MedTech-Unternehmen haben es aufgrund des zunehmenden Kostendrucks immer schwerer, ihre Produkte an Arztpraxen zu vertreiben. Angebote „beyond the Product“ sind jetzt gefragt.

Der ökonomische Zwang im Gesundheitswesen steigt, und das hat Auswirkungen auf Therapie- und Kaufverhalten der Ärzte und auf die Umsätze von MedTech-Unternehmen. Betriebswirtschaftliche Faktoren bestimmen zu einem hohen Teil die Entscheidungen von Healthcare Professionals. Laut einer Studie von MLP gaben 44 Prozent der befragten Ärzte an, sie hätten schon einmal aus Kostengründen auf Behandlungen ganz verzichten müssen, die in ihren Augen aus medizinischer Sicht angeraten gewesen wären. 2014 waren es noch 37 Prozent. Diese Zahlen belegen: Das Gesundheitssystem zwingt Ärzte zum Sparen. Betroffen ist am Ende der Patient, aber eben auch die MedTech-Industrie. Erstmals seit zehn Jahren sanken 2015 die weltweiten Umsätze in dieser Branche. Und die Prognosen sind wenig rosig.

Customer Centricity – Kenne deine Kunden!

MedTech-Unternehmen müssen schnell reagieren, um den Trend umzukehren. Sie müssen bei ihren Produkten verstärkt auf Innovation und auf eine hohe Usability setzen. In einem auf Effizienz ausgerichtetem Gesundheitswesen erfreuen sich Tools, die Arbeitsabläufe zusätzlich optimieren, steigender Beliebtheit. Wenn ein Produkt nachhaltig Kosten in den Praxen minimiert, und es zudem mit weiteren Features angereichert wird, wird es für Ärzte interessant. Leistung, Service und Mehrwerte werden eine immer wichtigere Rolle im Entscheidungsprozeß von Medizinern spielen. Voraussetzung ist, dass MedTech-Produzenten wissen, was der Arzt sich wünscht. Das ist die Herausforderung, der sich die MedTech-Verantwortlichen in Zukunft stellen müssen. Sie verlangt, neben der Auswertung von Big Data und der daraus resultierenden zielorientierten Ausrichtung der kommunikativen Strategie auf den Kunden auch Produkte vom Ansatz her neu zu denken.

Medizin 4.0 – Raus aus dem Schubladen-Denken

Industrie 4.0 lautet der Titel des Zukunftsprojekts der deutschen Bundesregierung. Er bezeichnet die sogenannte vierte industrielle Revolution, die sich unter anderem durch Individualisierung und Digitalisierung auszeichnet. Qualität und eine hohe Kundenbindung sind wichtig, um den Absatz von Produkten zu fördern. Zusätzlich aber muss die Branche ihre Arbeitsweise hinterfragen und den neuen Aufgabenstellungen anpassen. „Die Tradition schrittweiser Innovationen greift heute nicht mehr“, erklärt Dr. Siegfried Bialojan, Leiter Life Sciences bei Ernst & Young im Medizintechnik-Report 2016. Schnelle Innovationen seien gefragt. Die Branche sei mitten in einer Transformation: Während einige im Wettbewerb vor allem auf Größe und Portfoliotiefe setzten, versuchten andere, den Kunden und seine Bedürfnisse breiter abzudecken. Letzteres könnte der richtige Weg aus der Krise sein. Attraktiv sind Lösungen „beyond the product“. Gerade die Digitalisierung ermöglicht zusätzliche Serviceangebote für den Kunden wie beispielsweise Internet-Foren, Q&A Sessions in den sozialen Medien, Schulungs- und Fortbildungsvideos oder Newsletter per Messenger, die das Produkt ergänzen und einen fühlbaren Mehrwert schaffen. Zudem schaffen diese begleitenden Serviceprogramme eine Verbindung zum Arzt und somit eine Möglichkeit, deren Feedback zum erworbenen Produkt zu erhalten. Die gewonnenen Erkenntnisse können in die Entwicklung und Produktoptimierung zurückgeführt werden. Beyond the product. Customer Centricity und gezielt eingesetzte zusätzliche Kaufanreize sind Maßnahmen, die den Umsatz von MedTech-Unternehmen ankurbeln. Anreize können spezielle Preismodelle oder On-Top-Angebote sein. Und das Produkt? Das muss maßgeschneidert auf den Kunden und seine Arbeitswelt sein.  MedTech-Unternehmen müssen hier flexibler agieren, unterschiedliche Produktlinien anbieten und schneller auf Trends und Bedürfnisse reagieren. Sie müssen ihre Produkte individualisieren. Kostenreduktion, Usability und Innovation miteinander zu verbinden, ist die Aufgabe. Ganz nach dem Motto: Think outside the Box – nur, wer sich verändert, bleibt sich treu. Das gilt auch für den Erfolg von MedTech-Unternehmen.
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