Wie kann man Pharmamarketing anschaulich, lehrreich und gleichzeitig unterhaltsam gestalten? Das Pharmaunternehmen Lilly Deutschland GmbH hat darauf eine Antwort gefunden: indem man Virtual Reality und Augmented Reality einbindet. Katharina Bayerl ist Brand Managerin bei Lilly Deutschland GmbH und verantwortlich für diesen Bereich im Unternehmen.

Health Relations: VR und AR sind spannende Technologien. Warum hat Lilly Deutschland entschieden, diese für das Pharmamarketing einzusetzen?

Katharina Bayerl:Unsere VR- und AR-Technologie wurde in Kooperation mit der Universität Erlangen mit dem Ziel entwickelt, innovative Ansätze zur Verbesserung der Lehre und der Arzt-Patienten-Interaktion zu ermöglichen. Mit dem sich daran anschließenden langfristigen Ziel, die Ausbildung von Medizinstudenten zu verbessern und die Versorgungsqualität in der Rheumatologie in Deutschland zu erhöhen, um Versorgungslücken zu reduzieren.

Health Relations: Wie genau nutzen Sie VR, um Ihre Marketingziele zu erreichen?

Katharina Bayerl: Im Pharmamarketing möchten wir nicht nur Informationen vermitteln, sondern echte Erlebnisse schaffen. Auf Kongressen oder Fortbildungen setzen wir die VR-Brille ein, um den Teilnehmenden ein plastisches Verständnis von Erkrankungen wie rheumatoider Arthritis, Axialer Spondyloarthritis oder Psoriasis-Arthritis zu vermitteln. Statt statischer Präsentationen erleben Ärztinnen und Ärzte Krankheitsverläufe dreidimensional, etwa die Unterschiede zwischen Früh- und Spätstadien einer Erkrankung. Das erzeugt eine völlig neue Form des Engagements. Darüber hinaus können wir in der virtuellen Realität reale Patientenfälle anonymisiert darstellen, inklusive der sichtbaren Effekte einer Therapie. Das verdeutlicht Medizinerinnen und Medizinern, warum eine frühzeitige und kontinuierliche Behandlung wichtig ist. Dieses innovative Storytelling hilft uns, zentrale Botschaften effektiver zu kommunizieren.

Neue Standards im Dialog mit Ärztinnen und Ärzten

Health Relations: Welche Vorteile sehen Sie für die Kommunikation mit Ärztinnen und Ärzten?

Katharina Bayerl: VR ermöglicht eine deutlich intensivere Interaktion. Mit herkömmlichen Materialien wie Broschüren oder Slides ist es schwierig, komplexe Inhalte spannend zu vermitteln. Mit VR hingegen erreichen wir Aufmerksamkeit und Begeisterung, die im medizinischen Umfeld oft als „Wow-Effekt“ beschrieben wird. Ein weiterer Vorteil ist, dass wir der Zielgruppe durch immersive Erlebnisse nicht nur informieren, sondern ihnen Werkzeuge an die Hand geben können, die sie selbst nutzen. Beispielsweise können sie die App mit ihren Patientinnen und Patienten verwenden, um Behandlungsoptionen anschaulicher zu erklären. Das stärkt die Arzt-Patienten-Kommunikation und kann so indirekt auch die Bindung an unsere Produkte/ unser Unternehmen fördern.

Health Relations: Wie wichtig ist es für ein Pharmaunternehmen, solche Technologien einzusetzen?

Katharina Bayerl: Es geht nicht nur darum, sich von der Konkurrenz abzuheben, sondern auch um die Rolle, die Pharmaunternehmen heute spielen. Früher standen Produkte im Fokus; heute erwarten Ärztinnen, Ärzte und Patientinnen und Patienten Mehrwert. Technologien wie VR und AR sind ein hervorragender Weg, um diesen Mehrwert zu schaffen – sei es durch bessere Informationen, innovative Schulungen oder die Unterstützung im Praxisalltag.

Die Zukunft des Pharmamarketings

Health Relations: Sehen Sie VR und AR eher als Trend oder doch als festen Bestandteil der Zukunft?

Katharina Bayerl: Ich bin überzeugt, dass VR und AR die Zukunft des Pharmamarketings nachhaltig prägen werden. Wir befinden uns in einer Phase, in der diese Technologien noch neu sind, aber das Interesse wächst schnell. Andere Unternehmen ziehen nach, und die Technologie entwickelt sich rasant weiter. In einigen Jahren wird es wahrscheinlich Standard sein, dass Ärztinnen und Ärzte VR-Brillen nutzen – sei es in der Fortbildung, in der Diagnostik oder zur Patientenaufklärung.

Health Relations: Wie kann die Technologie noch ausgebaut werden?

Katharina Bayerl:Wir sehen großes Potenzial, VR-Anwendungen über die Rheumatologie hinaus auszubauen, etwa in der Gastroenterologie. Hier könnten wir mit zusätzlichen Tools, wie einer haptischen Weste, die Erfahrung weiter emotionalisieren. Ich könnte mir vorstellen, dass neue Technologien, sei es VR/AR/KI, die Interaktion zwischen Außendienst und Ärztinnen und Ärzten in der Zukunft unterstützen kann. Die Ärztinnen und Ärzte in abgelegenen Regionen könnten so flexibler mit uns kommunizieren.

Health Relations: Welche Rückmeldungen erhalten Sie bisher?

Katharina Bayerl: Das Feedback ist durchweg positiv. Die Medizinerinnen und Mediziner schätzen es, komplexe Themen in kurzer Zeit besser zu verstehen, und die immersive Erfahrung bleibt langfristig im Gedächtnis. Für uns ist das ein großer Erfolg, weil wir zeigen können, dass Pharmamarketing mehr sein kann als reine Werbung – es kann echte Mehrwerte schaffen.

Health Relations: Wie sehen Sie die Rolle von VR im Verhältnis zwischen Pharmaunternehmen und Ihrer Zielgruppe?

Katharina Bayerl:VR verändert die Dynamik. Es ist nicht mehr nur der Pharmaaußendienst, der Informationen liefert, sondern wir ermöglichen Ärztinnen und Ärzten, selbst aktiv zu werden. Sie können unsere Apps und Tools nutzen, um Patientinnen und Patienten besser aufzuklären oder sich selbst weiterzubilden. Dies trägt dazu bei, die Versorgungsqualität in Deutschland zu verbessern. Außerdem wird dadurch die Zusammenarbeit viel partnerschaftlicher. Das schafft Vertrauen – und letztlich stärkt das auch unsere Position als innovatives Unternehmen.