Das älteste pharmazeutisch-chemische Unternehmen der Welt erfand seinen Markenkern in 2015 neu und investierte danach in Employer Branding und eine passende Markenkampagne. Teil 3 unserer Serie zum Relaunch von Merck.
#catchcurious ist das Schlagwort zur Markenkampagne von Merck: Neugier führt zu Innovation. Aber auch Preise sind drin: Zuletzt wurden am 9. Juni neben der Kampagne selbst auch die begleitende Microsite mit dem Deutschen Preis für Onlinekommunikation ausgezeichnet. Wir sprachen mit Axel Löber, Leiter Corporate Branding & Strategic Communication Projects und verantwortlich für die Kampagne, über die Hintergründe und Ziele.
Lesen Sie hier auch Teil 1 und Teil 2 unserer Serie!Health Relations: Wie wurde der Markenrelaunch von Merck in der Branche aufgenommen?Axel Löber: Es hatte uns wohl kaum jemand zugetraut, einen derart großen Schritt zu machen. Schließlich wird Merck kommendes Jahr 350 Jahre alt, befindet sich mehrheitlich in Familieneigentum und war in der Vergangenheit eher als konservativ bekannt. Wenn dann "ausgerechnet DER Laden" sowas macht, gehen schon ein paar Augenbrauen hoch. Wenn dann "ausgerechnet DER Laden" sowas macht, gehen schon ein paar Augenbrauen hoch. Der alte Markenauftritt folgte der ungeschriebenen Industriekonvention: Alles muss klinisch Weiß sein, eine blaue Linie als vertrauensbildende Maßnahme, und mittendrin ein Getty-Bild.
Health Relations: Wie sind Sie bei der Entwicklung der neuen Marke vorgegangen?Axel Löber: Die Entwicklung unseres neuen Markenmodells war eine anspruchsvolle und langwierige Aufgabe. Denn wir sind ja kein klassisches Pharma- oder Chemieunternehmen mehr, sondern ein Wissenschafts- und Technologiekonzern mit breit aufgestellten Geschäften. Die reichen von der Fruchtbarkeitsbehandlung über die Krebsmedizin und die Filtration fürs Labor bis hin zu Flüssigkristallen für Displays oder Pigmenten für Lippenstifte. Da muss man ein weites Feld abdecken – läuft aber gleichzeitig Gefahr, dass es zu generisch wird.
Allein das erste halbe Jahr des gesamten Markenprojektes haben wir deshalb nur für Marktforschung aufgewendet, interne wie externe. Wir haben online unsere Mitarbeiter weltweit befragt, lange Gespräche mit Führungskräften geführt und Workshops mit Kollegen aus Kommunikation und Marketing veranstaltet. Dazu kam eine umfassende Kundenbefragung. Bei unserem Blick nach außen haben wir uns nicht nur auf unsere angestammten Branchen konzentriert, sondern auch nach links und rechts geschaut, besonders auch auf B2C-Unternehmen.
Auf dieser Basis haben wir dann unsere neue Markenstrategie entwickelt und immer wieder mit Strategieabteilung und Geschäftsleitung diskutiert. Die darauf folgende Kreativphase war dann der logische nächste Schritt. Wir sind sehr ergebnisoffen in diese Phase gegangen. Unsere neue Positionierung lässt viel zu, und das konnten wir ausnutzen. Unsere visuelle Markenidentität ist abgeleitet von dem Bild, das sich beim Blick durch ein Mikroskop zeigt. Unsere Mitarbeiter haben sich und ihren Arbeitsalltag damit sofort wiedererkannt. Dasselbe Prinzip verfolgt übrigens auch unsere Markenkommunikation: Wir wollen weg von einer reinen Bauchnabelschau und hin zur Lebenswirklichkeit unserer Zielgruppen. Und die darf ja durchaus Spaß machen.
Wir denken nicht nur in Quartalen, sondern in Generationen
Health Relations: Wie waren die Bedingungen für einen Relaunch im Unternehmen?Axel Löber: Unser großes Glück ist, dass unsere Geschäftsleitung sehr breit denkt und an einer langfristigen Entwicklung interessiert ist. Nicht umsonst gibt es im Unternehmen ein geflügeltes Wort: "Wir denken nicht nur in Quartalen, sondern in Generationen". Ein weiterer Vorteil war, dass Merck in der bisherigen Markenkommunikation sehr zurückhaltend war, es gab also wenig Ballast und entsprechend mehr Beinfreiheit.
Health Relations: Was sind die Ziele der Markenkampagne?Axel Löber: #catchcurious läuft seit Mitte 2016 und ist unsere externe Markenkampagne, die an den Relaunch der Marke anschließt. Wir wollen die Bekanntheit von Merck steigern und unsere neue Markenpositionierung vermitteln – nicht in der breiten Öffentlichkeit, sondern in den für uns relevanten Zielgruppen. In erster Linie sind das Meinungsbildner in unseren Branchen, potentielle Bewerber und Innovationspartner, bestehende und mögliche Kunden. Alle verbindet, dass sie einen naturwissenschaftlichen Hintergrund haben und die Lust am Neuen. Da wollten wir ansetzen. Im Deutschen gibt es den etwas sperrigen Begriff "Entdeckerfreude", den wir in unser Kampagnen-Motiv "Curiosity" übersetzt haben.
Eine klassische Anzeigenkampagne hätte nicht zu uns gepasst, wir setzen deshalb ganz auf digitales Contentmarketing. Unsere Plattform zur Kampagne, curiosity.merck.de, kommt gut an: Der Online-Selbsttest – mit dem Sie herausfinden können, welcher Neugiertyp Sie sind – wurde schon rund 50.000 Mal abgeschlossen.
Die Inhalte der Kampagne sind übrigens wissenschaftlich fundiert. Wir haben ein Beratergremium aus renommierten internationalen Neugierforschern gebildet, mit denen wir unsere Schritte validieren, und eine Studie zum Thema durchgeführt. Als Wissenschafts- und Technologieunternehmen sind wir es gewohnt, mit komplexen Themen umzugehen. Da lag es nahe, die Markenkommunikation auf denselben Pfad zu bringen.
Nachdem wir im ersten Jahr das Thema Neugier noch relativ abstrakt dargestellt haben, zeigen wir jetzt: Neugier führt zu mehr Innovation, und fragen: Kann man eine Arbeitsumgebung schaffen, in der Teams neugieriger sind? Um das zu beweisen, haben wir das Curiosity Lab-Partnership-Programm gestartet. Zusammen mit dem israelischen Weizmann Institute of Science und Porsche Consulting wollen wir zeigen, wie Neugier gesteigert und gefördert werden kann. Mal schauen, was rauskommt – das Programm haben wir nämlich als Experiment aufgesetzt. Gewissermaßen angewandte Neugier in der Kommunikation eines Wissenschaftsunternehmens.
Axel Löber ist Leiter Corporate Branding & Strategic Communication Projects bei Merck und verantwortet den Relaunch der Unternehmensmarke sowie die globale Markenkampagne #catchcurious. Vor seinem Wechsel zu Merck im Jahr 2011 war er in verschiedenen Kommunikationsfunktionen u.a. beim Pharmagroßhändler und Apothekenbetreiber Celesio und bei der Kommunikationsberatung Hering Schuppener tätig.Lesen Sie hier auch Teil 1 und Teil 2 unserer Serie!