Wie sieht die Zahnarztpraxis der Zukunft aus? Vor kurzem öffnete in Düsseldorf eine Mietpraxis, die drei Zahnärztinnen den Weg in die Selbständigkeit eröffnete. Die dort praktizierende Gesa Schmidt-Martens ist überzeugt, dass viele Zahnärzte künftig so arbeiten möchten: Digital, unterstützt von Mentoren, mit ausgewogener Work-Life-Balance und einem finanzierbaren Einstieg in die eigene Niederlassung.
Nicht nur Patienten, auch Zahnärzte gehen ein und aus in der neuen Zahnarztpraxis am Seestern „ZAP*8“. Die Praxis ist nicht irgendeine Praxis, sondern die erste Niederlassung aus dem neuen Modell „
Zahnpraxis der Zukunft“,
kurz ZPdZ. Viele angehende und praktizierende Zahnärzte haben davon gehört, möchten mehr erfahren und sich die Arbeit vor Ort anschauen.
(v.l.) Gesa Schmidt-Martens, Anja Feller Guimarães und Anna Bernhardt, die drei praktizierenden Zahnärztinnen aus der ZAP*8 profitieren von einer ausgewogenen Work-Life-Balance, volldigitalisierten Praxisprozessen und einer kalkulierbaren Praxismiete. © Björn Giesbrecht
Seit der Eröffnung im November, zu der rund
120 Vertreter aus Standesorganisationen, Politik und Dentalbranche geladen waren, seien daher an die 40 Zahnärzte zu Besuch gekommen, um sich einen Eindruck zu verschaffen. „Alle waren begeistert und gerade jüngere sehr interessiert an einer Niederlassung nach dem Konzept der ZPdZ“, erzählt Gesa Schmidt-Martens. Die 44-Jährige praktiziert seit November in der Düsseldorfer Zahnarztpraxis und ist dankbar für dieses neue Niederlassungs-Angebot.
Selbständig und Teilzeit – das funktioniert in der ZPdZ
Schon seit Ende ihres Studiums träumt sie von einer eigenen Praxis. Aber – wie bei so vielen jungen Zahnärzten – scheiterte ihr Traum am nötigen Kleingeld. Und am Faktor Zeit. Ein Wert, der gerade von der jüngeren Generation noch bewusster wahrgenommen wird. Als alleinerziehende Mutter kann Gesa Schmidt-Martens nicht Vollzeit in der Praxis stehen und abends noch das nötige Drumherum erledigen. In der ZAP*8 muss sie das auch nicht. Sie arbeitet fünf Tage die Woche, meist vormittags, einmal ganztags.
An den anderen Nachmittagen springen ihre zwei Kolleginnen ein,
mit denen sie eine Berufsausübungsgemeinschaft (BAG) gegründet hat und sich die Praxisräume teilt. Um Geräte und Instrumente müssen sich die drei Zahnärztinnen nicht kümmern, sie sind in einer
schlüsselfertigen Praxis gestartet. Auch die
Gerätewartung und Abrechnung fällt weg. Das übernimmt für sie ein externer Dienstleister.
Auf diese Weise kann Gesa Schmidt-Martens berufliche und private Wünsche verbinden –
ohne die finanzielle Belastung und das wirtschaftliche Risiko eines Praxiskaufs auf sich zu nehmen. Worüber sie besonders froh ist: „Nicht als Einzelkämpfer gestartet zu sein.“ Auch das hält viele junge Zahnmediziner von einer Praxisgründung ab. Der Austausch ist wichtig. Und wird in der ZAP*8 besonders intensiv gelebt.
Ständige Weiterbildung für die ZPdZ-Zahnärzte
Für alle Belange gibt es
Mentoren, die das Team im Alltag unterstützen. Darüber hinaus helfen
Schulungen und Workshops den jungen Frauen sich im Praxisgeschäft zurecht zu finden und up-to-date zu bleiben. Dazu gehören Trainings in Marketing, Prozessoptimierung, Mitarbeiterführung oder Software.
Gesa Schmidt-Martens ist froh über diese Unterstützung seitens der
Deutschen Apotheker- und Ärztebank und der ZA - Zahnärztlichen Abrechnungsgenossenschaft, die das neue Praxismodell ins Leben gerufen haben. „Mit Marketing oder Materialauswahl hat man sich als angestellte Zahnärztin natürlich nicht beschäftigt. Auch die verschiedenen IT-Dienstleistungen und das Arbeiten mit neuester Technik war am Anfang eine Herausforderung“, sagt die niedergelassene Zahnärztin.
