Der aktuelle Medizinklimaindex (Frühjahr 2017) der Gesellschaft für Gesundheitsmarktanalyse zeigt: Ärzte sind verhalten optimistisch – und Zahnärzte jubeln. Woran das liegt, erklärt Prof. Konrad Obermann vom Mannheimer Institut für Public Health, Sozial- und Präventivmedizin.
Aktuelle Umfragen des Leibniz-Instituts für Wirtschaftsforschung (ifo) zeigen: In den deutschen Chefetagen herrscht Hochstimmung. Der ifo-Geschäftsklimaindex stieg im Juni von 114,6 auf 115,1 Punkte. Eigentlich ist das auch für Ärzte und Zahnärzte ein Grund zum Feiern. Doch die schauen bei weitem nicht so positiv in die Zukunft wie andere Berufsgruppen – das zeigt der Medizinklimaindex Frühjahr 2017.
Seit diesem Jahr: Trennung nach Fachärzten
Die Untersuchung wird seit 2006 von der Gesellschaft für Gesundheitsmarktanalyse im Auftrag der Stiftung Gesundheit durchgeführt. Dazu werden halbjährlich die niedergelassenen Ärzte, Zahnärzte und Psychologischen Psychotherapeuten nach ihrer aktuellen wirtschaftlichen Lage und ihren Erwartungen für das nächste halbe Jahr befragt. Seit 2015 wird dabei zwischen Haus- und Fachärzten unterschieden. Für das Frühjahr 2017 wurden in Zusammenarbeit mit dem Hamburger Abendblatt zusätzlich speziell die Ärzte, Zahnärzte und Psychologischen Psychotherapeuten in Hamburg zu ihren Erwartungen befragt.
Der aktuelle Medizinklimaindex hat nachgegeben
Ein Ergebnis der Untersuchung: Deutsche Ärzte waren in Bezug auf die Beurteilung ihrer wirtschaftlichen Lage und Zukunft in den letzten Jahren optimistischer. -2,7 Punkte hat der aktuelle Medizinklimaindex (MKI) im Vergleich zu den Frühjahrswerten der vergangenen Jahre nachgegeben (2014: +2,7 / 2015: +6,2 / 2016: +0,2). Im Vergleich zum Frühjahrs-Index fällt der Herbst-Index üblicherweise niedriger aus. Auch hier konnte der MKI nur um einen Prozentpunkt zulegen. In den vergangenen Jahren lag dieser Wert zwischen 5,3 und 9,8 Punkten – und damit deutlich höher.
Die Befragung wurde von Prof. Dr. med. Dr. rer. pol. Konrad Obermann vom Mannheimer Institut für Public Health, Sozial- und Präventivmedizin durchgeführt. Dass die Ergebnisse des ifo-Geschäftsklimaindex so stark vom Medizinklimaindex abweichen, ist für Obermann nicht überraschend: „Der Medizinmarkt hat nur bedingt etwas mit dem allgemeinen ökonomischen Klima zu tun. Grundsätzlich ist die Gesundheitswirtschaft eher davon abgekoppelt.“ Und das sei ja auch politisch so gewollt, so der Experte. Darum komme eine positive wirtschaftliche Gesamtentwicklung nicht immer auch bei den Ärzten und Zahnärzten an. Die Ergebnisse zeigen also vielmehr, dass sich Ärzte und Zahnärzte mit künftigen Entwicklungen differenziert auseinandersetzen und ihre Lage realistisch einschätzen.
Zahnärzte schauen optimistischer in die Zukunft als ihre Kollegen
Bei genauerer Betrachtung der Studie zeigt sich eine Auffälligkeit: Zahnärzte schauen optimistischer in die Zukunft als ihre Kollegen. Woran liegt das? „Ich glaube, das liegt unter anderem daran, dass Zahnärzte es geschafft haben, sich unterschiedliche Leistungsspektren zu erarbeiten, mit denen sie ganz gut verdienen könnenZahnärzte haben es geschafft, sich unterschiedliche Leistungsspektren zu erarbeiten, mit denen sie ganz gut verdienen können“, so Obermann. Er gibt zu bedenken, dass heute viele Menschen bereit seien, für zahnärztliche Leistungen, die nicht von der Krankenkasse übernommen werden, in die eigene Tasche zu greifen.
In den letzten Jahren hat sich in der Zahnmedizin viel getan: So müssen beispielsweise heute immer weniger Kinder gegen Karies behandelt werden. „Zahnärzte machen heute deutlich mehr Präventionsarbeit als früher. Das ist sicher ein Trend, den wir auch bei den anderen medizinischen Fachrichtungen sehen werden“, meint der Experte. Wie dann solche Leistungen bezahlt werden, dürfte ein Thema sein, das viele Ärzte beschäftigt und verunsichert.
Als künftiges Trendthema sieht Obermann auch die zunehmende Digitalisierung. Daraus resultieren weitere ungeklärte Fragestellungen – zum Beispiel nach der Finanzierung digitaler Services, rechtlichen Grauzonen oder der sich wandelnden Rolle des Arztes.