„Digitalisierung in der Medizin – was die Daten uns verraten“ lautete der Titel der virtuellen Podiumsdiskussion von Roche. Das Besondere: Sie richtete sich gezielt an interessierte Laien. Ein Debüt für das Unternehmen. Dr. Johannes Ritter, Head of Communications Roche Diagnostics Penzberg, über Learnings und Überraschungen.
Health Relations: Herr Dr. Ritter, Sie gehören zu den Initiatoren der virtuellen Podiumsdiskussion von Roche. An dem 90-minütigen Livestream nahmen insgesamt rund 1.000 Zuschauer teil, bis zum Ende blieben 550. Wie beurteilen Sie diese Zahl? Dr. Johannes Ritter: Diese hohe Zahl hat uns überrascht. Bereits 15 Minuten vor Veranstaltungsbeginn warteten um die 90 Teilnehmer:innen auf Einlass zum Stream. Bereits einen Tag später zählten wir 1.600 Klicks auf YouTube, Stand heute (10. Juni 2021, Anm. der Redaktion) 2.430 Klicks. Health Relations: Sie sagen, Sie waren überrascht: Wie viele Teilnehmer:innen hatten Sie erwartet? Dr. Johannes Ritter: Hätte man uns im Vorfeld gefragt, hätten wir wahrscheinlich gesagt, dass wir schon mit 500 Zuschauer:innen mehr als zufrieden gewesen wären. Für uns war eine Veranstaltung wie diese, die sich gezielt an interessierte Laien richtet und das im virtuellen Raum, ein Novum. Von daher waren wir unsicher, wie die virtuelle Podiumsdiskussion angenommen wird. Unsere Erwartungen wurden auf jeden Fall gesprengt, was uns sehr freut.
"Unsere Erwartungen wurden auf jeden Fall gesprengt, was uns sehr freut."
Health Relations: Interessierte Laien, das klingt nach einer heterogenen Zielgruppe. Dr. Johannes Ritter: Sie haben recht, die Zielgruppe war heterogen. Wir wollten gezielt die Bürgerinnen und Bürger im Umkreis von ca. 40 km um unsere deutschen Standorte in Mannheim, Penzberg, Grenzach-Wyhlen und Ludwigsburg ansprechen sowie Journalisten und unsere Mitarbeitenden. Health Relations: Haben Sie diese Zielgruppen erreicht, können Sie uns etwas über die Zusammensetzung der Zuschauenden berichten? Dr. Johannes Ritter: YouTube bietet da wenig Möglichkeiten, mehr Informationen über die Zusammensetzung der Teilnehmer:innen zu bekommen. Aber die hohe Anzahl der Interessierten als auch die hohe Interaktionsrate – rund 80 Fragen wurden während des Live-Streams von den Zuschauenden gestellt – zeigt uns, dass wir viele Menschen mit unserer Thematik erreichen konnten.
"Auf Facebook haben Sie diese breite Zielgruppe, aber es fehlt die Qualität der Kontakte. YouTube war aus unserer Sicht die beste Wahl."
Health Relations: Warum haben Sie sich eigentlich für ein offenes Format auf YouTube entschieden – und nicht für einen Kanal, der Ihnen mehr Informationen über die Teilnehmenden gewährt? Dr. Johannes Ritter: Wir wollten die Hürden bewusst niedrig halten. Eine Registrierung im Vorfeld hätte potenziell Interessierte abschrecken können. Außerdem haben wir uns bewusst für ein neutrales Umfeld entschieden. Es ist etwas Anderes, ob ich eine digitale Veranstaltung auf einer Unternehmensplattform besuche oder auf YouTube, auch wenn es sich hier um einen Roche-Unternehmens-Kanal handelt. Health Relations: Haben Sie auch andere Kanäle im Vorfeld in Betracht gezogen? Dr. Johannes Ritter: Wir haben auch andere soziale Netzwerke und unseren eigenen Streamingmedia-Kanal geprüft. LinkedIn liegt auf der Hand, aber dort treffen Sie vor allem auf professionelle Zielgruppen. Sie finden hier nur bedingt Schüler, Pensionäre oder Laien. Auf Facebook haben Sie diese breite Zielgruppe, aber es fehlt die Qualität der Kontakte. YouTube war aus unserer Sicht die beste Wahl, zumal Roche hier einen gebrandeten Kanal pflegt.