Daniel Zehnich, Geschäftsführer der Zahnpraxis der Zukunft (ZPdZ) und Leiter Gesundheitsmärkte und Gesundheitspolitik bei der apoBank: „Gerade im Januar konnte sich die Praxis über viele Neupatienten freuen, aber auch seitens der Öffentlichkeit ist das Interesse an dem ZPdZ-Modell groß.“ © apoBank
In Sachen Digitalisierung möchte die Praxis im Stadtteil Lörick einen weiteren Standard setzen und arbeitet daher auch mit vielen Start-ups und Unternehmen zusammen. Insgesamt sei das Interesse der Öffentlichkeit an dem neuen Praxiskonzept groß, sagen die
Geschäftsführer der ZPdZ, Daniel Zehnich und Dr. Andreas Janke. „Neben Anfragen von Start-Ups, die ihre digitale Lösung in unserer Praxis ausprobieren wollen, erhalten wir auch Nachrichten von Abgebern, die Unterstützung bei der Nachfolgersuche wünschen, von Zahnärzten, die ihre Praxen digitalisieren wollen und natürlich von jungen Zahnmedizinern, die sich für eine Niederlassung nach dem Konzept der ZPdZ interessieren“, sagt Daniel Zehnich, Leiter Gesundheitsmärkte und Gesundheitspolitik der apoBank.
So sieht die digitale Zahnpraxis der Zukunft aus
Dr. Andreas Janke, Geschäftsführer der Zahnpraxis der Zukunft (ZPdZ) und Vorstandsvorsitzender der ZA - Zahnärztlichen Abrechnungsgenossenschaft: „Es wird auch in 2020 wieder Seminare und Hospitationsmöglichkeiten für potentielle Existenzgründer und interessierte Zahnärzte geben.“ © ZA
Die ZAP*8 ähnelt daher einem
Showroom mit modernster Digitaltechnik und volldigitalisierten Praxisprozessen. „Die Zukunft zum Anfassen“, nennt es Dr. Andreas Janke, Vorstandsvorsitzender der ZA. Auf den 450 Quadratmetern Praxisfläche läuft nahezu alles computergestützt. Dazu gehören neben digitalem Röntgen und Abdrücken auch die
papierlose Praxisorganisation. Patienten können ihre Termine online planen. Anamnese- oder Aufklärungsbögen und Einverständniserklärungen unterschreiben sie auf dem Tablet. Die Patientendaten laufen automatisch in das Praxis-Verwaltungssystem ein. Dort wird auch die Behandlung digital dokumentiert. Ebenso werden die Rechnungslegung und die Unterlagen für den Steuerberater papierlos abgewickelt.
Viele neue Dienstleistungen sind so möglich und erleichtern nicht nur dem Praxisteam die Arbeit, sondern möchten auch den Patienten den Aufenthalt versüßen. In den sechs Behandlungszimmern leuchten
Bildschirme, die bei der Behandlung eine angenehme Ablenkung bieten. Möchte der Patient lieber Musik hören, kann er seine
Wunsch-Playlist auswählen. Das kommt gut an, sagt Gesa Schmidt-Martens, und meint damit auch die offene Einrichtung aus dunklen Farbtönen, vielen Holzelementen, deckenhohen Bildern und liebevollen Details in Kupfertönen. „Es ist mal
keine klinisch weiße Praxis, sondern alles sehr warm und gemütlich“, sagt die „Zahnärztin mit Herz“, wie sie sich selbst bezeichnet.
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Die neue Zahnarztpraxis der Zukunft (ZPdZ) in Düsseldorf setzt auf voll digitalisierte Praxisabläufe und eine moderne Praxisausstattung. © Björn Giesbrecht
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So sieht die neue Zahnarztpraxis der Zukunft (ZPdZ) in Düsseldorf aus. © Björn Giesbrecht
ZPdZ-Modell soll bundesweit ausgebaut werden
Irgendwann möchte Gesa Schmidt-Martens – vielleicht gemeinsam mit ihren zwei Kolleginnen – die Praxis übernehmen und sich so ihren Traum von der Freiberuflichkeit endlich komplett erfüllen. Damit verwirklicht sie gleichzeitig auch das Ziel, das auch die Initiatoren mit dem Konzept verfolgen.
Sie möchten den Einstieg in die Selbständigkeit für Zahnärzte ermöglichen und das Konzept der ZPdZ bundesweit weiter ausbauen. Für Daniel Zehnich „ein wichtiger Baustein für die zahnärztliche Versorgung von morgen, gerade in der ländlichen Peripherie.“
Ein zweiter Standort in einer kleineren Gemeinde sei daher bereits in der Planung.Dr. Wolfgang Eßer, Vorstandsvorsitzender der Kassenzahnärztlichen Bundesvereinigung, sprach das Grußwort auf dem Eröffnungsempfang der ZAP*8, der ersten Praxis aus dem Konzept der ZPdZ. © KZBV/axentis
Ein Projekt, in dem auch
Dr. Wolfgang Eßer als Vorstand der Kassenzahnärztlichen Bundesvereinigung (KZBV) einen zukunftsweisenden Ansatz sieht, „der das Potenzial hat, sich zu einem Vorbild zu entwickeln.“ Freiberuflichkeit und Selbstverwaltung seien für Heilberufe Erfolgsgaranten, die es im Interesse der jungen Zahnärzte zu schützen und zu stärken gilt. Gleichzeitig müsse die Niederlassung junger Kollegen gefördert werden, erklärte der Vorstandsvorsitzende bei seinem Grußwort auf dem Eröffnungsempfang der neuen Mietpraxis im November. Die ZPdZ leiste einen Beitrag, junge Zahnärztinnen und Zahnärzte von der Niederlassung in eigener Praxis zu überzeugen.