Case Study: MSD und der Podcast „Café Krebs“
Seit vier Jahren ist der Patient:innen-Podcast „Café Krebs“ von MSD live. Welche Learnings gab es und wo braucht es Kompromisse? Projektleiterin Jasmin Weihs und ihre Vorgängerin Tanja Semet geben Einblicke.
„Man kommt viel mehr an die Emotionen heran“, sagt Jasmin Weihs, Senior Communication Specialist Oncology bei MSD und seit 2023 Leiterin des Podcast-Projekts. „Wenn ich ein gesprochenes Wort höre, wenn ich höre, dass jemand diese Geschichte erzählt, da zittert vielleicht die Stimme oder da ist ein Lachen in der Stimme, da ist eine Vertrautheit zwischen den Menschen, die da miteinander sprechen.“ Das ist für sie der große Vorteil von Podcasts gegenüber anderen Formaten. Und genau das hat das Unternehmen MSD gereizt, als es vor vier Jahren den Patient:innen-Podcast „Café Krebs“ gestartet hat.
Was ist 'Café Krebs'?
Der Podcast „Café Krebs“ richtet sich in erster Linie an Menschen mit der Diagnose Krebs. Mehrere Gäste geben ganz persönlich über ein bestimmtes Thema Auskunft. Zum Beispiel über Krebs & Liebe, Krebs & Männer, Krebs & Eltern. Wenn es passt, kommt ein Experte oder eine Expertin dazu, um zusätzliche Informationen zu vermitteln. Der Podcast hat eine Länge von 30 bis 60 Minuten und ist auf den relevanten Plattformen wie Spotify, Apple Podcast und auch YouTube vertreten. Zusätzlich gibt es einen Blog auf dem MSD-Portal, wo die Moderatorinnen, die Protagonist:innen und die Themen kurz vorgestellt und diese ggf. geclustert werden.“
Warum „Café Krebs“ – und wie?
Erdacht und entwickelt hat MSD den Podcast zusammen mit der Agentur Cake. Von Anfang an dabei war Tanja Semet, Brand & Customer Management MSD Sharp & Dohme, die den Podcast früher gemanagt hat und Einblick in die Entstehung und Konzeption des Formats geben kann. „Unsere Produkte beeinflussen das Leben unserer Patient:innen. Deshalb wollten wir nicht nur mit Ärzt:innen kommunizieren, sondern auch den Patient:innen Raum für ihre Gedanken und Probleme geben“, erläutert sie. Dafür wollten sie ein Format schaffen, das einen Mehrwert für die Patient:innen bietet und sich gleichzeitig von anderen Podcasts abhebt. „Es sollte ein Gesprächsformat sein, das auf Augenhöhe stattfindet, Tabus bricht und auch humorvoll ist, wenn es passt.“
Zu diesem Zeitpunkt gab es bereits einige Formate, die sich um das Thema Krebs drehten. Meist konzentrierten sich diese auf eine bestimmte Indikation oder einen speziellen Themenbereich in diesem Sektor. Bei MSD entschied man sich für einen anderen Ansatz. Krebs ist das große Thema, aber bestimmte Indikationen werden nicht behandelt. Man legt sich auch nicht auf einen bestimmten Themenbereich fest. Stattdessen konzentriert sich Café Krebs auf Fragen und Herausforderungen, die viele Menschen mit Krebs gemeinsam haben, unabhängig von der Art der Erkrankung. Krebs und Elternschaft zum Beispiel. Oder Krebs und Geld und Krebs und Liebe. MSD ist zwar als Absender klar gekennzeichnet, aber Therapiemöglichkeiten werden nicht erläutert, um nicht mit dem HWG in Konflikt zu geraten. Zielgruppe sind Betroffene und Angehörige zwischen 35 und 60 Jahren.
