollen sich nicht zu viel Geld von der Bank leihen und legen mehr Wert auf die Work-Life-Balance. Spannend dürfte künftig werden, wie die noch jungen arztgruppengleichen Medizinischen Versorgungszentren (MVZ) das Niederlassungsverhalten der Zahnärzte und damit den Dentalmarkt verändern werden.

„InvestMonitor Zahnarztpraxis“

Der jährliche Bericht entsteht als Kooperationsarbeit zwischen dem Institut der Deutschen Zahnärzte (IDZ) und der Deutschen Apotheker- und Ärztebank (apoBank). Seit 1984 analysieren sie das zahnärztliche Investitionsverhalten bei der Niederlassung. Für das Jahr 2015 wurden bundesweit 521 Finanzierungsfälle ausgewertet – ein relevanter Ausschnitt aus den insgesamt 1299 Existenzgründungen in Deutschland also. Bei der Existenzgründung unterschiedet der InvestMonitor zwischen Einzelpraxisübernahme, Neugründung einer Einzelpraxis sowie der Berufsausübungsgemeinschaft. Letztere wird zusätzlich gesplittet in eine Neugründung, Übernahme und einen Einstieg beziehungsweise Beitritt.
© Beitragsbild: fotolia.com/Westend61