Hintergrund: Die Veranstaltung

Die virtuelle Podiumsdiskussion „Digitalisierung in der Medizin – was die Daten uns verraten“ fand am 27. April 2021 statt. Auf dem Podium saßen Prof. Dr. med. phil. Eva Winkler, Nationales Centrum für Tumorerkrankungen (NCT) Heidelberg und Sektion Translationale Medizinethik, Universitätsklinikum Heidelberg, Eva Schumacher-Wulf, Brustkrebspatientin und Chefredakteurin “Mamma Mia!“, Dr. Anna Bauer-Mehren, Leiterin der Abteilung Data Science in der Pharmaforschung bei Roche Penzberg, Prof. Dr. med. Andreas Schneeweiss, Nationales Centrum für Tumorerkrankungen (NCT) Heidelberg und Deutsches Krebsforschungszentrum (DKFZ) Heidelberg und Prof. Dr. Ing. Horst K. Hahn, Institutsleiter Fraunhofer Institute for Digital Medicine MEVIS, Bremen. Ausgestrahlt wurde die Diskussion auf dem YouTube-Channel von Roche, Zuschauer konnten während der Veranstaltung Fragen über das Tool slido stellen. Die Teilnahme war kostenfrei, eine Anmeldung war nicht erforderlich.
Health Relations: Wie haben Sie den Round Table im Vorfeld kommuniziert? Dr. Johannes Ritter: Zum einen über den LinkedIn Event-Link, zum anderen über unseren Twitter-Kanal. Darüber hinaus haben wir externe Kooperationen geschmiedet mit Verlagen an unseren einzelnen Standorten. Wir haben mit ihnen zusammen Kampagnen gestartet und in den jeweiligen lokalen Tageszeitungen, Anzeigenblättern und auf deren sozialen Kanälen bzw. über Online-Marketing die virtuelle Diskussionsrunde beworben. Und auch bei unseren Mitarbeitenden und somit bei ihren Familien und Freunden haben wir viel Werbung gemacht. Health Relations: Sogar in Anzeigen- und Wochenblättern? Das wirkt fast Retro… Dr. Johannes Ritter: Mag sein, aber das müssen Sie machen, wenn Sie eine solch breite Zielgruppe inklusive auch der älteren Generation erreichen möchten. Dieser Multi-Channel-Mix hat sehr gut funktioniert. Health Relations: Kommen wir zum Hintergrund der Veranstaltung: Ist die Idee der virtuellen Podiumsrunde ein Kind der Pandemie?Dr. Johannes Ritter: Das ganze Thema war eingebettet in unsere viermonatige Kampagne „Data: The Future of Healthcare“. Die Podiumsdiskussion war sozusagen der Höhe- und Schlusspunkt. Thematisch ist es nicht unbedingt ein Kind der Pandemie, das Thema Daten und personalisierte Medizin ist ein originäres Roche-Thema. Allerdings haben wir im Dezember letzten Jahres noch gedacht, dass wir im April 2021 bereits wieder eine physische Veranstaltung durchführen oder zumindest die Diskutierenden und den Moderator am Round Table zusammenführen könnten. Wir haben uns schließlich ganz gegen eine Präsenz- und für eine digitale Veranstaltung entschieden. Nur der Moderator war aus technischen Gründen vor Ort, alle anderen wurden via Zoom hinzugeschaltet, eine Regie vor Ort hat für die professionelle Übertragung auf YouTube und die technische Umsetzung gesorgt. Health Relations: Nun war der virtuelle Round Table ein Erfolg – und somit kann man ja schon fast von einem Glücksfall sprechen, oder? Dr. Johannes Ritter: Glücksfall? Nein. Das Thema muss stimmen! Unser Ansatz hat funktioniert: Wir wollten die breite Öffentlichkeit erreichen, indem wir den Patienten in den Mittelpunkt stellen. Mit Eva Schumacher-Wulf hatten wir einen tollen Gast, die uns als Betroffene ihre Sichtweise schilderte. Meistens spricht man ja nur  "über" die Erkrankten und bevorzugt über technologische Themen wie die elektronische Krankenakte. Das wollten wir nicht. Wir wollten mit den Betroffenen sprechen. Zudem haben wir viel Arbeit in das Briefing unserer Gäste investiert. Und den technischen Aufwand darf man auch nicht unterschätzen. Die Idee, Ausstattung und Umsetzung muss stimmen.
"Wir konnten mehr Menschen erreichen, weil die geografische Nähe zu einem unserer Standorte keine Rolle spielte."
Health Relations: Sicherlich hatte der Round Table Hand und Fuß und Sie haben sich nicht aufs Glück verlassen. Dennoch war die durch das pandemische Geschehen erzwungene Entscheidung für die digitale Form am Ende eine, die Ihnen in die Karten spielte, oder? Dr. Johannes Ritter: Sicherlich, wir konnten mehr Menschen erreichen, weil die geografische Nähe zu einem unserer Standorte keine Rolle spielte. Physisch wären wir vermutlich auf eine Zuschaueranzahl von um die 300 limitiert gewesen. Das ist also auch eine Ressourcenfrage: Lieber geben wir Geld für gute Medienkonzepte, Reichweite und Inhalte als für die Hardware rund um ein Event aus. Der lokale Ansatz hätte uns wahrscheinlich genauso viel gekostet und uns weniger Reichweite gebracht. Health Relations: Über die Vorteile sprachen wir, wie sieht es mit den Nachteilen aus? Dr. Johannes Ritter: Der soziale Kontakt und das Netzwerken gehen bei digitalen Veranstaltungen wie diesen verloren. Dennoch: Wir nutzen in unserem Unternehmen pandemiebedingt seit über einem Jahr verstärkt Videokonferenzen in der internen Kommunikation und können damit sehr gut größere Unternehmensveranstaltungen steuern. Ich bin mir sicher, das wird auch nach Covid-19 bleiben. Health Relations: Wird es weitere Publikumsformate wie dieses geben?Dr. Johannes Ritter: Wir arbeiten mit vielen digitalen Formaten. Wenn es thematisch passt, kann es durchaus sein, dass wir dieses Format wiederholen. Zum jetzigen Zeitpunkt aber ist die Kampagne abgeschlossen. https://youtu.be/M8rnEquSH3A

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