Gute ausgewählte Hosts geben persönliche Note
Ein Patientenpodcast will Nähe und eine Community aufbauen. Ob das gelingt, hängt in hohem Maße vom Host ab, Semet und ihr Team waren sich dessen sehr bewusst. Wählt man einen professionellen Moderator oder Moderatorin – oder setzt man auf eigene Mitarbeiter, die zwar keine Host-Erfahrung haben, dafür aber eine Verbindung zum Thema und Unternehmen? MSD entschied sich für die zweite Lösung. Bis Ende 2022 moderierte Claudine Petit das Café Krebs, 2023 übernahm Moni Klein. Beide sind Mitarbeiterinnen bei MSD, beide teilen die Erfahrung einer Krebsdiagnose. Gerade die Tatsache, dass sie aus persönlicher Erfahrung sprechen, könnte dem Podcast die heute vierstellige Hörerzahl pro Folge beschert haben. Sie gehen persönlich auf die Gäste ein, wissen, welche Fragen sie stellen können – und welche nicht. Authentizität schlägt Professionalität. Die Entscheidung von MSD war mutig, für dieses Format aber genau die richtige.
Frequenz & Learnings
Das Thema gibt die Länge vor. „Snackable kann man nicht sein, wenn man über Krebs und seine Folgen spricht“, sagt Jasmin Weihs. Aufgenommen werden die Folgen in Blöcken, also an ein bis zwei aufeinander folgenden Tagen. Anfangs wurden die Folgen monatlich veröffentlicht. „Dann haben wir gemerkt, dass das gar nicht nötig ist“, erinnert sich Tanja Semet. Sie hätten sich von der Frequenz getrieben gefühlt, zumal sie und Weihs das Projekt auf Unternehmensseite mit Unterstützung der Agentur alleine stemmten und stemmen. „Wir haben gemerkt, dass wir für jede Folge so viel Material haben, dass wir es auch auf drei Folgen aufteilen können.“ So entstand die Idee der Fortsetzungsfolgen. Ein Thema, zum Beispiel „Liebe“, wird in zwei oder mehreren aufeinanderfolgenden Folgen behandelt. Von diesen Mehrteilern veröffentlicht MSD derzeit vier Stück pro Jahr. Für Jasmin Weihs ein guter Kompromiss. Gäste recherchieren, Themen diskutieren und festlegen, den Podcast vorbereiten, die Aufnahme begleiten, das macht Spaß – ist aber auch viel Aufwand. Hinzu kommen die Nachbereitung und die Zeit, die Medical Review braucht, um die Podcasts freizugeben.
Weitere Pläne und Entwicklungen
Mit dem Moderatorinnenwechsel 2022 stand auch das Ende des Projekts im Raum. Doch das Team entschied sich weiterzumachen und konzeptionelle Optimierungen vorzunehmen. Der Blog, der den Podcast begleitet, wurde neu geschaffen. Auch auf dem MSD-Deutschland-Account auf Instagram wird der Podcast jetzt kommuniziert. Die seit 2022 bestehende Kooperation mit dem Projekt SURVIVORS HOME wird weiter fortgesetzt. Dahinter verbirgt sich ein Zuhause für Krebsbetroffene und deren Angehörige in Berlin-Wilmersdorf.
Fazit: Kompromisse, Effizienz & Qualität
Die Website bzw. der Blog zum Podcast wurde bewusst auf der MSD Patient:innenseite integriert, einen eigenen Social-Media-Kanal oder gar ein eigenes Barcamp als analoges Event, solche Maßnahmen plant das Unternehmen MSD derzeit nicht. Aber Weihs arbeitet derzeit daran, den Podcast auf YouTube mit kurzen Video-Interviewsequenzen zu flankieren. Erste Videoaufnahmen wurden bereits gemacht. Video-Clips und Podcasts können ein gutes Team sein, um den Podcast voranzubringen. Aber: Man kann viele strategische Maßnahmen planen, um den Podcast zu kommunizieren, es braucht jedoch immer auch die nötige Man- oder Womanpower, Zeit und Geld. Diese Faktoren sind auch bei „Café Krebs“ limitiert. Insofern konzentriert sich Weihs auf das, was geht. Ihr geht es am Ende vor allem um Qualität. Um guten Kaffee, um im Bild zu bleiben. Denn wenn der nicht stimmt, kann das Café schließen.