Die aktuell viel diskutierte App „Ada“ analysiert im direkten Spiel mit dem Endnutzer Symptome und gibt daraus einen Diagnosevorschlag. Wie wollen wir mit „Ada“ umgehen – und welche Marketingperspektiven bietet „Ada“ überhaupt? Darum geht es im Gastbeitrag von Gunther Tutein,Geschäftsführer bei der Healthcare-Agentur Spirit Link.

Wir bei Spirit Link beobachten „Ada“ schon länger interessiert: Wir hatten zu dem Ansatz der Vermarktung einen Workshop bei uns mit Ambulance und haben auch zu „Ada“ direkt Kontakt aufgenommen.

„Ada“

„Ada“ versteht sich als persönliche Gesundheitshelferin und bietet dem Anwender im Falle von Krankheit oder gesundheitlichen Beschwerden Hilfestellung und Unterstützung. Ziel ist es, anhand der Symptome eine Einschätzung zu geben, um welche Krankheit es sich handelt und wie wahrscheinlich diese ist. Das gilt insbesondere auch für seltene Erkrankungen, deren Diagnose für den Arzt vielfach herausfordernd ist.

Ablauf der Anamnese

Nach der Registrierung und Eingabe weniger persönlicher Daten startet der Anamnese-Dialog. Anhand logisch aufeinander aufbauender Fragen werden – ähnlich einem Chat – verschiedene Symptome abgefragt. Am Ende des Dialogs steht eine Auswahl möglicher Diagnosen und Handlungsempfehlungen.

Funktional basiert „Ada“ auf dem Prinzip der probabilistischen KI-Technologie, also auf Wahrscheinlichkeiten. Rund 1.500 unterschiedliche Krankheiten soll „Ada“ inzwischen erkennen, basierend auf unendlich vielen Symptomkonstellationen – und mit jeder korrekten Diagnose dazulernen.

Möglichkeiten einer Kooperation

  • Recruiting für klinische Studien Bei täglich über 10.000 neuen Fällen verfügt „Ada“ schon jetzt über ein breites Patientenspektrum, das eine Vielzahl von Erkrankungen abbildet. Es besteht also die Möglichkeit einer Datennutzung zum Aufruf für eine Teilnahme an klinischen Studien. So können interessierten Patienten in Zusammenarbeit mit Pharmafirmen über die App Informationen zur Teilnahme an klinischen Studien zugänglich gemacht werden. Ein Recruiting kann dadurch direkter, schneller und kosteneffizienter werden. Mindestens einen ersten beeindruckenden Fall für ein solches Recruiting über „Ada“ gibt es bereits.
  • Aufklärung & Awareness für seltene Erkrankungen Kennen Sie Lipodystrophie? Dabei handelt es sich um eine progressive, unheilbare Fettstoffwechselerkrankung, die mit schweren Stoffwechselanomalien sowie habituellen Auffälligkeiten assoziiert ist. Die Krankheit ist äußerst selten, weshalb sie im deutschen Markt auch kaum bekannt ist. „Ada“ könnte an dieser Stelle der Mittler sein, um auf Patienten direkt zugehen, sie dank adäquater Informationen über eine seltene Erkrankung wie Lipodystrophie aufzuklären und so allgemein zu einem größeren Wissen und besserem Verständnis beizutragen.
  • Verknüpfung von weiteren Diagnosedaten mit „Ada“ Vermarkten Sie eine Therapie in einer Indikation, zu der neben den normalen Symptomen, die der Patient aktuell in „Ada“ beschreiben kann, noch ein weiterer (klinischer) Wert zwingend notwendig ist, der aber nur über ein weiteres Gerät gewonnen werden kann, wie z. B. ein Foto, einen Blut- bzw. Urintest? Dann könnte sich die Diskussion mit „Ada“ lohnen, die Abfrage dieser erweiterten Diagnostik mit einzubinden.
  • Weiterführenden Content anbieten Sie als Hersteller von Präparaten oder medizinischen Geräten verfügen über sehr gute Informationen zu Symptomatik, Krankheitsverlauf, Therapieoptionen usw. In diesem Zusammenhang ist es zumindest denkbar, dass sich hier aus Sicht von „Ada“ eine Win-Win-Situation für registrierte Patienten und die Industrie ergibt, in einer bestimmten Indikation und/oder Diagnose noch weiterführende Inhalte anzubieten.
Insgesamt ist es wichtig zu verstehen: Bei „Ada“ handelt es sich um eine App, die mit einem sehr klaren Patientenfokus angetreten ist. Sie ist per se keine Marketing-Plattform. Daher wird es auch nicht möglich sein, hier beispielsweise Banner zu schalten oder ein Medikament exklusiv zu bewerben. Und gerade weil dieser Fokus auf den Patienten von „Ada“ so konsequent gelebt wird, kann ich mir gut vorstellen, dass die Verbreitung der App weiter rasant zunimmt. Daher lohnt es sich in meinen Augen, schon jetzt zu überprüfen, ob sich hier gute Szenarien der Zusammenarbeit ergeben können. Bei „Ada“ selbst gibt es für die Zusammenarbeit mit der Industrie derzeit eine nur beschränkte Manpower. Aber Kooperationen sind gewünscht, so sie dem Wohle des Patienten dienen. Daher bin ich sicher, dass es sich lohnt, mit einem gut vorbereiteten Vorschlag auf „Ada“ zuzugehen.
Beitragsbild: © istock.com/Onzeg