Welche Auswirkungen haben Apps und Wearables auf das Gesundheitssystem? Experten des Bundesverbands Digitale Wirtschaft (BVDW) e.V. haben populäre Thesen zum Thema Mobile Health unter die Lupe genommen.
Deutschland hinkt bei der Digitalisierung des Gesundheitssektors hinterher. Der "Monitoring-Report Wirtschaft Digital 2016" im Auftrag des Bundeswirtschaftsministeriums warnte, dass wir den Anschluss an andere Industrienationen verlieren –
wir berichteten. Gleichzeitig lässt der
Einzug der Digitalisierung in die Gesundheitsbranche – "Mobile Health" – viele Fragen aufkommen und nährt manche Zweifel.
Der
BVDW findet: Die öffentliche Diskussion über die Digitalisierung der Gesundheitsbranche basiert häufig auf
Mythen und Halbwahrheiten. Daher hat sich der Verband ein paar der Behauptungen geschnappt und im
Leitfaden „Mobile Health im Faktencheck“ auf ihren Wahrheitsgehalt hin untersucht. HR findet: prima Sache. Wir haben uns ein paar der untersuchten Mythen herausgepickt.
Links Hardware, rechts Software: die Philips-Gesundheitsuhr
Die im Auftrag des Bundesgesundheitsministeriums erstellte
CHARISMHA-Studie definiert Mobile Health als
"eine durch Mobilgeräte elektronisch unterstützte Gesundheitsversorgung". Dabei ist zwischen Hardware und Software zu unterscheiden: Zur Hardware zählen etwa Smartphones oder Smartwatches; zur mobilen Software gehören die so genannten Medizin-Apps (Medical Apps) sowie im weiteren Sinne auch Fitness- und Wellness-Apps. Von den über 100.000 Gesundheits-Apps
gilt nur ein Bruchteil von etwa zwei Prozent als medizinische App im engeren Sinne. Da verwundert
Mythos Nr. 1 nicht weiter:
Mythos Nr. 1: Apps können Gesundheitsdaten gar nicht richtig messen
Die Sensoren in Smartphones oder Wearables sind zwar nicht so präzise wie die in klinischen Gerätschaften, die mobilen Daten sind aber für die jeweilige Anwendung
vollkommen ausreichend. Bewegungsdaten und Vitalfunktionen wie Herzfrequenz und Körpertemperatur werden sogar bereits sehr zuverlässig erfasst.
Mythos Nr. 2: Der Schutz der Gesundheitsdaten ist nicht gewährleistet
Als "Personendaten besonderer Art" werden bei der Erhebung, Verarbeitung und Nutzung von Gesundheitsdaten sogar
besonders strenge Maßstäbe angelegt, sie unterliegen nämlich dem gesetzlichen Datenschutz. Die Offenlegung von Gesundheitsdaten kann sogar strafbar sein. Anbieter von Mobile-Health-Anwendungen sind daher besonders umsichtig.
Mythos Nr. 3: Apps können den Arzt nicht ersetzen
Das gilt natürlich nicht grundsätzlich. Allerdings könnte es zumindest zum Gang zum Arzt Alternativen geben: Bei Unterversorgung
in ländlichen Regionen, schlechter Erreichbarkeit von Ärzten außerhalb der normalen Dienstzeit oder bei langer Wartezeit für einen Arzttermin
können digitale Dienste die Patientenzufriedenheit entscheidend erhöhen – Stichwort
Telemedizin.
Mythos Nr. 4: Der deutsche Markt ist für Mobile Health zu komplex
Der Kernbereich der Gesundheitswirtschaft wird als „erster Gesundheitsmarkt“ bezeichnet. Er wird größtenteils durch die gesetzliche und private Krankenversicherung (einschließlich Pflegeversicherung) finanziert.Stimmt schon: Der Zugang zum ersten Gesundheitsmarkt ist stark reguliert, jedoch nicht unmöglich.
Modellprojekte und Insellösungen werden schon umgesetzt (
wie hier). Weniger Regulierung und niedrigere Eintrittshürden gibt es im zweiten Markt: Hier gibt es heute schon alle möglichen Angebote für Vorsorge, Fitness, OTC-Arzneimittel oder ärztlich empfohlene Gesundheitsleistungen.
Soweit zur neuesten Untersuchung des BVDW zu
Mythen der Digitalisierung.
Die ganze Studie gibt es hier – und weitere Insights zur Modernisierung der Pharmabranche
hier.
Titelbild: © fotolia.com/vectorfusionartBild Healthwatch: © Philips